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Kategorie: Film & Fernsehen
f emma1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 5. März 2020, Teil 10

Redaktion

London (Weltexpresso) - Catton sprach so stark auf das Material an, dass sie in nur drei Monaten einen ersten Drehbuchentwurf verfasste. „Meine Adaption von Die Gestirne war schon lange in der Entwicklung gewesen und als Drehbuchneuling hatte ich für jede Episode Hunderte und Aberhunderte Entwürfe geschrieben. EMMA. dagegen fühlte sich großartig zügig und unkompliziert an.“

Was natürlich nicht heißen soll, dass es keine Herausforderungen gab. So begegnet man einigen der Schlüsselfiguren – bspw. Emmas Schwarm Frank Churchill – erst in der zweiten Hälfte der Geschichte, während andere, wie Franks kränkliche Tante Mrs. Churchill gar nicht auftreten. „Auf dem Papier ist das kein Problem, da man eine abwesende Figur genauso leicht beschreiben kann wie eine, die körperlich anwesend ist“, beschreibt Catton die Schwierigkeit. „Doch auf der Leinwand ist das ein Problem. Film ist im Wesentlichen ein Medium, das von Präsenz lebt. Ich musste einen Weg finden, die fehlenden Figuren klar herauszustellen – ganz besonders Frank Churchill – und sicherzugehen, dass das Publikum von all den familiären Verwicklungen nie verwirrt wird.“

Ebenso wollte die Autorin die Freundschaft zwischen den jungen Frauen im Mittelpunkt der Geschichte betonen und ihren Bindungen genauso viel Bedeutung verleihen wie denen der anderen Figurenpaare. „Ich spürte von Beginn an, dass Emmas Beziehung mit Harriet sehr ernst genommen werden müsste und nicht nur Begleitung der Romantik wäre. Außerdem war ich fest überzeugt, der Film müsste in Anlehnung an die Komik des Buches witzig sein.“

In diesem Punkt waren sie und Regisseurin Autumn de Wilde sich schnell einig. De Wilde sagte mit blanker Begeisterung zu ihrem ersten Spielfilmprojekt zu, nachdem sie für ihre eindrucksvolle Fotografie, ihre Werbespots für Klienten wie Prada, Uniqlo, Google und Orangina sowie Musikvideos für u.a. Florence + The Machine, The Decemberists, The Raconteurs und Starcrawler bereits viel Aufmerksamkeit erregt hatte.

De Wilde war begeistert, ihren ausgeprägten visuellen Stil sowie ihr Gespür für Schrulligkeit ins Regency-England zu übertragen, wie sie erklärt: „Ich war schon immer von der Mode, dem Design und den Gefahren der Klassendynamik jener Zeit besessen. Die angeborene Komik in dem passiv-aggressiven Verhalten, das der Druck der Höflichkeit verursachen kann, schafft eine nicht enden wollende Inspirationsquelle des Slapsticks. Jane Austen war eine geniale Satirikerin des Kleinstadtlebens im frühen 18. Jahrhundert, was aufgrund ihres grandiosen Talents, beispiellose Geschichten von Liebe und Sehnsucht miteinander zu verweben, manchmal übersehen wird. Ich glaube nicht, dass es zuviel Jane Austen geben kann. Diese Charaktere sind so menschlich, so ikonisch, so bekannt, dass die Distanz, die wir vielleicht in der Zeit wahrnehmen sich umgehend auflöst, wenn wir an unsere eigenen Makel erinnert werden. Wenn es um den Kampf für Liebe und Freundschaft geht, sind wir bis heute Dummköpfe.“

Auch wenn de Wilde auf den ersten Blick eine fast unkonventionelle Wahl zu sein schien, machten ihre originelle Vision des Films und ihre Leidenschaft für den Roman sie zur Idealbesetzung für den Job, so Tim Bevan: „Wir wollten einen Regisseur, der das Material mit Respekt angeht, ihm aber gleichzeitig eine zeitgemäße Relevanz verleiht. Autumn besitzt einen sehr speziellen Stil, was Comedy und auch Optik angeht, der sich sehr gut mit Emmas Geschichte zu vertragen schien. Und sie ist besessen von dem Buch, was eine große Hilfe war.“

Broadbent merkt darüber hinaus an: „Autumns wunderbaren Sinn für Ästhetik würde man vielleicht noch erwarten, aber wenn sie über die Geschichte sprach, dann tat sie das mit etwas, das ich Highschool-Perspektive nennen würde. Wir haben hier die unumstrittene Königin der Schule, um die sich eine ganze Schickeria versammelt. Wer sind die Außenseiter? Was für Missverständnisse gibt es hier? Wie hängen sie miteinander zusammen? Das ist das Prisma, durch das all diese Beziehungen betrachtet werden. Und das sorgt dafür, dass sie sich zeitgemäß anfühlen, zugänglich bleiben und Spaß machen.“

De Wilde war es ebenso wichtig, dass der Film sehr, sehr lustig wird. „Das andere Element, bei dem sie sehr strikt war, war das der Screwball-Komödie“, fährt Broadbent fort. „Sie findet in den Missverständnissen und dem extremen Verhalten echte Komik. Ein Film, den sie zitierte, war Leoparden küßt man nicht und in der Sekunde, in der man anfängt, den in dieser Welt zu sehen, denkt man ‚Okay, ich verstehe. Das wird ein Kinoabend, kein Abend mit meinen Büchern für die Prüfung‘.“

De Wilde ging das Projekt offen als Gemeinschaftsarbeit an und ihre ansteckende Stimmung inspirierte Catton dazu, das Drehbuch in eine noch offenkundiger komische Richtung zu lenken, wie sie zugibt: „Das Drehbuch war sehr viel weniger witzig, bevor Autumn de Wilde an Bord kam. Sie besitzt ein unbändiges Lachvermögen, was eine grandiose Eigenschaft für jede kreative Person ist – vielleicht die wichtigste. Die meisten der besten Momente im Drehbuch entstanden aus dem Versuch heraus, sie zum Lachen zu bringen.“

Foto:
© Verleih

Info:
Regie: Autumn de Wilde
Drehbuch: Eleanor Catton basierend auf dem Roman "Emma" von Jane Austen (1815)
Darsteller: Anya Taylor-Joy, Johnny Flynn, Bill Nighy, Mia Goth, Miranda Hart, Josh O’Connor, Callum Turner, Rupert Graves, Gemma Whelan, Amber Anderson, Tanya Reynolds u.a.

Abdruck aus dem Presseheft