Bildschirmfoto 2020 03 09 um 22.46.08Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 5. März 2020, Teil 15

von Hirokazu Kore-eda

Paris  (Weltexpresso) – Mit LA VÉRITÉ – LEBEN UND LÜGEN LASSEN stellte ich mich der Herausforderung, meinen ersten Film im Ausland zu drehen – in einer Sprache, die nicht meine eigene ist und mit einer komplett französischen Crew. Ich hatte das Glück, auf Schauspieler und Mitstreiter zu treffen, die zu engen Verbündeten für mich wurden.

Den erste Anstoß zum Dreh von LA VÉRITÉ – LEBEN UND LÜGEN LASSEN gab mir Juliette Binoche. Wir kannten uns schon eine Weile, als sie 2011 nach Japan kam und vorschlug, eines Tages gemeinsam einen Stoff zu entwickeln.

Ihr Vorschlag war der Ausgangspunkt für dieses Projekt. Daher möchte ich zunächst meinen Respekt und meinen Dank für ihren Wagemut ausdrücken.

Das Herzstück des Drehbuchs ist eine Geschichte, die ich 2003 schrieb: sie handelte von einer Theaterschauspielerin am Ende ihrer Karriere und einer Nacht in ihrer Garderobe. Dieses Theaterstück verwandelte ich anschließend in ein Drehbuch, das von einer Filmdiva und ihrer Tochter, die ihren Traum, Schauspielerin zu werden, aufgegeben hat, erzählt.

Während des Umschreibeprozesses meiner Geschichte wollte ich mehrere Male von Catherine Deneuve und Juliette Binoche wissen, was Schauspielerei wirklich ausmacht. Es waren ihre Ideen und Worte, durch die mein Drehbuch zum Leben erweckt wurde.

Während der Dreharbeiten sagte Ethan Hawke zu mir: „Wenn man einen Film dreht, ist es nicht wichtig, die gleiche Sprache zu sprechen, sondern die gleiche Vorstellung von dem Film, den man drehen möchte, zu haben.“ Seine wohlwollenden Worte halfen mir, wahrhaftig zu bleiben, ohne das Vertrauen in mich selbst zu verlieren.

Oft sind es die Kinder in meinen Filmen wie das kleine Mädchen in LA VÉRITÉ – LEBEN UND LÜGEN LASSEN, die die Szenerie um sich herum beobachten. Gelassen reagiert die junge Clémentine Grenier in ihrer Rolle als Charlotte auf die Konfrontation zwischen den leicht überforderten Männern und den Frauen, die in ihrer Vergangenheit gefangen sind.

LA VÉRITÉ – LEBEN UND LÜGEN LASSEN sollte nicht nur ein ernster, sondern auch ein unbeschwerter Film werden. Ein Film, in dem das Drama und die Komödie parallel verlaufen, wie im wirklichen Leben auch. Ich hoffe, dass es mir gelungen ist, den richtigen Ton zu treffen, indem ich mich auf die richtige Chemie zwischen den Schauspielern und den amüsierten Blick des Kindes auf die Geschehnisse konzentriert habe.

Ich kann meine Notizen zu LA VÉRITÉ – LEBEN UND LÜGEN nicht beschließen, ohne Catherine Deneuve zu erwähnen. Am Set war Catherine fröhlich, bezaubernd, köstlich boshaft und hat die gesamte Crew in ihren Bann gezogen. Meinen Film in ihrer Filmografie, die so prestigeträchtig ist wie die Geschichte des französischen Kinos selbst, zu wissen, erfüllt mich gleichzeitig mit Stolz und Angst.

Wenn ein frischer Hauch von Fröhlichkeit und Freiheit durch LA VÉRITÉ – LEBEN UND LÜGEN LASSEN weht, obwohl sich die Handlung hauptsächlich an einem Ort abspielt, liegt das sicherlich daran, dass Catherines und Juliettes Charme und Liebenswürdigkeit den Film von Anfang bis Ende tragen.

Ich hoffe, dass sich die Freude, die ich am Set erlebt habe, auf die Leinwand überträgt und die Zuschauer mit einem Hauch von Glück umweht aus dem Kinosaal kommen.

Was macht eine Familie zu einer Familie? Wahrheit oder Lüge? Und wie entscheidet man sich zwischen einer grausamen Wahrheit und einer sanften Lüge? Dies sind die Fragen, die ich mir während der Dreharbeiten zu meinem Film immer wieder gestellt habe. Ich hoffe, jeder, der ihn sieht, seine oder ihre eigenen Antworten auf diese Fragen findet.

Foto:
© Verleih

Info:
Mit Catherine Deneuve, Juliette Binoche, Ethan Hawke u.a.
(Frankreich 2019 / ca. 107 Minuten)
Kinostart: 5. März 2020