f narziss2Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 12. März 2020, Teil 4

Redaktion

Berlin (Weltexpresso) -  ÜBER DIE PRODUKTION: „Du hast alle Weisheit der Welt in deinem Kopf und deinen Büchern, Narziss. Ich muss immer alles selbst durchmachen, muss leiden und mich prügeln lassen, um zu kapieren.“

Hermann Hesses Roman „Narziss und Goldmund“ erschien 1930, wurde in über 30 Sprachen übersetzt und gehört zu seinen erfolgreichsten Büchern. Der Widerspruch zwischen Körper und Geist, den er in der Beziehung der beiden Hauptfiguren zu einen versucht, macht die Erzählung zu einer der bewegendsten Freundschaftsgeschichten der Weltliteratur. Und zu einem Lieblingsbuch von Produzent Christoph Müller, der seit Jahrzehnten von einer Verfilmung träumte.

„NARZISS UND GOLDMUND ist nicht nur ein Herzens-, sondern auch ein Lebensprojekt: mit 18 Jahren in der Schule gelesen, mit 27 in der Filmhochschule über eine Verfilmung nachgedacht, mit 31 ohne jegliche Filmerfahrung Hesse-Freund und Verleger Siegfried Unseld getroffen, und nun, mit über 50 Jahren, am Ziel! Mit großartigen Produzenten- und Verleih-Partnern, mit preisgekröntem Regisseur, fantastischem Schauspieler-Ensemble und einem Top-Team. Dass es sich die ganzen Jahre gelohnt hat, nicht aufzugeben – das ist ein unbeschreibliches Gefühl.“


Den Roman knacken

„Wer Hesse liest, der verändert sein Leben“, sagt Christoph Müller. Aber wie adaptiert man einen Roman, der sich als Filmstoff nicht gerade anbietet? Der Schlüssel zur Umsetzung seines Herzensprojekts war schließlich Oscar®-Gewinner Stefan Ruzowitzky. Auch für den Filmemacher war „Narziss und Goldmund“ eines der wichtigsten, prägenden Bücher seiner Jugend. „Diese starke Freundschaft über alle Unterschiede hinweg hat mich immer am meisten berührt. Weil jeder für sich erkennt, dass man nicht gleich sein muss, sondern sich ergänzen kann. Das sollte auch im Film so sein“, sagt Ruzowitzky. „Alle anderen Aspekte, wie die Kunst, waren für mich eher sekundär.“

In der Vorlage taucht der zweite Protagonist Narziss allerdings nur zu Beginn und dann erst wieder am Ende auf. Dazwischen liegt Goldmunds Odyssee, die sich über mehr als 20 Jahre erstreckt. Erst Stefan Ruzowitzky habe den Roman „geknackt“, sagt Christoph Müller, mit dem Kunstgriff einer Rahmenhandlung: Der erwachsene Goldmund ist ins Kloster zurückgekehrt und berichtet Narziss von seinen Abenteuern. „Durch Vor- und Rückblenden hat Stefan es geschafft, den Film zu strukturieren, ihm einen Rhythmus zu geben, so dass es immer wieder eine Spannung zwischen Narziss und Goldmund gibt. Goldmund erzählt; wir sehen, wie es war und wie es sein wird. So können die Freunde zusammen sein.“

Darüber hinaus hat Stefan Ruzowitzky die Romanhandlung stark verdichtet und dramatisch zugespitzt: Der fanatische Mönch Lothar etwa kommt bei Hesse überhaupt nicht vor; Lydia sieht Goldmund nie wieder, Julia nur aus der Ferne. Zwar treffen sich Narziss und Goldmund auch im Buch wieder, als Goldmund im Kerker sitzt. In der Vorlage wird er jedoch begnadigt.


Respekt und Mut

„Man kann dem Buch nur gerecht werden, indem man mit Liebe und Respekt herangeht, aber trotzdem den Mut hat, gewisse Dinge zu ändern“, erläutert Ruzowitzky. „Im Roman passiert sehr viel in Dialogen und Beschreibungen. Im Film muss ich das szenisch darstellen. Abgesehen davon steht manches 70 Jahre später in einem anderen Kontext und hat eine andere Wirkung. Ich denke vor allem an die Szene mit Rebekka: Goldmund kommt in ein jüdisches Dorf, das gerade überfallen wurde. Natürlich denkt ein heutiges Publikum dabei unweigerlich an den Holocaust. Wir nehmen nicht konkret darauf Bezug, aber ich weiß: Wir haben heute etwas anderes im Hinterkopf als Hesses Leser Anfang der 1930er-Jahre. Dessen muss man sich bewusst sein.“

Auch Rebekkas Satz „Ihr Christen seid Säue“ – der tatsächlich so im Roman steht; Hermann Hesse war damals längst Schweizer Staatsbürger –, behielt Stefan Ruzowitzky im Skript bei.


Starke Frauen

„Schon bei der Drehbucharbeit habe ich mich bemüht, die Frauenfiguren stärker bzw. ihre Stärke deutlicher zu machen, als das im Roman der Fall ist“, betont Stefan Ruzowitzky. „Goldmunds Reise wird ja aus seiner Perspektive erzählt, und alle Frauen fallen ihm zu Füßen – das geht heutzutage so nicht mehr. Sicher, Goldmund ist ein Frauenheld. Und so, wie Jannis Niewöhner aussieht, versteht man auch, dass sich alle in ihn verknallen. Man darf diese Frauen aber nicht einfach nur als willige Opfer seines sexuellen Appetits darstellen. Bei uns ist es eher so, dass sie Goldmund auf die eine oder andere Weise benutzen. Dadurch wird es spannender und heutiger.“

Dass Drehbuchautor Stefan Ruzowitzky selbst die Regie übernehmen würde, stand außer Frage. „Was für eine fantastische Aufgabe, diese zwei konträren Lebenssichten zu verfilmen: die klare, geordnete Welt des Geistes im Kloster im Gegensatz zu einer bunten, sinnlichen, erotischen Welt des Mittelalters!“, so Ruzowitzky. „Ich genieße den großen Luxus, dass ich als Autor eine typische Narziss-Existenz führe und als Regisseur ein klassischer Goldmund bin. Zu Hause in der Schreibstube passiert alles in meinem Kopf, am Set bin ich den ganzen Tag unter Menschen und bis zur Hutkrempe voll mit Adrenalin und Emotionen.“

FORTSETZUNG FOLGT

Fotos:
© Verleih

Info:

DIE FILMEMACHER
Regie          STEFAN RUZOWITZKY
Drehbuch    STEFAN RUZOWITZKY
(Ko-Autor:   ROBERT GOLD)
Produktion  CHRISTOPH MÜLLER
HELGE SASSE

DIE BESETZUNG
Goldmund     JANNIS NIEWÖHNER
Narziss           SABIN TAMBREA
Lothar            ANDRÉ M. HENNICKE
Lene              HENRIETTE CONFURIUS
Lydia              EMILIA SCHÜLE
Julia               ELISA SCHLOTT
Meister Niklaus    UWE OCHSENKNECHT
Anselm                 KIDA KHODR RAMADAN
Rebekka              JESSICA SCHWARZ
Gräfin                   SUNNYI MELLES
Lisbeth                 ROXANE DURAN
Burgherr               MATTHIAS HABICH