f nyon tv.deSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 12. März 2020, Teil 10

Redaktion

New York (Weltexpresso) - Ich bin seit einem Jahrzehnt mit Matt Green eng befreundet. Von seinen Abenteuern zu Fuß hatte ich erstmals Mitte der 2000er Jahre gehört. Die Art, auf die Matt die Geschichten von seinen Wanderungen erzählte, traf bei mir einen Nerv. Es schien ihm nicht darum zu gehen, ein bestimmtes, vorher abgestecktes Ziel zu erreichen. Es ging ihm vielmehr darum, die Welt zu entdecken und seine Stadt auf ganz persönliche Art und Weise neu zu erfahren.

2012 begann Matt damit, New York City zu erwandern, und ich las regelmäßig den Blog, den er darüber schrieb. Wir trafen uns des Öfteren zum Abendessen, und dabei erzählte Matt mir immer wieder Wundervolles über New York, wie ich es noch von keinem anderen gehört hatte. Ich hatte den Großteil meines Lebens in der Stadt verbracht. Ich wurde in New York geboren und lebe dort seit dem College wieder, aber Matt sprach über die Stadt, als ob sie ein weit entferntes, exotisches Land voller Abenteuer und Entdeckungen wäre.

Und er erzählte auch von den Bewohnern auf eine sehr persönliche und einfühlsame Weise. Es wirkte so, als ob Matt einfach nur dadurch, dass er umherwanderte, eine Nähe zu Menschen unterschiedlichster Couleur fand. Schließlich hielt ich es nicht länger aus – und schrieb ihm eine E-Mail, die nur aus der simplen Frage bestand: „Sollte ich dich nicht bei deinen Spaziergängen filmen?“ Ich wusste, dass es nicht leicht werden würde, Matt davon zu überzeugen. Deshalb bot ihm gleich eine Lösung an, die es für ihn einfacher machte, es zu akzeptieren: ich würde alles selber machen. Kein Filmteam – nur ich und die Kamera. Ich würde einfach Mäuschen spielen und gewissermaßen ihm hinterher durch die gesamte Stadt huschen. Ich bin immer noch ganz schockiert, dass Matt zustimmte...!

So begann eine dreijährige Reise, die für mich den Höhepunkt meiner bisherigen Karriere darstellt. Wir fingen ganz langsam an, ohne besonders ehrgeizige Ziele. Ich stattete ihn mit einem schnurlosen Mikro aus und folgte ihm, wohin auch immer er ging. Es vergingen nur wenige Stunden und ich begann, die Stadt vollkommen neu wahrzunehmen, fast wie eine andere Welt. Wenn man mit Matt wandert, ist man gezwungen, auf alles acht zu geben, was des Weges kommt. Matt hält an und bemerkt Dinge, das ich einfach übersehen hätte: historische Spuren, Straßenschilder, Tiere und Pflanzen, das Gefüge der Stadt. Es kam mir ganz so vor, als ob ich immer Scheuklappen getragen hätte, die mir jetzt abgenommen wurden. Wir fanden sehr schnell zu einem gemeinsamen Rhythmus.

Ich folgte ihm wochenweise, egal, wohin er ging. Wir legten täglich viele Kilometer zurück (wobei ich ja auch noch die schwere Ausrüstung zu tragen hatte). An manchen Tagen hatten wir schon mittags weit über 20 Kilometer zurückgelegt.

Nach den ersten Monaten hatte ich über 100 Stunden Filmmaterial. Am Ende der Dreharbeiten waren 500 Stunden zusammengekommen. Ich filmte an über 100 Tagen, in Dutzenden verschiedener Viertel in allen fünf Stadtbezirken. Ich habe sicher selbst über 1500 Kilometer erwandert. Als es daran ging, den Film zu schneiden, dachte ich immer wieder darüber nach, wie es gewesen war, mit Matt zu wandern. Es war niemals ein hektisches Rennen, um eine bestimmte Ziellinie zu überschreiten. Es war etwas viel Tiefergehendes. Es ging darum, zu entschleunigen und das Leben auf eine Weise zu erleben, wie wir es nur allzu selten tun. Das wurde für mich die Leitlinie, wie ich mir den Film vorstellte und welche Geschichte ich damit erzählen wollte.

Foto:
© n-tv.de

Info:
Die Filmemacher
Regie / Produktion / Kamera / Schnitt Jeremy Workman
mit Matt Green
ausführende Produktion Jesse Eisenberg
Allen Altman
Cathie Altman
Filmmusik Carly Comando
Tom Rosenthal