TeslaSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 20. August 2020, Teil 5

Margarete Ohly-Wüst

Frankfurt (Weltexpresso) - Ende des 19. Jahrhunderts versucht der junge serbische Ingenieur Nikola Tesla (Ethan Hawke) in den USA Fuß zu fassen. Er arbeitet zuerst als Angestellter in Thomas Edisons (Kyle MacLachlan) Electric Light Company. Doch recht bald kommt es zum Bruch, da Edison auf den Gleichstrom setzt und Wechselstrom für gefährlich hält, während Tesla glaubt, dass dem Wechselstrom die Zukunft gehört.

Nachdem sich Tesla mit Edison überworfen hat, wendet sich der etwas unbeholfene junge Mann an Edisons Konkurrenten George Westinghouse (Jim Gaffigan), den er dazu bringt seine Arbeit an seinem Stromsystem zu unterstützen, denn auch Westinghouse hält den Wechselstrom für zukunftsweisender. Zu dieser Zeit (zu Beginn der 1890er Jahre) arbeitet Tesla auch noch mit seinem ungarischen Freund Anton Szigeti (Ebon Moss-Bachrach) zusammen.

Ein Problem von Nikola Tesla ist, dass er dauernd voller Ideen steckt und immer wieder neue Projekte beginnt, so interessiert er sich Mitte der 1890er Jahre für die Röntgenstrahlen aber auch für Fotografie und Telefonie. Er lässt sich seine Arbeit von dem Bankier J.P. Morgan (Donnie Keshawarz) finanzieren, dem Vater seiner guten Bekannten Anne Morgan (Eve Hewson). Dabei folgt der Film Teslas Experimenten und Entdeckungen dieser Zeit, darunter der Teslaspule und auch der ersten Hinrichtung von William Kemmler (Blake DeLong) 1890 durch den elektrischen Stuhl, bei dem hochenergetischer Wechselstrom eingesetzt wurde.

1899 baut Tesla in Colorado Springs ein größeres Labor, in dem er drahtlos Nachrichten von den USA zu einer noch zu bauenden Empfangsstation in Frankreich übertragen will. Dazu entwickelt er einen Käfig mit einem Eisenmast, mit dem er Blitzentladungen einfangen kann. Er konnte dabei auch die stehenden Wellen beschreiben (und auch fotografieren), sie allerdings noch nicht einordnen.

In Colorado Springs wird er auch von Sarah Bernhardt (Rebecca Dayan) besucht, Tesla zeigt aber nur Interesse an seinen Beleuchtungsversuchen für ihr Bühnen-Programm und nicht an ihr persönlich.

Doch letztendlich ist Nikola Tesla, obwohl eigentlich ein genialer Erfinder, nicht in der Lage, sowohl seine Versuchsergebnisse zu vermarkten und auch seine Beziehungen längerfristig aufrecht zu erhalten...


"Tesla" ist der zweite Film, der sich mit dem Kampf um Gleichstrom oder Wechselstrom beschäftigt, nachdem vor wenigen Wochen "Edison - Ein Leben voller Licht" (2017) endlich in den deutschen Kinos angelaufen ist. In diesem Film wird der junge Nikola Tesla vom englischen Schauspieler Nicholas Hoult dargestellt.

Regisseur von "Tesla" ist Michael Almereyda, der auch das Drehbuch geschrieben hat. Er selbst beschreibt seinen Film als eine unkonventionelle Biografie über einen berühmten und rätselhaften Futuristen. Dabei will er bewusst nicht in die Chronologie des Lebens des Erfinders eintauchen, sondern er hat nur einige wichtige Stadien seiner Arbeit zwischen 1888 und 1901 behandelt.

Der Film öffnet mit einem Kommentar von Anne Morgan, die mit Tesla befreundet ist und regelmäßig direkt oder aus dem Off die weitere Handlung teilweise aus heutiger Sicht erzählt und die damit immer wieder "die vierte Wand" durchbricht. So stellt sie z.B. fest, dass es bei Google zwar unzählige Bilder von Thomas Edison gibt, aber nur ganz wenige von Nikola Tesla. Sie ist nicht nur die Erzählerin des Films, sondern sie manipuliert auch einige Szenen, die es so sicher nicht gegeben hat. So liefert sich Nikola Tesla mit Thomas Edison eine hitzigen Kampf mit Eiscreme, von dem sie kurz danach sagt, dass er vermutlich so nicht stattgefunden hat, auch ein freundschaftliches Gespräch 1893 in Chicago zwischen Edison und Tesla ist reine Fiktion.

Nikola Tesla wird von Ethan Hawke gespielt, nicht als unschuldigen, jungen Träumer, sondern sein Tesla ist ein deutlich älteres, stoisches, desillusioniertes, unverstandenes und absolut humorloses Genie. Hawke schafft es, Tesla eine grüblerische Ausstrahlung einzuhauchen, die die Zuschauer gefangen nimmt.

Eve Hewson spielt Anne Morgan hochmütig und schroff, gekleidet in herrlich gruftigen schwarzen Kostümen. Die Kleidung wird allerdings noch von Rebecca Dayan als erotisch furchterregende Sarah Bernhardt übertroffen. Anne scheint sich zu Tesla hingezogen zu fühlen, vermutlich aber vor allem, weil er ein Künstler und Denker ist und sich dadurch doch sehr stark von ihrem dominierenden Vater unterscheidet.

Kyle MacLachlan spielt Thomas Edison als schlauen Charakter voller hinterlistigem Humor, der sich über Teslas Wechselstrom-Ideen lustig macht, so dass der nach kurzer Zeit die Zusammenarbeit mit Edison beendet hat.

Regisseur Michael Almereyda hat ganz sicher auf historische Genauigkeit geachtet, hat dabei aber bewusst nur einzelne besondere Ereignisse herausgegriffen. Wenn dann etwas übertrieben oder falsch dargestellt wurde, kam immer Eve Hewson als Anne Morgan ins Spiel und hat als Erzählerin darauf hingewiesen. Auch wurden immer wieder Beziehungen zur heutigen Zeit hergestellt, wenn Anne z.B. an einem Laptop sitzt und zusätzliche Details zur Erzählung oder auch geringfügige Korrekturen anbietet.

Dadurch integriert "Tesla" dokumentarische Techniken und seltsame Anachronismen in das Drama. Dabei wird dem Film durch Eve Hewsons Erzählerin einen ausgesprochen ungewöhnlichen Touch verliehen, der sicherlich nicht jedem Zuschauer gefallen wird. Auch wenn Ethan Hawke, der ein hervorragender Sänger ist, bewusst mehr schlecht als recht einige Takte des 1980er-Songs "Everybody Wants to Rule the World", der Jahrzehnte nach Teslas Tod am 7.Januar 1943 aufgenommen wurde, wird die Ebene des Historienfilms durchbrochen.

Insgesamt ist "Tesla" ein Film, der ganz offensichtlich darauf verzichtet, Regeln der Filmgestaltung einzuhalten und der gerade dadurch einige unvergessliche Szenen geliefert hat. Wenn man sich als Zuschauer darauf einlässt, wird man den Film sicher genießen können.

Foto: Ethan Hawke als Nikola Tesla und Eve Hewson als Anne Morgan © LEONINE

Info:
Tesla (USA 2020)
Originaltitel: Tesla
Genre: Drama, Biopic
Filmlänge: 102 Min.
Regie und Drehbuch: Michael Almereyda
Darsteller: Ethan Hawke, Eve Hewson, Kyle MacLachlan, Jim Gaffigan, Donnie Keshawarz u.a.
Verleih: LEONINE Distribution GmbH
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 20.08.2020