Drucken
Kategorie: Film & Fernsehen
03ENDLICH TACHELESIM FALSCHEN FILM  in Frankfurt am Main vom 2. bis 13. September in verschiedenen Stätten, hier: Kino des DFF , Teil 2

Helga Faber

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Jüdischen Filmtage 2020 beginnen heute im Kino des Filmmuseums, dem Deutschen Filminstitut und Filmmuseum, was ein guter, ein bewährter Rahmen ist, denn immer wieder finden hier Veranstaltungen der Jüdischen Gemeinde statt. So ist auch diesmal unter den Kinos in Frankfurt, die Aufführungesorte der Filmtage 2020 sind, das Kino des DFF dasjenige, das die meisten Filme zeigt. Filme, die sich lohnen, wie überhaupt die diesjäjhrigen Filmtage sich auszeichnen durch eine besonders interessante Mischung von Bekanntem und Unbekanntem.

GoldenVoicesZum dritten Mal machen die Jüdischen Filmtage die Vielfalt jüdischer Lebenswelten in aller Lebendigkeit sichtbar. Heute geht es um 18 Uhr mit Dolce Fine Giornata los! In DOLCE FINE GIORNATA (2019) stellt sich eine in Italien lebende, polnische Schriftstellerin gegen vorherrschende Fremdenfeindlichkeit und Vorurteile. In der Tragikomödie THE DANCING DOGS OF DOMBROVA (2018) begeben sich zwei Geschwister nach Polen auf die Suche nach den Überresten des geliebten Hundes der Großmutter. Zum 100. Geburtstag von Else Lasker-Schüler ist Amos Gitais BERLIN JERUSALEM (1989) über die fiktive Begegnung zweier Frauen zu sehen. ZIVA POSTEC – THE EDITOR BEHIND THE FILM SHOAH (2018) ist ein Portrait der Cutterin, die mit Claude Lanzmann aus 350 Stunden Filmmaterial den Film SHOAH geschnitten hat. Die Suche nach der eigenen Familiengeschichte dokumentieren WINTERREISE (2019) und ENDLICH TACHELES (2020). GOLDEN VOICES (2019) blickt auf ein russisches Synchronsprecherpaar, das sich nach der Emigration ein neues Leben aufbauen will.


Mittwoch, 2. September, 18 Uhr

DOLCE FINE GIORNATA
Polen 2019. R: Jacek Borcuch
D: Krystyna Janda, Kasia Smutniak. 96 Min. DCP. OmeU

Die aus Polen stammende jüdische Nobelpreisträgerin Maria Linde lebt mit ihrer Familie in einer Villa in der Toskana und flirtet heimlich mit einem jüngeren Ägypter, der ein Hotel an der Küste betreibt. Nach einem Terroranschlag in Rom weigert sie sich, in den Chor derer einzustimmen, die als Folge der Attacke in Fremdenfeindlichkeit und Vorurteile verfallen. Doch als sie bei einer Ehrung in ihrer Dankesrede das Ende der europäischen Werte beklagt, hat sie keine Ahnung, welche harschen Gegenreaktionen sie damit auslöst.


Mittwoch, 2. September, 20:30 Uhr

THE DANCING DOGS OF DOMBROVA
Kanada 2018. R: Zack Bernbaum
D: Katherine Fogler, Douglas Nyback, Doroftei Anis. 101 Min. DCP. OmeU

Sarah und Aaron, zwei entfremdete Geschwister aus Kanada, haben eine Mission. Ihre „Bubbe“ (Großmutter) hat ihnen eine letzte Bitte anvertraut: die Überreste ihres längst verstorbenen Hundes in Polen zu exhumieren. Der zynische, verklemmte Aaron und die spontane, quirlige Sarah begeben sich auf eine Reise in die unwirtliche Region Dombrova – ohne ein Wort Polnisch sprechen zu können. Sie begegnen einer schweigsamen Taxifahrerin, einer jugendlichen Spionin und schrulligen Bewohner/innen der Region. Werden es die ständig zankenden Geschwister schaffen, den Hundesarg zu finden, ohne sich gegenseitig in den Wahnsinn zu treiben?


Donnerstag, 3. September, 18 Uhr

BERLIN-JERUSALEM
Frankreich/Israel/Italien/ Niederlande/Großbritannien 1989. R: Amos Gitai
D: Liza Kreuzer, Rivka Neuman. 89 Min., hebräische OmeU

In diesem poetischen Film von Amos Gitai aus dem Jahr 1989 treffen zwei Frauen aufeinander: die deutsche Dichterin Else Lasker-Schüler und die russische Zionistin Tania Shohat. Sie begegnen sich erst im Berlin der 1920er-Jahre und dann 1945 in Jerusalem. Gitai verbindet die Leben der beiden Frauen zu einer Erzählung von expressionistischer Freiheit und nationalsozialistischer Gewalt, von der harten Wirklichkeit im Kibbuz und hoffnungsvollen Gründungsmythen. Die Stadt Jerusalem in all ihren Facetten bestimmt den Film – Jerusalem als Ziel der poetischen und ideologischen Träume und als gewaltbereite Gegenwart. Gitai kontrastiert die Geschichte eindrucksvoll mit choreografischen Elementen der Tanzgruppe Pina Bausch sowie mit medialen Zeugnissen der Ersten Intifada im Jahr 1989.


Sonntag, 6. September, 18 Uhr
Dienstag, 8. September, 18 Uhr

ZIVA POSTEC - THE EDITOR BEHIND THE FILM SHOAH
Kanada 2018: R: Catherine Hébert
Dokumentarfilm. 92 Min. französisch-hebräische OmeU

Die Filmeditorin Ziva Postec hatte bereits mit Größen der Filmindustrie zusammengearbeitet, als sie dem Regisseur Claude Lanzmann begegnete. Von 1979 bis 1985 widmeten die beiden ihre Leidenschaft und Energie dem neunstündigen Dokumentarfilm SHOAH, der aus Interviews mit Zeitzeug/innen sowie zeitgenössischen Aufnahmen von den Orten der Verbrechen besteht und gänzlich auf Archivmaterial verzichtet. 350 Stunden Filmmaterial galt es zu montieren, was die Editorin an ihre physischen und mentalen Grenzen brachte. Der Film ist eine inspirierende und bewegende Hommage an eine der einflussreichsten und doch unbekanntesten Filmemacherinnen Israels.


Sonntag, 6. September, 20:15 Uhr

ENDLICH TACHELES
Deutschland 2020. R: Jana Matthes, Andrea Schramm
Dokumentarfilm. 104 Min. hebräisch-deutsche OmU

Zu Gast: Jana Matthes, Andrea Schramm

Der junge Game-Designer Yaar ist in Israel geboren und in Deutschland aufgewachsen – das Judentum und die Geschichte der Großeltern sind für ihn weit weg. Seine Großmutter Rina überlebte das KZ Plaszow und musste sich monatelang vor der Gestapo verstecken. Über ihre Erlebnisse schweigt sie. Nach einem antisemitischen Übergriff geht Yaar in die Offensive und hat eine Idee: mit dem Computerspiel „Als Gott schlief“ will er die Schoa auf eine Weise thematisieren, wie es Geschichtsunterricht nicht vermag und an die Geschichte seiner Großmutter anknüpfen. Ein jüdisches Mädchen und ein SS-Offizier sind Protagonisten des Computerspiels. Was als Reise in die Vergangenheit beginnt, wird schnell zur Suche nach der eigenen Identität.
Die Filmemacherinnen Jana Matthes und Andrea Schramm sind zur Filmvorführung zu Gast.


Mittwoch, 9. September, 20:15 Uhr

WINTERREISE
Deutschland 2019. R: Anders Østergaard. Dokumentarfilm. D: Bruno Ganz, Harvey Friedman, András Bálint. 88 Min. deutsch-englische OmU

Zu Gast: Anders Østergaard

Der amerikanische Radiomoderator Martin rekonstruiert die Geschichte seiner jüdischen Eltern, die 1941 nach Amerika flohen. Beide waren begnadete Musiker und Teil des Kulturbundes Deutscher Juden, der von den Nazis zu Propagandazwecken geduldet war. Mithilfe von originell eingesetztem Archivmaterial und inszenierten Interviews, die auf Gesprächen zwischen Martin und seinem Vater, gespielt von Bruno Ganz, basieren, gelingt eine spannende und berührende Filmerzählung über Identität, Musik und Liebe in und nach dunklen Zeiten.


Donnerstag, 10. September, 18 Uhr
Sonntag, 13. September, 20:30 Uhr

GOLDEN VOICES
Israel 2019: R: Evgeny Ruman
D: Maria Belkin, Vladimir Fridman. 88 Min. russisch-hebräische OmeU

Victor und Raya Frenkel waren jahrzehntelang die „goldenen Stimmen“ der sowjetischen Filmsynchronisation. Alle Westernfilme, welche die sowjetischen Leinwände erreichten, wurden von ihnen synchronisiert. 1990, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, beschließen die Frenkels nach Israel zu emigrieren. In Israel aber gibt es keinen Bedarf an russischsprachigen Synchronsprecher/innen, und Victors und Rayas Versuche, ihr Talent zu nutzen, lösen während ihrer ersten Monate in Israel bizarre und unerwartete Ereignisse aus. Der Beginn eines neuen Kapitels ihres Lebens verwandelt sich in eine amüsante, schmerzhafte und absurde Reise.

Fotos:
Endlos tacheles
© Verleih
Golden Voices
© Verleih

Info:
Das gesamte Programm findet sich unter www.juedische-filmtage.com

Bisherige Berichterstattung
https://weltexpresso.de/index.php/kino/19764-im-falschen-film-anders-als-erwartet