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Kategorie: Film & Fernsehen
Bildschirmfoto 2020 10 13 um 18.10.28Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 15. Oktober 2020, Teil 8

Roman Droux

Zürich (Weltexpresso) - Nach einem seiner ersten Vorträge habe ich David Bittner angesprochen, was ihn denn bewege, sich immer wieder dieser Gefahr auszusetzen. Seine direkte und offene Art, von seinen nahen Begegnungen mit den Bären und von seinen Erlebnissen alleine in der Wildnis zu berichten, haben mich fasziniert, aber auch verwirrt. Die Leidenschaft und eine Faszination für das Leben fernab der Zivilisation; die Neugier nach dem Wilden, dem Ursprünglichen hat sich wieder mal breit gemacht bei mir.

Viele Reisen, die ich unter anderem auch filmisch dokumentiert habe, führten mich an entfernte und einsame Orte dieses Planeten. Auf die nördlichsten Siebentausendern im kasachischen Himmelsgebirge, nach Patagonien auf die Gipfel der Torres del Paine, mehrere Jahre bei den Pamiri in Tadschikistan und in die Slums von Monrovia.

Es blieben auch ambivalente Gefühle, welche mich dazu veranlassten, mehr über ihn und seine Bären zu erfahren. Ich spürte das Verlangen, diese Tiere aus nächster Nähe und auf Augenhöhe zu begegnen. Nicht wegen dem Abenteuer, sondern weil für mich schwer nachvollziehbar war, wie sich ein promovierter Schweizer Biologe in wildlebende Bären verlieben kann. In seinem Archivmaterial fand ich diese Momente, die bei David etwas Unfassbares und Unbeschreibliches auslösten. Genau dem wollte ich auf den Grund gehen.

Einen Sommer lang tauchte ich mit ihm in eine unberührte Welt ein. Fern ab der Zivilisation. Ich erlebte den Kosmos der Bären in all seinen Dimensionen, lernte eine Spezies kennen, so vielfältig wie wir Menschen: scheue, vorwitzige, neugierige, vorsichtige, aufmerksame Individuen. Und unglaublich friedlich. Sie liessen immer wieder Nähe zu, bei denen sie sich an mich und meine Kamera annäherten, so nahe, dass ich ihren Atem hören und ihren Geruch riechen konnte. Sie akzeptierten mich in ihrer Welt.

Die Erfahrungen und die nahen Begegnungen mit diesen Tieren, die ich während den Dreharbeiten erleben durfte, haben einiges in mir ausgelöst.

Zuvor war der Bär für mich ein gefährliches, unberechenbares Wildtier, das lethargisch hinter Gitter hin und her zottelt. In der Wildnis von Alaska lernte ich ein Geschöpf kennen, das sehr differenzierungsfähig ist. Jedes mit individuellem Charakter.

Der Bär ist für mich zur faszinierenden Manifestation unberührter Natur geworden. Er machte mir bewusst, wie wertvoll dieser Lebensraum ist und dass eine solch naturnahe Wildnis intakt ist, solange der Mensch nicht ausbeuterisch eingreift.

Unsere aufgeklärte, homozentristische Weltanschauung hat uns gelehrt, den Menschen als Dreh- und Angelpunkt dieser Schöpfung zu betrachten. Nicht nur in der Erscheinung, sondern auch im Wert. Pflanzen und Tiere, aber auch Felsen und Flüsse, dienen heute im Wesentlichen dem Wohlergehen des Menschen. Sowohl die Erlebnisse mit den Bären, als auch die Gespräche mit lokalen Inuits, die noch eine animistische Gesinnung leben, haben einiges in mir bewegt. Eine Lebenshaltung bei der sowohl der Bär, als auch die Birke denselben Wert und dieselbe Beseeltheit in sich trägt. Denen sie auf dieselbe Art begegnen, wie den Menschen. Diese Lebenshaltung hat grundsätzliche Fragen über mein Dasein ausgelöst.

Bin ich als Mensch Teil der Natur oder habe ich mich so weit entfernt, dass ich gar nicht mehr fähig bin mich in ihr einzuordnen? Wie kann eine Spezies, wie der Homo Sapiens, sich so widersprüchlich verhalten, den Ursus Arctos und andere Kreaturen fast auszurotten und sich gleichzeitig als Bewahrer und Beschützer derselben auszugeben? Zum Glück hat der Bär kein kollektives Gedächtnis, ansonsten hätte er mich kaum in seiner Welt so friedvoll akzeptiert.

Die Bilder des industriellen Fischfangs in Alaska zeigten mir unmissverständlich, dass auch ich mit meinem Lebensstil auf den Lebensraum an den Küsten in Alaska einen Einfluss habe. Mit unserem Hunger nach Lachs verändern wir nicht nur das globale Klima, sondern auch direkt das Bärenleben an der Katmai-Küste. Aus diesen Einsichten erwuchs das Bedürfnis, einen anderen Film über dieses Tier zu machen. Umrahmt von einer persönlichen Geschichte, unterlegt mit reflektierten, naturphilosophischen Gedanken, die weder verklären noch verteufeln.

Foto:
©Verleih

Info:
Darsteller
David Bittner.       David Bittner
Willy Foulton        Willy Foulton
Voice                   Marcus Signer
Roman Droux     Roman Droux
Balu                    Der Lieblings-Bär
Bruno                  Der Boss
Der alte Oliver     Ehemaliges Alpha-Männchen
Luna                    Blonde Jungbärin
Berta                   Alpha Bärenmutter
Fluffy                   Das gutgenährte Junge von Berta
Bärenmutter.       Mit den drei Jungen
Verletzte Bärenmutter          Mit ihrem Jungen