rosa2Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 1. Juli 2021, Teil 21

Redaktion

Madrid (Weltexpresso) – Am Anfang von ROSAS HOCHZEIT stand ein Artikel im Guardian über eine japanische Agentur, die auf die Organisation ungewöhnlicher Hochzeiten spezialisiert war: Trauungszeremonie, Eheversprechen, Gäste, Fotos ... allerdings ohne Partner oder Partnerin. Es ging um Hochzeiten mit sich selbst.

Gemeinsam mit der Autorin Alicia Luna, mit der sie schon die Drehbücher zu TE DOY MIS OJOS und AMORES QUE MATAN geschrieben hatte, fing Iciar Bollain an, sich mit dem Phänomen der Selbstheirat zu beschäftigen. „Als wir anfingen zu recherchieren, haben wir bald festgestellt, dass diese Hochzeiten mit sich selbst seit Jahren weltweit verbreitet sind“, erzählt Iciar Bollain. „In Spanien trafen wir uns mit einer wunderbaren Frau, May Serrano, die sich vor Jahren selbst geheiratet hatte und seitdem diese Art von Hochzeiten organisiert. Sie erzählte von ihren Erfahrungen und brachte uns in Kontakt mit anderen Frauen. Es hat uns sehr geholfen, von diesen Frauen zu erfahren, wie sich das für sie anfühlte und was ihre Motivationen waren.“ 


INSPIRATIONEN

Die Reaktionen auf das Thema fielen in ihrem Umfeld zunächst eher skeptisch aus, erinnert sich Iciar Bollain. „Sie fanden das eher exzentrisch, manche hielten die Idee einer Selbsthochzeit für Unsinn, andere wollten gar nicht glauben, dass es so etwas gibt. Begreiflich zu machen, warum Rosa diesen Weg einschlägt, war deshalb eine der großen Herausforderungen beim Schreiben.“ Das Drehbuch von ROSAS HOCHZEIT entstand, parallel zu Iciar Bollains letztem Film YULI, über mehrere Jahre. Zur Idee der Selbsthochzeit kam als weitere Inspiration die Geschichte einer Frau hinzu, die in ihrem Heimatdorf in Andalusien die alte Schneiderei der Familie wieder eröffnet hatte und ihre Mode vor allem über das Internet verkaufte.

„Wir haben dann eine Geschichte geschrieben, die nahe an unserer eigenen Wirklchkeit war: Eine Frau in den Vierzigern, die sich fragt, ob ihr Leben so ist, wie sie es will, oder so, wie es den anderen gefällt. Um diese Frau herum haben wir dann die anderen Figuren und die Familie entwickelt.“ Tatsächlich spielen die Familie und die Beziehungen der einzelnen Familienmitglieder zueinander im Laufe des Films eine immer größere Rolle. „Das sind alles großartige, sympathische Menschen, es gibt viel Liebe in dieser Familie, aber jeder hat sein eigenes Leben“, sagt Iciar Bollain. „Und dann passiert das, was fast immer passiert in Familien: Wenn man zurück ins Elternhaus kommt, schlüpfen alle wieder in die Rollen, die sie immer hatten.“



SELBSTLIEBE

Iciar Bollain und Alicia Luna war bewusst, dass der Versuch, sich selbst ernst zu nehmen und zu lieben, leicht mit Egoismus verwechselt werden kann. „Aber je mehr man sich mit dem Thema beschäftigt, desto klarer wird der Unterschied“, sagt Iciar Bollain. „Es gibt ein Zitat von Shakespeare, das sinngemäß sagt, die größte Sünde sei es, sich nicht um sich selbst zu kümmern. Wer sich um sich selbst kümmert, kann sich um so besser um die anderen kümmern.“ Für die Autorinnen war wichtig, dass Rosa die Entscheidung trifft, ihr Leben zu verändern. Die Zeremonie der Hochzeit spielt eigentlich keine Rolle. „Während der Recherche haben wir entdeckt, dass mittlerweile eine ganze Industrie rund um die Selbsthochzeiten entstanden ist, mit Kursen, vorgefertigten Eheversprechen, Blumengebinden und HochzeitsKits“, sagt Iciar Bollain. „Was für eine Art, etwas zu kommerzialisieren, wofür man eigentlich gar nichts braucht! Wir wollten, das Rosa ihre Hochzeit als persönliche Feier sieht. Sie braucht keinen Coach dazu, kein Ratgeber-Büchlein, nur ihren Entschluss. Das einzige, was sie braucht, ist, dass ihre Familie dabei ist. Im Grunde ist ROSAS HOCHZEIT ein romantischer Film: Es gibt eine Hochzeit, Liebe und Treueversprechen. Und einen Traum, der verwirklicht wird.


EIN FILM VON FRAUEN

Seit vielen Jahren engagiert sich Iciar Bollain für eine bessere Repräsentanz von Frauen in der Filmindustrie. ROSAS HOCHZEIT zeigt, dass die Entwicklung auf einem guten Weg ist: „Das war das weiblichste Team, mit dem ich jemals gearbeitet habe“, sagt Iciar Bollain. „Natürlich hatte ich mir einige Mitstreiterinnen bewusst ausgesucht, Alicia Luna, Laia Colet im Szenenbild, Vanessa Garde für die Musik oder die Produzentinnen, aber in vielen Gewerken hat sich das einfach so ergeben. Nach und nach kommen immer mehr Frauen in die technischen Berufe beim Film, das macht sich bemerkbar. Eines Tages habe ich mich umgeschaut, und da saßen 20 Frauen um mich herum. Es war beeindruckend!“ In diesem Sinn sieht Iciar Bollain auch ihren Film. „Das Kino kann die Welt nicht verändern, aber es kann dabei helfen, andere Rollen und Möglichkeiten darzustellen. Die Welt ist voller Frauen, die alles machen können.“ Auf die Frage, ob ROSAS HOCHZEIT ein politischer Film sei, meint sie: „Alle Filme sind politisch, glaube ich, weil du dich hierhin oder dorthin stellst. Und dieser Film ... ich weiß nicht. Er hat einen sehr menschlichen Ton. Was würdest du selbst sagen: Ist er politisch?"

Fortsetzung folgt.

Foto:
©Verleih

Info:
BESETZUNG & STAB
Rosa       Candela Peña
Armando Sergi López
Violeta Nathalie Poza
Antonio Ramón Barea
Lidia Paula Usero
Rafa Xavo Giménez
Marga Paloma Vidal
Lolín Lucía Poveda
Laura María José

Regie   Iciar Bollain
Buch    Iciar Bollain & Alicia Luna
 
Abdruck aus dem Presseheft