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Kategorie: Film & Fernsehen
pro1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 19. August 2021, Teil 4

Redaktion

Los Angeles (Weltexpresso) - Eine Achterbahnfahrt zwischen Thriller und Komödie. Tagsüber geht Cassie einem trostlosen Job im örtlichen Café nach. Doch nachts zieht sie in verführerischer Kleidung durch Clubs und Bars, um die Aufmerksamkeit von Männern zu erregen. Denn viele, da ist Cassie sicher, halten sich zwar für anständig, doch unter den entsprechenden Umständen, zögern sie nicht, hilflose Frauen auszunutzen.

Zugegeben: Diese Freizeitbeschäftigung ist nicht unbedingt das, was man von einer hochintelligenten jungen Frau erwartet hätte, die einst eine glänzende Zukunft vor sich zu haben schien. Doch für Cassie ist das Ganze Teil einer freiwillig gewählten Mission. Im richtigen Moment dreht sie den Spieß um und lässt die vermeintlichen Kavaliere am eigenen Leib spüren, dass sie Frauen – ganz gleich ob nüchtern oder berauscht – mit Respekt behandeln sollten.

Die unkonventionelle Prämisse ist nur eines der Elemente, die das Spielfilmdebüt der Drehbuchautorin und Regisseurin Emerald Fennell zu einem so reizvollen Genre-Mix macht. Den meisten Zuschauern dürfte die vielseitig talentierte Fennell als Showrunner der zweiten Staffel der erfolgreichen britischen Spionage-Serie Killing Eve bekannt sein. Als Autorin feierte sie mit der preisgekrönten Kinderbuchreihe „Shiverton Hall“ und dem Horror-Roman „Monsters“ Erfolge. Auch als Schauspielerin war Fennell schon erfolgreich: Unter anderem war sie in Albert Nobbs, The Danish Girl sowie in der Erfolgsserie The Crown als junge Camilla Parker-Bowles zu sehen.

In PROMISING YOUNG WOMAN verbindet Fennell Elemente von Thriller und romantischer Komödie zu einem cleveren Gesamtkunstwerk, das zwischen Horror und Humor hin- und herpendelt. „Mein Ziel war es, einen Film über die Rache der Frauen zu schreiben“, sagt Fennell. „In letzter Zeit gab es eine Menge Filme über Frauen, die die Dinge selbst in die Hand nehmen. Diese Filme neigen dazu, sehr gewalttätig, sehr sexy oder sehr, sehr deprimierend zu sein. Ich wollte hingegen einen Film darüber machen, wie sich eine gewöhnliche Frau in der realen Welt rächt. Da kommt der Griff zu einer Waffe eher selten vor. Unsere Geschichte ist wesentlich tiefgründiger und verdrehter.“

Es mag erst einmal naheliegen, den Film als Antwort auf die #MeToo-Bewegung zu betrachten. Tatsächlich greift Fennells ausgeklügeltes Drehbuch jedoch Gender-Fragen auf, die bereits seit Jahrzehnten diskutiert werden. Um der Gerechtigkeit Genüge zu tun, ist Cassie entschlossen, alte Rechnungen sowohl mit Männern als auch mit Frauen zu begleichen.

Als sie das Drehbuch verfasste, griff Fennell auf ihre eigenen Erfahrungen als junge Frau zurück und konzentrierte sich auf all die Demütigungen, die Frauen Tag für Tag ertragen müssen. „Wenn man einen Film darüber machen möchte, wie wir alle eine ungesunde, sexistische Missbrauchskultur unterstützt haben, dann darf man sich selbst nicht ausklammern“, sagt Fennell. „Mir ist wichtig, dass im Film nichts geschieht, was nicht auch im ganz normalen Alltag passieren könnte. Mir ging es nicht darum, einen Film zu machen, der schreckliche Verbrechen und Gewalttaten untersucht. Ich interessiere mich viel mehr für unsere Kultur und dafür, was wir tun müssen, um all die daraus resultierenden Probleme zu lösen.“

Trotz des ernsten Themas war Fennell nicht daran interessiert, ihrer Wut freien Lauf zu lassen oder einen leidenschaftlichen Aufschrei auszulösen. Ihr Ziel war es, PROMISING YOUNG WOMAN aufschlussreich, relevant und unterhaltsam zu gestalten. Das bedeutete, dass sie die schwarzhumorigen Momente der Geschichte nicht aus den Augen lassen dufte – und die fanden sich mitunter an den überraschendsten Stellen. Zur Inspiration orientierte sich die Regisseurin an bahnbrechenden Filmen wie Gus Van Sants kluger Satire To Die For von 1995 oder Joel und Ethan Coens Oscar®-prämierter Komödie Fargo – Blutiger Schnee von 1996. Beiden Filmen gelingt es meisterhaft, eine geschickte Balance zwischen makabrem Humor und gut gezeichneten Charakteren zu halten.

„Wenn man mit solch schwierigem Material zu tun hat und über Gewalt und Traumen spricht, muss man vorsichtig sein, dass es sich nicht zu deprimierend oder manipulativ anfühlt“, sagt Fennell. „Die Wahrheit ist: Wenn Dinge in meinem Leben schief gehen, verhalten sich die Menschen meistens am lustigsten. PROMISING YOUNG WOMAN ist ein Film über eine Frau, die mit einem schrecklichen Trauma zu kämpfen hat. Zugleich ist sie aber auch sehr humorvoll und sehnt sich nach etwas Normalität. Die Frage ist, ob sie sich am Ende für die romantische Komödie oder ein Blutbad entscheidet.“

LuckyChap Entertainment, die in Los Angeles ansässige Produktionsfirma von Margot Robbie, Tom Ackerley und Josey McNamara, war schon seit längerer Zeit an einer Zusammenarbeit mit Fennell interessiert. Von ihrer Idee für PROMISING YOUNG WOMAN waren sie sofort begeistert und unterstützten das Projekt.

„Schon aus dem ersten Gespräch mit ihr ging klar ihre Vision für den Film hervor. Noch bevor sie das Drehbuch überhaupt geschrieben hatte, wusste sie, in welchem Stil sie den Film realisieren wollte“, sagt McNamara. „Trotz des schwierigen Themas schwebte ihr ein ganz spezieller Tonfall vor. Emerald hat von Anfang an klargemacht, dass sie einen unterhaltsamen Film drehen wollte. Die Leute sollten ihn sich ansehen und eine schöne Zeit im Kino verbringen – unabhängig davon, dass sie dadurch bestimmte Dinge über die Gesellschaft oder sogar über sich selbst in Frage stellen könnten.“

Im nächsten Schritt schickten Fennell und LuckyChap das Drehbuch an das unabhängige Studio FilmNation Entertainment. Glen Basner, Ben Browning und Ashley Fox von FilmNation Entertainment trafen sich mit der Regisseurin und Autorin und waren sofort von ihrer frischen Perspektive und ihrem mutigen Schreibstil fasziniert. Die Firma erklärte sich bereit, an der Seite von LuckyChap zu produzieren und den Film außerdem vollständig zu finanzieren und zu vertreiben.

„Emeralds Sichtweise auf die Geschichte war von Anfang an klar. Sie besitzt die seltene Fähigkeit, eine zeitgemäße, relevante Story auf eine überraschende und unterhaltsame Weise zu erzählen“, so Browning und Fox. „Dank ihrer Haltung hat der Film eine bissige Botschaft, die sehr unterhaltsam ist und zugleich zum Nachdenken anregt.“ 

Foto:
©Verleih

Info:
PROMISING YOUNG WOMAN
von Emerald Fennell, USA/GB 2020, 113 Min.
mit Carey Mulligan, Bo Burnham, Laverne Cox, Clancy Brown, Jennifer Coolidge, Alison Brie
Krimikomödie / Start: 19.08.2021

Abdruck aus dem Presseheft