bachdeutschlandfunkkultur.deSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 16. September 2021, Teil 4

Herr Bachmann

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Es war das erste Mal an einem verschneiten Wintertag, als ich den Schulhof der Georg-Büchner-Schule betrat. Und es traf mich irgendwie unvorbereitet. Ich wusste: ich wollte eigentlich nicht hier sein! Nein! Von irgendwo her kam Rap Musik und es wuselte und rannte und schrie. Von weitem sah ich, wie zwei kleine Jungen mich anpeilten. „Hey, wen suchst du? Was machst du hier?“ Sie lachten freundlich.

„Eh naja: ich glaube, ich soll hier Lehrer werden“, scherzte ich. Die Jungen bekamen große Augen: „Oh ja! Dann musst du unser Lehrer werden! Wie heißt du?“ Ich wollte schon sagen "Dieter", aber ich sagte: „Ich bin der Herr Bachmann!“ und sie nahmen mich lachend an die Hand und brachten mich ins Schulsekretariat. Der Lehrer Herr Bachmann war geboren!"

"Ich habe mich schon oft gefragt, wie mir das passiert ist, Lehrer zu werden. Ich glaube die Schüler der Georg Büchner Gesamtschule in Stadtallendorf haben mir unmissverständlich gezeigt, was für einen Lehrer sie haben wollen: einen der ihnen Äpfel und Müsli und Döner zu essen gibt, einen der mit ihnen Fußball spielt, Musik macht und malt und Geschichten erfindet und schreibt, einen der mit ihnen liest, wie die Welt so aussieht und was es zu entdecken gibt, einen den sie fragen können, was immer sie wollen, aber vor allem einen, der sie nicht abwertet mit Noten, Defiziten...

Sie wollen einen Lehrer, der auch gerne in die Schule kommt, mit dem sie lachen und singen und schreien können, einen der ihnen auch mal sagt, wo es lang geht, wenn die Fäuste geflogen sind und wenn Schwule oder Behinderte beschimpft werden. Im Kern ist es also eine ganz normale Beziehung zwischen Kindern oder Jugendlichen und einem Erwachsenen im Spiegel von: ich trau dir das zu, das machst du besser nicht, hier geht es auf keinen Fall lang, aber ich vertraue dir, ich weiß du hast es drauf, ich find dich gut."

Foto:
©deutschlandfunkkultur.de

Info:
Dokumentarfilm, 217 Minuten, DCP, deutsche Fassung
Regie: Maria Speth
Buch: Maria Speth, Reinhold Vorschneider
Kamera: Reinhold Vorschneider
Schnitt: Maria Speth
Ton: Oliver Göbel

Auszug aus dem Presseheft