Bildschirmfoto 2021 11 10 um 17.35.57Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom Donnerstag,11. November 2021, Teil 3

Romana Reich

Berlin (Weltexpresso) – Es gibt Filme, die meinen es gut. Und es gibt Filme, die sind gut. Dann gibt es Filme, die so außerordentlich gut fotografiert sind, aber völlig inhaltsleer bleiben und dann solche wie EINE HANDVOLL WASSER, die zumindest einen wichtigen und richtigen Inhalt haben, aber ein wenig schematisch daherkommen.

Dabei bringen die beiden Schauspieler, die den Film tragen, ihre Situation gut rüber. Eine Paraderolle, denkt man, für Jürgen Prochnow, der den alten Wurzelsepp Konrad mit 85 Jahren spielt, so verbittert, so erkaltet, so gelangweilt, als sei‘s sein eigenes Leben. Der Anfang ist spannend, denn wir sehen ihn, den alten Konrad, der vor Jahren seine Frau verloren hat und mit der Tochter Riesenprobleme hat, die kommen noch!, wie er wach wird in seinem Haus in Frankfurt, denn da hat sich was bewegt, er hat was gehört. Einbrecher! Da hat er vorgesorgt, holt seine Waffe, eine Nagelschußpistole, geht in den Keller und schießt das elfjährige Mädchen Thurba an! Seine Verwirrung ist groß, sie muß verarztet werden, aber warum wollte sie bei ihm einbrechen? Beim letzten Einbruch, den er überhörte, verschwand sein vorgekochtes Essen in der Küche?

Was sie ihm erzählt, versteht er erst einmal nicht. Die Zuschauer schon. Die Familie von Thurba ist aus dem Jemen, die Mutter mit den Kindern. Die ganze Familie soll abgeschoben werden, deshalb hatte nachts die Polizei am Familienhaus geklingelt und deshalb ist Thurba aus dem zweiten Stock gesprungen, weil die Abschiebung nur möglich ist, wenn alle Kinder beisammen sind!

Wir sind nun Zeugen der zarten Annäherung der beiden Pole – kleines Mädchen, doch, mit elf ist man noch sehr klein, und alter verschrobener, vom Leben hart gewordener Mann. Doch die Geschichte dieser beiden ist ja eingewoben in die Geschichte der Abschiebung der Familie. Leider erfährt man darüber zu wenig. Der Jemen ist Kriegsgebiet. Woher kommt die Familie, aus dem Norden, der Republik oder aus dem angeblich kommunistischen Südjemen, der 1990 - wie die DDR an die Bundesrepublik - an den Nordjemen angeschlossen wurde. Damals war noch kein Krieg, den haben die Saudis mit Unterstützung der USA und auf der anderen Seite mit tätiger Hilfe der arabischen Terroristen erst später über dieses arme, wunderschöne Land wie eine Feuersbrunst gelegt. Kein Jemenite weiß, was da eigentlich los ist, gegen wen man kämpft, was man verteidigt, als nur das eigene Leben und das der Familienclans. Es ist eine sehr ursprüngliche Gesellschaft im Jemen, aufgebaut auf Vertrauen und man muß wissen, daß sich dieses Land erst in den 80ziger Jahren nach und nach öffnete. Tatsächlich gab es vorher keinen Tourismus und die Jemeniten selbst haben sehr verantwortlich erst nur wenige ins Land gelassen und mit dem Geld der Touristen eine Infrastruktur aufgebaut.

Alles dahin. Aber der Jemen sollte nur stellvertretend für Migration sein. Doch wird auf diese Weise eben auch etwas verschenkt, wenn Länder nur als Chiffre für Verlorenheit dienen. Die beiden Hauptdarsteller haben die Filmbühne für sich, von Jürgen Prochnow darf man das erwarten, aber die junge Milena Pribak macht das als Elfjährige richtig gut, es ist nämlich eine Mär, daß Mädchen aus islamischen Ländern besonders unterdrückt seien. Ich kenne genug renitente junge arabische Frauen, die als Kind schon so wie Thurba sich die Welt untertan machen, es zumindest versuchen. Die Rolle der Mutter, gespielt von Pegah Ferydoni, ist sehr eng, denn man sieht sie nur verzweifelt, was da werden soll. Anke Sevenich mimt hier die Polizistin und unsereins sieht sie immer gerne.

Wie der Film ausgeht, sollen Sie selber sehen. Auf jeden Fall hat sich der alte Konrad verändert und Thurba wird ihren Weg gehen.

Tatsächlich hätte Regisseur Jakob Zapf mutiger sein können, ein bißchen spielerischer auch. So ist das wie ein gediegener Fernsehfilm, weil wie dort, die Musik immer das dramatische Geschehen spiegeln soll. Wenn‘s dramatisch wird, ist aber in der Regel eben keine Musik dabei.

Doch das zu lernen, werden vielleicht seine nächsten Filme zeigen.

Fotos:
©Verleih

Info:
Darsteller
Jürgen Prochnow  (Konrad)
Milena Pribak.       (Thurba)
Pegah Ferydoni    (Thurbas Mutter – Amal)
Anja Schiffel          (Ingrid)
Anke Sevenich      (Polizistin)

Regie: Jakob Zapf
Buch: Marcus Seibert, Ashu B.A., Jakob Zapf
Kamera: Tristan Chenais