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Kategorie: Film & Fernsehen
west1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 9. Dezember 2021, Teil 6

Redaktion

Hollywood (Weltexpresso) - Das Musical WEST SIDE STORY ist mehr als nur ein Filmklassiker und eine historische, wegweisende Broadway-Produktion. Es ist ein amerikanisches Kultursymbol, geliebt vom Publikum auf der ganzen Welt. Seit seiner Premiere am Broadway im Jahr 1957 hatte es fortlaufend neue Inszenierungen gegeben, professionelle ebenso wie von Amateuren gestaltete Aufführungen – weltweit.

Steven Spielberg betont: „Im Theater wurde WEST SIDE STORY auf der ganzen Welt aufgeführt, von Highschools über Gemeindetheater hin zu Broadway-Revivals. Teil der ungewöhnlichen Kraft des Musicals ist der Umstand, dass man es immer wieder auf andere Weise inszenieren kann, dass man es immer wieder neu denken kann.“

WEST SIDE STORY wurde erdacht von vier unbestrittenen Genies: Regisseur und Choreograph Jerome Robbins, Komponist Leonard Bernstein, Texter Stephen Sondheim und Theaterautor Arthur Laurents und feierte am 26. September 1957 am Winter Garden Theatre am Broadway seine Premiere und brachte es in dieser Produktion auf 732 Vorführungen.

Die Show hatte zu diesem Zeitpunkt bereits eine weite Reise hinter sich. Jerome Robbins hatte ein solches Musical erstmals 1949 erdacht. Damals arbeitete er mit einem von ihm und Leonard Bernstein ausgearbeiteten Plot, in dessen Mittelpunkt der Konflikt zwischen einer irischen katholischen Familie und einer jüdischen Familie in der Lower East Side stand. Nach einem Treffen mit Arthur Laurents im Jahr 1955, so heißt es, entwarf der Dramatiker und Drehbuchautor ein Szenario mit zwei Jugendbanden in New York, von denen die eine aus neu angekommenen Puertoricanern und die andere aus Nachkommen europäischer Einwanderer aus der Arbeiterklasse besteht.

Das Projekt nahm Gestalt an und an Fahrt auf. Obwohl sich die Finanzierung als schwierig herausstellte, begannen die Proben im Juli 1957. Nach einer Vorpremiere in Washington, DC, folgte die Premiere am Broadway, die vorzügliche Kritiken erhielt und im Anschluss Tony Awards® für Robbins und Bühnenbildner Oliver Smith bereithielt.

Laut Alexander Bernstein, der Sohn des Komponisten, war die Show allerdings kein durchschlagender Erfolg: „Das kam erst, als der Film dreieinhalb Jahre später in die Kinos kam.“

Die Filmversion von WEST SIDE STORY von Robert Wise und Jerome Robbins aus dem Jahr 1961 war ein monumentaler Blockbuster. Er gewann zehn Academy Awards®: als bester Film, für die Regie von Robbins und Wise, für die Darsteller Rita Moreno und George Chakiris, für die Kamera, das Kostümbild, das Szenenbild, den Ton und den Schnitt sowie für die Musik. Das war der Ausgangspunkt dafür, dass das Musical zu einem kulturellen Phänomen wurde.

Wie sich Bernsteins Tochter Jamie erinnert, gab es neben dem Film von 1961 vier Wiederaufführungen am Broadway und zahllose regionale Produktionen in Theatern im ganzen Land und im Ausland sowie Produktionen in Kinos, Highschool- und College-Auditorien, eine Punk-Rock-Version, eine One-Woman- Neuerzählung mit Cher und eine Aufführung in der berühmten Mailänder Scala.

Die Zeit war längst reif für eine filmische Neuinterpretation durch einen Meister des Kinos.

Das Gerücht, dass Steven Spielberg womöglich an einer Neuverfilmung interessiert sei, kursierte schon seit einigen Jahren in Hollywood und am Broadway, weil weithin bekannt war, wie sehr der Filmemacher diesen Stoff liebt.

„Meine Mutter spielte Klavier und Musik war eine große Liebe meiner beiden Eltern“, sagt Spielberg. „Meine Schwestern und ich wuchsen mit dem Repertoire meiner Mutter auf: Schumann, Beethoven, Brahms, Chopin und Schostakowitsch. Ich denke, es war ihre Liebe zur Musik, gepaart mit meinem unstillbaren Appetit darauf, alles über Filme und das Filmemachen zu verstehen, was mich beginnen ließ, im frühen Alter von zehn oder elf Jahren Filmsoundtracks zu sammeln. Ich weiß nicht mehr, wer das Soundtrackalbum zur WEST SIDE STORY mit nach Hause brachte oder ob meine Eltern womöglich sogar schon das Album mit dem Broadway-Ensemble besaßen, bevor es den Film gab, aber ich kann mit Gewissheit sagen, dass ich mich in die Musik sofort, schon beim ersten Hören verliebte. Als Junge konnte ich jedes einzelne Lied in- und auswendig – und ich sang sie beim Abendessen, bis der Familie irgendwann der Geduldsfaden riss. Der Score fühlt sich für mich an, als wäre er Teil meiner DNS. Ich weiß nicht wie genau, aber mir erschien es immer unausweichlich, dass ich irgendwann einen Weg finden würde, mich selbst an der WEST SIDE STORY zu versuchen.“

Als es sich herumzusprechen begann, dass Steven Spielberg ernsthaft die Inszenierung einer neuen Kino-Adaption des Stoffs in Betracht ziehen könnte, äußerte auch der Broadway-Produzent Kevin McCollum („Rent“, „In the Heights“) Interesse, den Stoff als neue Kinofassung zu produzieren. Als McCollum den Filmemacher am Set der NBC-Serie „Smash“ – bei der Spielberg als ausführender Produzent fungierte – traf, sprach er das Thema an.

Zu diesem Zeitpunkt war Spielbergs Wunsch, WEST SIDE STORY neu zu verfilmen, nur noch gewachsen. Er hatte bereits darüber gesprochen, sich dafür mit einem seiner langjährigen kreativen Mitstreiter zusammen zu tun: Der Pulitzer-Preis-gekürte Dramatiker Tony Kushner, der für den Filmemacher bereits die Drehbücher zu MÜNCHEN („Munich“, 2006) und LINCOLN („Lincoln“, 2012) verfasst hatte, sollte das Drehbuch schreiben. Das allein machte eine neue WEST SIDE STORY zu einem brandheißen Projekt.

„Ich war besessen vom originalen Cast-Album von WEST SIDE STORY“, erklärt Kushner. „Ich war gerade einmal vier Jahre alt, als der Film ins Kino kam, also weiß ich nicht mehr genau, wann ich ihn zum ersten Mal gesehen habe. Vermutlich im College. Es ist ein großartiger Film, unglaublich einflussreich, und ich habe ihn sehr geliebt. Auf der Bühne sah ich den Stoff erstmals in einem Revival von Arthur Laurents. Es gibt kein Musical, das sich damit vergleichen lässt. Ohne jeden Zweifel ist es eines der bestgeschriebenen. WEST SIDE STORY definierte die Form neu, wie Rogers und Hammerstein die Form ein Jahrzehnt früher neu definiert hatten.“

Er fährt fort: „Ich wusste, dass Stevens Mutter eine Pianistin war. Er selbst spielt von Kindesbeinen an die Klarinette. Und ich wusste natürlich, dass er Musicals liebt. Nachdem wir LINCOLN gemacht hatten, verriet er mir, dass er sich eine neue Filmfassung der WEST SIDE STORY vorstellen könnte und er fragte mich, ob ich nicht das Drehbuch schreiben wollte. Es war eine faszinierende Vorstellung, sich an diesen Stoff zu wagen. Ich bin oft erstaunt von seiner Chuzpe, seiner Lust am Risiko.“

„Und ich war zutiefst bewegt davon, dass Steven den Eindruck hatte, dass viele der Kämpfe, die aktuell ausgefochten werden, in einem 60 Jahre alten Meisterwerk gespiegelt werden könnten. Bewegt. Und aufgewühlt, denke ich, auf eine gute Weise, denn der Rassismus, die Xenophobie, die Hinterlassenschaft des Kolonialismus, die Folgen von Armut, all die Übel, die ein Katalysator für die Entstehung des Musicals waren, sind immer noch Teil der Gesellschaft. Steven fand, dass die Zeit genau richtig sei, einen neuen Blick auf die WEST SIDE STORY zu werfen. Er befindet sich immer auf bemerkenswerte Weise im Einklang mit dem Zeitgeist. Als wir uns unterhielten, kamen wir beide zu dem Schluss, ausgehend von unserer geteilten Liebe und unserem Respekt für dieses Musical, dass wir neue und aufregende Dinge zum Ausprobieren finden würden, neue Wege, diese Geschichte und diese Musik auf die Leinwand zu bringen.“

Produzentin Kristie Macosko Krieger teilt mit: „Tony Kushner ist ein langjähriger Freund und vertrauter Mitstreiter. Was Tony perfekt machte für dieses besondere Projekt, ist seine schiere Brillanz als Dramatiker wie auch als Drehbuchautor – nur wenige können in beiden Welten arbeiten und leben, aber genau ein solcher Autor war für WEST SIDE STORY gefragt. Steven und ich konnten uns keinen besseren vorstellen für die Übersetzung des Bühnenskripts für die große Leinwand, der gleichzeitig aber auch unbedingt noch die Elemente bewahren musste, die den Besuch der Theaterproduktion so denkwürdig machen.“

„Diese vier Männer (Leonard Bernstein, Arthur Laurents, Jerome Robbins, Stephen Sondheim) haben ein Meisterwerk für das Theater erschaffen“, meint Steven Spielberg. „Sie haben das Broadway-Musical neu definiert. Es war das erste Musical seiner Art, durch und durch originell. Niemand kann ein solches Ereignis einfach so wiederholen; es hat eine ganz besondere Magie. Wir haben das verstanden. Aber während wir das Meisterwerk ehren und alle Anstrengungen unternommen haben, seinen Ansprüchen gerecht zu werden, hofften wir auch, einen neuen Weg zu finden, die Energie anzuzapfen, die es so neu und frisch macht. WEST SIDE STORY ist geprägt von einer unglaublichen Selbstsicherheit, fühlt sich aber gleichzeitig unheimlich jung an. Und obendrein ist die Geschichte wahrhaftig – über Liebe und Leben und Tod. Ich wollte, dass sich jeder im Kreativteam als Teil eines Unterfangens fühlt, das die tiefschürfenden und wunderschönen Wahrheiten dieser Geschichte für ein Publikum von heute erzählt.“

„Als wir uns unterhielten, wurde mir bewusst, wie sehr Steven WEST SIDE STORY liebt“, berichtet McCollum. „Die Show ist, wie er sagte, Teil seiner DNS. Da spürte ich, dass dieser neue Film wirklich wahr werden könnte. Umso mehr, nachdem ich mit David Saint geredet hatte.“

David Saint ist Verwalter des Nachlasses von Arthur Laurents sowie der assoziierte Direktor der Broadway-Produktion von 2009. Er war ganz Ohr, als McCollum sich an ihn wandte, um mit ihm über eine Neuverfilmung zu sprechen.

„Arthur hatte immer gesagt, dass wir für eine neue Filmfassung niemanden bräuchten, der sich mit Bühnenmusicals auskennt. Wir würden dafür unbedingt ein Genie des Kinos benötigen“, sagt Saint. „Arthur fügte hinzu: Ich will einen Drehbuchautor, der die Essenz dessen, was ich geschrieben habe, respektiert, nicht die Einzelheiten. Er soll den Kuchen neu backen und nicht die Garnitur. Als wir also hörten, dass die Möglichkeit bestand, Steven Spielberg könnte interessiert sein, sagte ich: Na, da können wir ein Kreuz auf unserer Checkliste machen. Das ist ein Genie des Kinos! Und dass Tony Kushner – noch so ein Genie, das Arthur anbetete – das Drehbuch schreiben sollte! Als ich dann Jahre später Steven Spielberg gegenübersaß, um den Film zu besprechen, war ich völlig begeistert von ihm.“

Tatsächlich waren einige Jahre vergangen seit den ersten Gesprächen zwischen Spielberg und McCollum sowie McCollum und Saint. Zwischenzeitlich war das Projekt etwas ins Stocken geraten, bis das Thema einer neuen Verfilmung von WEST SIDE STORY in einem Treffen zwischen McCollum und Emma Watts, damals Produktionschefin von Twentieth Century Fox, zum Gespräch kam.

„Ich saß mit Emma zusammen, als wir auf WEST SIDE STORY zu sprechen kamen. Wir wussten, dass Steven daran interessiert war, es aber ein Problem mit den Rechten gab. Ich sagte, dass ich mir sicher sei, an die Rechte ranzukommen, wenn es Emma gelänge, ein Telefongespräch mit Steven zu ermöglichen“, sagt McCollum. „Emma hörte mir zu. Am folgenden Tag rief mich einer von Stevens Mitarbeitern an. Da wusste ich, dass wir auf dem richtigen Weg waren.“

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Info:
Titel: West Side Story
Originaltitel: West Side Story
Startdatum: 2021-12-09
Länge (min): 156 FSK: 12
Regie: Steven Spielberg
Darsteller: Ansel Elgort, Rita Moreno, Corey Stoll, Bryan D'Arcy James, Maddie Ziegler

Abdruck aus dem Presseheft