nima2Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 20. Januar 2022, Teil 4

Redaktion

Los Angeles (Weltexpresso) – „Ich hatte großes Interesse an einer Geschichte über Schicksal und Menschlichkeit. Stanton Carlisle ist ein Mann, dem alles Nötige an die Hand gegeben wird, um sein Leben zu verändern. Es gibt Menschen, die an ihn glauben, die ihn lieben und ihm vertrauen. Und doch sind sein Antrieb und seine eigene Hybris so stark, dass sie ihn davon abwenden." Regisseur Guillermo del Toro

Mit NIGHTMARE ALLEY wagt sich der visionäre Geschichtenerzähler Guillermo del Toro in die fesselndste düstere, mitreißende und realistische Welt – die Bilderwelt des Film noir. Der Film bewegt sich vom inneren Zirkel eines Reisezirkus in den 1930er-Jahren, ein Reich der Schocks und Wunder, in die Hallen des Reichtums und der Macht, wo Verführung und Verrat Zuhause sind. Im Mittelpunkt befindet sich ein Mann, der seine Seele für die Kunst der Täuschung, des Schwindels, des Trickbetrugs verkauft hat. Das ist Stanton Carlisle (Bradley Cooper), ein zielloser Gauner, der sich verwandelt in einen schillernden Showman und Manipulator, der so meisterhaft ist, dass er glaubt, er könne das eigene Schicksal austricksen. Indem er Stanton bei seinem schwindelerregenden Aufstieg begleitet, wirft Guillermo del Toro einen Blick auf den entfesselten American Dream, wie er aus der Kurve getragen wird.

Del Toros Film basiert auf William Lindsay Greshams fatalistischen Roman aus dem Jahr 1946 über ein charismatisches Schlitzohr, das von seinen unkontrollierten Ambitionen verzehrt wird. Del Toro fühlt sich wie selbstverständlich angezogen von der makabren und zutiefst menschlichen Welt der Karnevalsattraktionen; er empfand Greshams Roman als autobiographisch und wollte sich intensiver befassen mit den nicht klar definierten Abgrenzungen zwischen Illusion und Realität, Verzweiflung und Kontrolle, Erfolg und Tragödie. Er verstand die Geschichte als warnendes Beispiel für die düstere Seite des amerikanischen Kapitalismus.

Del Toro arbeitet bei NIGHTMARE ALLEY einmal mehr zusammen mit meisterlichen Handwerkern wie Kameramann Dan Laustsen, Szenenbildnerin Tamara Deverell, Kostümbildner Luis Sequeira und Editor Cameron McLauchlin. Der Film hat scharfere Kanten, als man es bislang von ihm gewohnt war, eine lupenreine Erzählung in der Hardboiled-Tradition über Verbrechen, Verrat und vernichtende Bestrafung. Trotz seiner dämmrigen Konturen bewahrt sich der Film eine mythische Qualität und eine bohrende Menschlichkeit, wie man es aus del Toros Klassikern wie PANS LABYRINTH („El laberinto del Fauno“, 2006) oder SHAPE OF WATER – DAS FLÜSTERN DES WASSERS („The Shape of Water“, 2017) kennt.

Del Toro sagt, dass es eine bewusste Entscheidung gewesen sei, sich als Filmemacher in neue Richtungen strecken zu wollen. „Dies ist der erste meiner Filme, der, obwohl er eine magische Atmosphäre besitzt, nicht manieriert oder stilisiert ist. Er spielt in einer Realität, die man sofort als solche erkennt und spürt“, meint er.

„NIGHTMARE ALLEY verabschiedet sich von den fantastischen Elementen, für deren Erschaffung Guillermo sich einen Namen gemacht hat“, fügt sein wiederholter Mitstreiter, Produzent J. Miles Dale, hinzu. „Aber in dieses neue Territorium bringt er all sein Können als Geschichtenerzähler und sein erstaunliches Gespür für Ausstattungsfragen mit. Letztendlich erzählt er die Geschichte eines Mannes, der getrieben wird von seinem eigenen Karma. Eines der eindruckvollsten Themen des Films zeigt auf, dass kein Mann vor sich selbst entkommen kann.“

Innerhalb von NIGHTMARE ALLEY finden sich brodelnde Abstufungen von Korruption, Laster, Verrat und kosmischer Absurdität, die sich in dem Maße immer weiter steigern, in dem Stanton lernt, auf zynische Weise das menschliche Bedürfnis auszunutzen, an etwas außerhalb von sich selbst und unserer Welt zu glauben. Del Toro vermeidet die typischen visuellen Aspekte des Noir, treibt die Geschichte gnadenlos voran, während Stantons Leben grauenvollen Kreis zu beschrieben beginnt. Der Filmemacher erklärt: „Ich wollte eine klassische Geschichte auf eine sehr lebendige und zeitgemäße Weise erzählen. Ich wollte, dass der Zuschauer sich in einer Geschichte befindet, die unmittelbar mit unserer Welt zu tun hat.“

Mit seinem greifbaren Realismus erhält der Film die Dringlichkeit einer Geschichte mit einer moralischen Botschaft, eine Ballade über ein Schicksal, das sich erfüllt, so strukturiert, dass sie mit einem lauten Knall endet. „Wenn sich das Publikum mit dem Aufstieg einer Figur identifiziert, dann ist seine größte Angst der Absturz, und dieser Absturz kann starke Emotionen hervorrufen“, sagt Guillermo del Toro.

Cate Blanchett, die eine Art umgekehrte Femme fatale mit einer Mischung aus Stärke und schwelender Hitze spielt – die brillante, rächerische Psychoanalytikerin Dr. Lilith Ritter -, fühlte sich angezogen von diesen Emotionen. Sie sieht die Geschichte als warnendes Beispiel, die ebenso Klassenbewusstsein besitzt wie ein Gespür für psychologische Dämonen und in der gezeigt wird, wie Verachtung und knebelnde Furcht alles vernichten kann, selbst die Liebe.

„In NIGHTMARE ALLEY geht es um Furcht, um Gier, um Manipulation. Der Film hat eine dunkle Untermauerung, wenn er uns etwas zeigt, das wie eine sehr wohlerzogene Gesellschaft erscheint. In der Welt des Zirkus mag es so etwas geben wie Tricks und Täuschung, aber man spürt doch das pochende Herz einer echten Gemeinde. Die oberen Zehntausend sind es in diesem Film, die viel bedrohlicher und erschreckender erscheinen“, fügt Blanchett hinzu.

Der ambitionierte Dreh begann Anfang 2020 mit einem namhaften Ensemble mit Stars wie Cooper, Blanchett, Toni Collette, Willem Dafoe, Richard Jenkins, Rooney Mara, Ron Perlman, Mary Steenburgen und David Strathairn. Im März des Jahres musste der Dreh aufgrund einer globalen Pandemie unterbrochen werden, während die Außenwelt von einer ganz eigenen Finsternis ergriffen wurde. Inmitten wachsender Besorgnis setzten sich del Toro, Dale und Cooper zusammen, riefen das Studio an und ließen die Crew noch am selben Abend wissen, dass man die Arbeit am Film mit sofortiger Wirkung abbrechen würde. „Wir hatten keine Ahnung, wie lang die Unterbrechung dauern würde – Tage, Wochen, Monate -, aber aus Gründen der Sicherheit blieb uns keine andere Wahl.“ Und doch fühlten sich alle Beteiligten dem Projekt weiterhin unbedingt verpflichtet. „All die Kulissen, Dekors, Requisiten und Scheinwerfer blieben genau sechs Monate unberührt in dem dunklen Studio, bis wir Mitte September weitermachen konnten“, berichtet Produzent Dale. „Der Jahrmarkt, der bereits fast fertig aufgestellt war, war im Frühjahr und Sommer in Sonne und Regen auf authentische Weise gealtert. Wir haben genau da weitergemacht, wo wir aufgehört hatten.“

Die Zwangspause trug dazu bei, dass del Toro den Bogen von Stanton Carlisles Reise in Richtung Abgrund noch klarer fühlen konnte. „Während dieser Zeit konnte das Projekt tatsächlich noch tiefer in uns einsinken, und wir waren in der privilegierten Lage, die Figuren noch genauer zu analysieren und mit dem Schnitt des bereits Gedrehten zu beginnen“, berichtet er.
 
Foto:
©Verleih

Info:
Regie: Guillermo del Toro
Drehbuch: Guillermo del Toro, Kim Morgan
Basierend auf dem Roman von William Lindsay Gresham
Produziert von Guillermo del Toro, p.g.a., J. Miles Dale, p.g.a., Bradley Cooper, p.g.a.
mit: Bradley Cooper, Cate Blanchett, Toni Collette, Willem Dafoe, Richard Jenkins, Rooney Mara, Ron Perlman, Mary Steenburgen, David Strathairn
Deutscher Kinostart: 20. Januar 2022
Im Verleih von Walt Disney Studio Motion Pictures GmbH