wain2Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 21. April 2022, Teil 2

Redaktion

Berlin (Weltexpresso) - Der Filmemacher Will Sharpe, der bei DIE WUNDERSAME WELT DES LOUIS WAIN als Regisseur und Koautor fungiert, fand die inspirierende Art und Weise von Wains außergewöhnlichem Leben und die Herausforderung, einen Ausdruck für seine innere Welt zu finden, am aufregendsten. „Ich hatte sofort einen Draht zu seinen Bildern, die gespickt sind mit Humor und köstlichen kleinen Details über den Alltag, aber manchmal auch Rastlosigkeit und Sorge, bisweilen gar Traurigkeit, durchschimmern ließen“, merkt Sharpe an. „Ich wollte das Wesen dieser Bilder – die wilden Farben und Formen, die lustigen Tableaus, selbst die psychedelischen Elemente – übernehmen.

Je mehr ich über sein Leben las, desto mehr war ich berührt von seinem Mut angesichts vielfältiger Herausforderungen und wie heroisch er sich gegen
die Unwägbarkeiten des Schicksals stemmte. Es fühlte sich wie ein episches Leben an, eine Odyssee. Ich wusste, dass sich darin eine Geschichte finden ließ, die ermutigend, erhebend, zukunftsweisend und hoffentlich nachvollziehbar sein würde.“

Bei der Entwicklung des Drehbuchs legte Sharpe den Fokus besonders auf die Liebesgeschichte zwischen Wain und seiner Frau Emily. „Ich fand die Liebesgeschichte mit ihrer etwas ungewöhnlichen Entstehung und ihrem auf den ersten Blick unglücklichem Verlauf barg etwas Wunderschönes in sich.“  „Dass Louis Bekanntschaft mit Emily schloss, als sie eine Gouvernante seiner Schwestern war, und sie in der Folge eine sehr kontroverse Beziehung und anschließend Ehe hatten, schien mir als Spiegel der starken Gefühle, die sie füreinander hatten“, fährt er fort. „Sie mussten sich gegen die Konventionen stemmen. Es herrschte bestimmt großer Druck, dass sie nicht beisammen sein sollten.“

Weil seine Frau schon so früh in seinem Leben starb, geht es in der Geschichte von Louis Wain auch um Trauer, eine weitere Facette seiner Liebe zu Emily, die wiederum ein Katalysator für spätere Erkenntnisse in seinem Leben ist. „Trauer ist eines der Themen des Films, aber alles vereint sich unter dem Schirm der Liebe“, erklärt Sharpe. „Louis erkennt, dass der Grund für seinen alles verzehrenden Schmerz seine Liebe zu Emily war. Seine Liebe zu ihr und zu Peter hat ihm geholfen, die Liebe um ihn herum zu schätzen zu wissen – seine Freunde und Familie und die Menschen, denen seine Arbeit gefällt.“

Er sagt: „All das lässt sich als Liebe beschreiben, und ich wollte Emily als den Menschen darstellen, der ihm dabei half zu lernen, was das ist – damit es etwas für ihn gibt, womit er am Ende der Geschichte seinen Frieden machen kann.“ Die Geschichte von Louis Wain landete bei Will Sharpe dank der Produzenten Ed Clarke und Guy Heeley von Shoebox Film, die von dem Drehbuchautor Simon Stephenson unaufgefordert ein Exemplar von dessen Drehbuch THE NINE LIVES OF LOUIS WAIN erhalten hatten. Das Drehbuch war 2014 auf der Brit List gelandet, eine Auswahl der besten nicht produzierten Bücher. 

„Simon hatte sich Louis‘ außergewöhnliche Lebensgeschichte vorgenommen und etwas Großartiges daraus gemacht“, erklärt Produzent Ed Clarke. „In vielerlei Hinsicht ist es eine unglaubliche Geschichte, zugleich wird man aber zutiefst bewegt von ihr.“ Clarke und Heeley gingen mit dem Drehbuch auch zu Adam Ackland und Benedict Cumberbatch und ihrer Produktionsfirma SunnyMarch, weil ihnen klar war, dass es für Louis Wain keinen besseren Schauspieler
geben würde als Cumberbatch. „Als wir mit den Jungs von Shoebox sprachen“, erinnert sich Produzent Adam Ackland, „sagten sie uns, sie hätten ein wunderbares Drehbuch in petto mit einer großartigen Hauptrolle für Benedict, ob wir es nicht lesen wollten. Sie sagten, dass es nicht so einfach wäre, die Geschichte knackig auf den Punkt zu bringen, sie uns aber verraten könnten, dass es ein historischer Stoff mit Katzen sei.“

Ackland und Cumberbatch liebten diesen historischen Stoff mit Katzen. „Die Geschichte von Louis traf uns mitten ins Herz“, sagt Cumberbatch, der es sich nicht entgehen lassen wollte, diese eigenwillige Figur zu spielen. „Seine Kunst war es, die ganz direkt zu mir sprach. Auf eine sehr zarte Weise fand ich ihn auch unglaublich überzeugend. Und mir gefiel, dass er so talentiert war und wie er mit den vielen Schicksalsschlägen umging. Seine ganze Reise ist außergewöhnlich.“

Angesichts der Ereignisse in Wains Leben, der Emotionen, die sie auslösten, und der Auswirkung, die sie auf sein geistiges Wohlbefinden hatten, war den Produzenten bewusst, dass sie es mit Material zu tun hatten, das mit Sensibilität und einer gewissen Zurückhaltung angegangen werden musste. Ihre Wahl fiel auf Will Sharpe, dem sie die Entwicklung eines neuen Drehbuchs und die Inszenierung anvertrauten. „Wir waren begeistert von der Arbeit, die Will bei Flowers geleistet hatte“, sagt Ackland. „Wir wussten, dass Will ein besonders gutes Gespür besitzt, wenn es um Geschichten geht, in denen Trauer eine Rolle
spielt. Er versteht es, dunklere Farben einzuarbeiten, Geschichten gleichzeitig aber auch mitreißend zu erzählen, mit einem gewissen sympathischen Humor. Mit Wills Hilfe erhielten wir ein wunderbares Drehbuch.“

Sharpes beeindruckendes Drehbuch tauchte noch tiefer in Wains Geschichte ein. Immer noch geht es auch um seine Rolle, die Bedeutung von Katzen als Haustiere hervorzuheben, aber genauso konzentrierte er sich auf eine Auseinandersetzung mit intensiver Liebe, Verlust und überwältigender Trauer. Er wollte keine traditionelle historische Filmbiografie drehen.

Benedict Cumberbatch erklärt: „Eines unserer erklärten Ziele bei der Übersetzung von Louis Wains Leben in filmische Form war es, die lineare Vorstellung davon, was man gemeinhin als Biopic ansieht, in Frage zu stellen. Man könnte das mit niemand besser umsetzen als Will Sharpe, der das Gewünschte vollbringt mit Charme, Witz, Raffinesse und einem Sinn fürs Jetzt. Er hat eine Welt erschaffen, die der damaligen Zeit entspricht, aber auch für ein Publikum von heute absolut nachvollziehbar ist.“

Es gibt viele Aspekte in Wains Geschichte, deren Echo man noch heute hören kann. Sein Kampf um seine geistige Gesundheit ist beispielsweise ein Teil seines Lebens, der erst in den letzten Jahren ein wichtiges Thema in unserer Gesellschaft geworden ist. Ein modernes Publikum begreift diese Problematik definitiv besser als die Menschen damals. Ärzte und Spezialisten stellen seit Jahren Theorien über das Wesen von Wains Geisteskrankheit auf. Einer
von ihnen sieht Zusammenhänge zwischen der Entwicklung von Wains künstlerischem Stil mit seinen eigenen Überlegungen über Schizophrenie. Wain wurde lang als schizophren diagnostiziert, aber Fortschritte in der Untersuchung von seelischer Gesundheit weisen darauf hin, dass er an einer ganzen
Reihe von Störungen litt.

Was auch immer der Wahrheit entsprechen mag, die Filmemacher ließen größte Vorsicht walten, wenn es um die Darstellung der seelischen Verfassung von Louis Wain ging. Produzent Guy Heeley erklärt: „Wir stimmten völlig mit Will überein, dass wir keinen Film machen wollten, in dem der geistige Gemütszustand
der Hauptfigur im Mittelpunkt steht. Das ist etwas, womit er auf seinem Weg fertig werden muss – da geht es ihm nicht anders als vielen anderen Menschen, die sich leider damit herumschlagen müssen. In der Gesellschaft ist geistige Gesundheit ein Thema, das immer offener behandelt wird. Aber wir maßen uns
nicht an zu behaupten, wir wüssten, an welcher Geisteskrankheit – oder Geisteskrankheiten – er nun tatsächlich litt. Wir halten fest, dass er litt.“

Beim Recherchieren von Wains Texten fielen Sharpe unzusammenhängende Gedanken auf, er merkt aber auch an, dass er in seiner Rolle als Autor und Regisseur nicht übermäßig diagnostisch vorgehen wollte: „Meine Aufgabe war es, die Geschichte seines Lebens zu erzählen anhand meiner Recherchen. Ich wollte ihn durchdringen, mit ihm fühlen und mit Hilfe seiner Texte besser verstehen, wie es in ihm aussah und seine Gedankengänge nachzuvollziehen.“

Wain war ein Mann zahlreicher Interessen und Talente. Neben seiner Leidenschaft für die Malerei war seine Faszination für Elektrizität besonders ausgeprägt. Weil man ihn vor allem wegen der Popularität seiner erfolgreichen Katzenbilder kennt, wird sein Interesse an der Wissenschaft bisweilen ausgeblendet.
Für Sharpe war diese Begeisterung aber fast so etwas wie ein Wegweiser durch die Geschichte: Sein Held hat ein ganz besonderes und intensives Verhältnis zu dem, was er als „Elektrizität“ empfand.

„Ich fand es interessant, dass Louis eine ganz eigenartige Faszination mit einer Idee von Elektrizität‘ hegte“, merkt Will Sharpe an. „Für ihn war das die Bezeichnung für eine Art Kraft in der Atmosphäre, die er manchmal als etwas Gutes, manchmal aber auch als etwas Schlechtes empfand – als etwas so Schlechtes in der Tat, dass es ihn möglicherweise krank machte.“ Er fährt fort: „Er schien ganz offensichtlich ein Mann zu sein, der zu verstehen versuchte, warum sich die Welt manchmal auf eine gewisse Weise anfühlte – jemand, der, wie ich vermute, das Leben zu verstehen versuchte. Ein entscheidender Durchbruch für mich war die Erkenntnis, dass wir sein Streben, ‚Elektrizität‘ zu verstehen, unmittelbar mit der Liebesgeschichte im Mittelpunkt des Films zu verbinden.“

Cumberbatch spiegelt Sharpes Ansicht wider: „Louis war im Verlauf seiner Karriere besonders fasziniert von Wissenschaft und Elektrizität. Für den Film ist das ungemein wichtig. Uns geht es nämlich auch um gewaltige Themen wie Zeit und soziologische Fragen und natürlich seelische Gesundheit, und doch steht im 
Zentrum eine unglaubliche Liebesgeschichte. Man verliebt sich in Louis und man verliebt sich in Emily und in ihre Beziehung, auf deren Schultern der gesamte Film ruht. Ich denke, Louis ist eine Figur, die jeder Schauspieler gerne spielt."

Foto:
©Verleih

Info:
STAB
Regie WILL SHARPE
Drehbuch SIMON STEPHENSON UND WILL SHARPE
basierend auf der Geschichte von SIMON STEPHENSON

BESETZUNG
Louis Wain BENEDICT CUMBERBATCH
Emily Wain CLAIRE FOY
Caroline Wain ANDREA RISEBOROUGH
Sir William Ingram TOBY JONES
Josephine Wain SHARON ROONEY
Claire Wain AIMEE LOU WOOD
Marie Wain HAYLEY SQUIRES
Felicie Wain STACY MARTIN
Mrs Wain PHOEBE NICHOLLS
H.G. Wells NICK CAVE
Narrator OLIVIA COLMAN

Abdruck aus dem Presseheft