Drucken
Kategorie: Film & Fernsehen

Die Lange Oscar-Nacht im Deutschen Filmmuseum Frankfurt, Teil 1

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Stimmt. Allem Anfang wohnt ein Zauber inne. Als im letzten Jahr das Filmmuseum passend zur Oscar-Ausstellung, die 85 Jahre Oscar feierte, die nächtliche Übertragung aus Hollywood zum ersten Mal durchführte, waren wir alle gespannt, wie das wird. Es wurde so, daß nun beim zweiten Mal schon 400 Besucher die Nacht miteinander vor den inzwischen drei Leinwänden verbrachten. Und alles lief absolut professionell ab.

 

Das Filmmuseum macht das aber auch wirklich unterhaltsam. Das Entscheidende aber ist, die Gäste machen mit. So bunt wie in dieser Nacht, die offiziell um 23 Uhr begann, geht es selten zu. Außerdem ist die Mischung von schon angegraut und noch blutjung hinreißend. Und es sind nicht nur die Alten, die im kleinen Schwarzen für den Mann und im Abendkleid für die Frau erscheinen. Zu lustig, wenn man – auch wenn diesmal Frühling herrschte – die Hochhackigen gegen dicke Winterstiefel tauscht und sich bei den Schließfächern dezent umzieht, auch was, auszieht. Morgens, es war gerade sieben, dann in umgekehrter Reihefolge. Andere hatten die Stiefel oder Turnschuhe die ganze Nacht getragen und ihre Pullover sahen sowieso so aus, als hätten sie schon Tage darin geschlafen.

 

Das gemeinsame Aufbleiben in der Nacht schafft etwas Verbindendes. Das merkte man die ganze Nacht hindurch. Wobei es schon Unterschiede darin gibt, daß die einen als ausgefuchste Filmfreaks überhaupt nicht von der Übertragung losgeeist werden können, wir vermuten einmal stark, wir gehören leider dazu, weder wenn es ab drei Uhr Frühstück gibt – schon wieder waren wir zu spät! Zwar gab es diesmal auch morgens noch Sandwich und Kuchen sowie Obst, aber der Kaffee, der war im Nu alle – noch wenn im Spättermin eine Oscar-Themenführung durch die Dauerausstellung FILMISCHES ERZÄHLEN stattfindet.

 

Los ging es mit Filmmusik, wo Antje-Maya Hirsch aufspielte, parallel zum Großen Oscar-Tipspiel, wo immerhin ein Lufthansa-Flug für zwei Personen nach Los Angeles zu gewinnen war. Bis zwei Uhr konnte man sich auch verschönern lassen – ein Gratis-Styling in der Glamour Look Lounge läßt nur den schalen Beigeschmack zurück, warum das alles immer auf Englisch ausgedrückt wird. Nimmt man aber diese ganze Oscar-Nacht, wo es außer bei der Prämie für den besten Auslandsfilm immer nur um englischsprachige Filme, Drehbücher, Regisseure und Schauspieler geht, wir aber alle so tuen, als würde mit dem Oscar die Weltauszeichnung verliehen werden, sozusagen wie Weltmeisterschaften oder Olympische Spiele, nimmt man das alles ernst, was wir und noch dazu mit Spaß mitmachen, dann merkt man erst, wie amerikanisch wir alle selbst geworden sind.

 

Warum übrigens haut keinen ein deutscher Filmpreis vom Hocker und auch kein europäischer? Vielleicht üben wir mit dem Oscar und machen dann selber mal was, wäre ein ernstgemeinter Vorschlag. Aber jetzt geht’s um die Oscars und das Ausfüllen des Oscar-Orakels grassierte durchs Haus. Wer am Schluß die besten Tips hatte, wir wissen es wieder nicht, bewundern aber den, der Pythia gleich, als Priesterin von Delphi des Apollons Prophezeiungen wahr werden läßt. Was ein schlechter Vergleich ist, den die Pythien mußten jungfräulich sein, was wir den Besuchern dieser Oscar-Nacht nun ganz und gar nicht wünschen oder gar vorschreiben möchten.

 

Schwarz und Gold sind die Oscar-Farben und so empfing einen auch das wirklich schöne und geräumige Foyer des Filmmuseums, wo diesmal noch mehr Sitzreihen als das letzte Mal hingestellt wurden, wobei es einige Standfeste gibt, die viel lieber an den runden Tischen gleich am Anfang stehen. Die Sitzfesten allerdings, die trifft man dann doch unten im Kino. Diesem schönen warmen roten Kino, wo diese Nacht das Licht sehr hell anblieb. Oder war das auch im letzten Jahr so, wo uns unsere Erinnerung auf jeden Fall vorgaukelt, es sei im Saal verdunkelt gewesen. Dann sieht man diejenigen nicht so, die dann doch mal ein Auge oder auch zwei zudrücken. Ist ja erlaubt. Wobei im Kino, nach einigen Entscheidungen, dann immer eine Kommentierung erfolgt und auch der Vergleich mit dem hauseigenen Tip. Im letzten Jahr hatte Michael Kinzer 19 von den insgesamt 24 Oscargewinnern richtig vorausgesagt. Diesmal durfte er in Hollywood seine Vorhersage direkt überprüfen. Aber ehrlich gesagt, lag er auch diesmal mit 18 Richtigen erstaunlich gut. Denn bei der Vorhersage geht es ja nicht um Tatsachen oder gar Bestenauslese, sondern am allermeisten um die Psychologie, nämlich wie man ehrenvoll die Oscars unterbringt.

 

Wie geschickt dies insgesamt gehandelt wurde, wollen wir bei den Preisen selbst thematisieren. Hier für das Filmmuseum bleibt noch, daß es auch im ersten Stock eine Übertragung gegeben hat. Aber im Unterschied zum letzten Mal, wo wir durchs ganze Haus hoch und runter uns bewegten, haben wir uns jetzt schon wie die Erfahrenen verhalten und sind gleich zu unseren Plätzen im Kino. Denn, einen Sitz, den man hat, hat man, was bei rund 400 Leuten ja keine Selbstverständlichkeit ist. Fortsetzung folgt.

 

www.deutsches-filmmuseum.de

www.deutsches-filminstitut.de