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Kategorie: Film & Fernsehen
Hallelujah1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 17. November 2022, Teil 10

Margarete Ohly-Wüst

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Leonard Cohen wurde 21.09.1934 in eine reiche englisch-sprechende jüdische Familie in Montreal geboren und wuchs dort auch auf. Er starb am 7.11.2016 in Los Angeles. Er war nicht nur als Sänger und Songschreiber, sondern auch als Schriftsteller, Dichter und Maler bekannt.

Die beiden Regisseure Daniel Geller und Dayna Goldfine haben jetzt eine Dokumentation erstellt, die mit dem letzten Konzert Leonard Cohens am 21.Dezember 2013 mit seinem wohl bekanntesten Song ″Hallelujah″ beginnt. Sie konnten dabei auf vorher nie gezeigte Materialien des Cohen-Trusts zurückgreifen, wie Cohens persönliche Notizbücher, Tagebücher und Fotos,  Filmmaterial von großartigen Auftritten sowie äußerst seltene Audioaufnahmen und Interviews. Inspiriert wurden die Regisseure durch das Buch von Alan Light The Holy or the Broken: Leonard Cohen, Jeff Buckley & the Unlikely Ascent of Hallelujah (2013). Das Material zur Dokumentation wurde 2014 kurz vor seinem 80. Geburtstag von Leonard Cohen selbst zur Produktion freigegeben.

Leonard Cohen war schon über 30 Jahre alt als als er anfing Songs zu schreiben und 1967 sein erstes Album veröffentlichte. Er hatte sich allerdings bereits in seinem Heimatland Kanada mit Gedichten und Romanen einen Namen gemacht und war mit dem Roman Beautiful Losers (1966) als Buchautor auch International bekannt geworden.

Hallelujah2″Suzanne″ war sein erster Song, der 1966 vor allem durch die amerikanische Folksängerin Judy Collins bekannt wurde und der 1967 auf seinem Album Songs of Leonard Cohen erschienen ist. ″Suzanne″ gilt auch heute noch nach ″Hallelujah″ als Leonard Cohens am meisten gecoverter Song.

In den nächsten Jahren veröffentlichte Cohen einige Alben, die nicht alle erfolgreich waren, darunter im November 1977 als fünftes Studioalbum Death of a Ladies’ Man, bei dem es Differenzen mit dem Produzenten Phil Spector gab und das Cohen später in einem Interview als Katastrophe bezeichnet hat.

1984 wollte Leonard Cohen das Album Various Positions bei Columbia veröffentlichen. Doch nachdem Walter Yetnikoff, der Boss von Columbia Records das schon fertige und auch bezahlte Album abgelehnt hat, wurde es 1986 bei einem kleinen Label namens Passport Records veröffentlicht. Darauf befindet sich ein Song, an dessen Text Cohen etwa 5 Jahre lang und über 150 Versen geschrieben hat - ″Hallelujah″.

Öffentlich wurde das Lied erstmals von Bob Dylan bei einem Auftritt 1988 in Montreal gesungen, danach wurde es - mit verändertem Text - von John Cale ebenfalls bei einen Live-Konzert mit Klavierbegleitung - vorgetragen. Cale hat das Lied dann 1991 in ein Tribute-Album aufgenommen. John Cale hat dabei die persönlichen und religiösen Teile des Textes entfernt. Auch als der damals noch unbekannte Jeff Buckley ″Hallelujah″ für sein Debütalbum Grace 1994 als Coverversion aufnahm, wurde der Song vor allem bei Insidern wahrgenommen, obwohl Buckleys Version als die bis heute unerreichte, ätherische Meisterversion des Liedes gilt. Jeff Buckley ist 1997 mit 30 Jahren ertrunken, bei dessen Tribut hat z.B. Bono ″Hallelujah″ interpretiert.

Zu einem Welthit wurde ″Hallelujah″ aber endgültig, als der Song in der Version von John Cale in dem Animationsfilm ″Shrek″ (2001) zu hören war, daneben kann man übrigens ″Hallelujah″ von Rufus Wainwright, der wiederum der Vater von Cohens Enkelin Viva ist, auf dem Shrek Soundtrack Album hören.

Inzwischen ist ″Hallelujah″ nicht nur Cohens mit Abstand bekanntester Song, sondern es gibt inzwischen auch mehr als 100 Versionen, die von anderen Musikern gecovert wurden. Daneben ist es regelmäßig bei Casting-Shows, Hochzeiten, Beerdigungen und Gedenkveranstaltungen zu hören, dies hing auch damit zusammen, dass Leonard Cohen selbst neue - und weniger religiöse und persönliche - Strophen gesungen hat.

Leonard Cohen selbst hatte sich 1993 in ein Buddhistisches Kloster zurückgezogen , auch - wie er selbst sagt - um vom Alkohol und Drogen runter zu kommen. 1999 hat er allerdings das Kloster auf dem Mount Baldy nahe Los Angeles wieder verlassen.

Mit über 70 Jahren musste Cohen wieder weltweit Konzerte geben, da er durch seine Assistentin um sein gesamtes Vermögen und auch um das Copyright seiner Lieder gebracht wurde. Er begann dann 2008 nach 15 Jahren erstmals wieder mit einer Tour und hatte danach ausverkaufte Konzerte auf der ganzen Welt. Die Tour endete am 24. September 2009 in Tel Aviv, Leonard Cohen war damals 75 Jahre alt und immer noch bereit in seinen Konzerten alles zu geben.

Nach der letzten Tournee 2013 nahm Leonard Cohen noch 3 weitere Alben auf. Er stirbt am 7. November 2016 kurz nach dem Erscheinen am 21. Oktober 2016 seines 14. und letzten Studioalbums You Want It Darker.
 
 
Hallelujah3″Hallelujah: Leonard Cohen, A Journey, A Song″ ist nach ″Moonage Daydream″ (über David Bowie) die zweite Musiker-Dokumentation, die in Deutschland innerhalb weniger Monate in die Kinos kommt. Zum Jahresende wird noch ″Ennio Morricone – Der Maestro″ in den Kinos zu sehen sein.

Die beiden Regisseure Daniel Geller und Dayna Goldfine haben sich für die hier besprochene Dokumentation fünf Jahre lang durch etwa 100 Stunden Archivmaterial und zusätzlich 70 Stunden an Audio-Aufnahmen durchgearbeitet.

Die Regisseure versuchten dabei das Leben Cohens anhand seines bekanntesten Songs ″Hallelujah″ darzustellen. Nach der Einführung haben sie den Film in vier Kapitel und einen Epilog unterteilt und zwar:
1. The Birth of a Songwrite
2. The Holy and the Broken
3. The Secret Chord
4. The Minor Fall the Major Lift
Epilogue

Es ist dadurch ein spannender Film entstanden, der sich vor allem mit zwei Themenschwerpunkten befasst: Leonard Cohens Musik und seinem jüdischen Hintergrund (den man ja auch in der Originalfassung von ″Hallelujah″ hören kann).

Cohen war sich dabei immer der mit seinem Nachnamen verbundenen religiösen Tradition bewusst - seine Vorfahren, die aus Litauen und Russland stammten, waren die Präsidenten der größten jüdischen Gemeinde in Montreal. Deshalb wurden neben vielen Musikaufnahmen und Interviews über seine Musik auch Szenen und Bilder über sein Verhältnis zur jüdischen Religion und auch zu sein Ausstieg, um sich einige Jahre buddhistischen Lehren zuzuwenden, in die Dokumentation aufgenommen.

Dabei wurden neben den Filmausschnitten, den Bildern und den Interviews mit Cohen selbst, viele weitere Interviews mit Mitarbeitern, Bekannten, Interviewpartnern, Produzenten oder Interpreten von Cohens Lieder geführt, wie z.B. Judy Collins, Rufus Wainwright oder Glen Hansard, die alle Cohen Songs gecovert haben.

Insgesamt ist mit ″Hallelujah: Leonard Cohen, A Journey, A Song″ den Regisseuren Daniel Geller und Dayna Goldfine ein spannender Film über Teile von Cohens jüdisch-buddhistische Lebensansichten und seine musikalischen Erfolge gelungen, der als Aufhänger den Hintergrund des Erfolgs von ″Hallelujah″ hat, der aber weit darüber hinausgeht. Es wurden allerdings keine Interviews mit Cohens Kinder Adam und Lorca oder deren Mutter Suzanne Elrod geführt und von seinen Lebensgefährtinnen nur mit der französischen Fotografin Dominique Issermann, der Cohen sein Studioalbum I’m Your Man (1988) gewidmet hat.

Auch wenn Leonard Cohen viele bekannte melancholisch gefärbte, poetische Songs geschrieben hat wie ″Suzanne″, ″Famous Blue Raincoat″, ″Bird on the Wire″, ″So Long, Marianne″ oder ″First We Take Manhattan″ und in seinen Liedern immer wieder existenzielle Fragen zu Liebe, Freundschaft, Lebenssinn, menschlichem Leid, Tod und Spiritualität thematisiert hat, ist vor allem ″Hallelujah″ und das Leben des Songwriters auf untrennbare Weise miteinander verbunden. Nicht nur für Fans von Leonard Cohens Musik lohnt es sich, die Dokumentation im Kino - in der Originalversion mit deutschen Untertitel – anzusehen.

Hallelujah4Zusatz 1: Bereits am 14. Oktober 2022 hat Sony Music Entertainment mit Leonard Cohen: Hallelujah and Songs from His Albums das erste Karriere-umspannende Album als CD veröffentlicht. Die Doppel-LP enthält folgende 17 Songs:
01. Hallelujah (Live at Glastonbury 2008) (7:34 Min)
02. Suzanne (3:51)
03. Bird on the Wire (3:29)
04. Famous Blue Raincoat (5:13)
05. Chelsea Hotel #2 (3:09)
06. Who by Fire (2:36)
07. Dance Me to the End of Love (4:41)
08. I'm Your Man (4:26)
09. Anthem (6:07)
10. The Future (6:43)
11. In My Secret Life (4:54)
12. Recitation w/ N.L. - A Thousand Kisses Deep (3:54)
13. Show Me the Place (4:10)
14. Come Healing (2:54)
15. You Got Me Singing (3:32)
16. You Want It Darker (4:45)
17. Thanks for the Dance (4:12)

Zusatz 2: Hier ist der Text der ersten 2 von 6 Strophen von Hallelujah vom Konzert Live at Glastonbury 2008 von der CD (vom Official Lyric Video):

Now I've heard there was a secret chord
That David played, and it pleased the Lord
But you don't really care for music, do you?
It goes like this, the fourth, the fifth
The minor fall, now the major lift
The baffled king composing Hallelujah

[Chorus]
Hallelujah, Hallelujah
Hallelujah, Hallelujah

Your faith was strong but you needed proof
You saw her bathing on the roof
Her beauty and the moonlight overthrew you
She tied you to a kitchen chair
She broke your throne and she cut your hair
And from your lips she drew thе Hallelujah

[Chorus]
Hallelujah, Hallelujah
Hallеlujah, Hallelujah

Foto 1: Leonard Cohen bei Aufnahmen in Lower Manhattan Mitte der 1980er Jahre © Prokino Filmverleih GmbH
Foto 2: Leonard Cohen und Judy Collins, New Port Festival 1967 © Prokino Filmverleih GmbH
Foto 3: John Cale, der mit seiner Coverversion 1991 den Grundstein für die beispiellose Erfolgsgeschichte des Songs "Hallelujah" legte © Prokino Filmverleih GmbH
Foto 4: Cover des Song Albums © Sony Music Entertainment

Info:
Hallelujah: Leonard Cohen, A Journey, A Song (USA 2021)
Englischer Titel: Hallelujah: Leonard Cohen, A Journey, A Song
Genre: Dokumentation, Musik
Filmlänge: ca. 100 Min.
Regie: Daniel Geller, Dayna Goldfine
Inspiriert durch das Buch von Alan Light The Holy or the Broken: Leonard Cohen, Jeff Buckley & the Unlikely Ascent of Hallelujah (2013).
Mit: Leonard Cohen, Larry "Ratso" Sloman, Adrienne Clarkson, Judy Collins, Clive Davis, John Lissauer, Nancy Bacal, Rabbi Mordecai Finley, Sharon Robinson, Glen Hansard, Bob Dylan, John Cale, Brandi Carlile, Myles Kennedy, Susan Feldman, Janine Nichols, Hal Willner, Shane Doyle, Steve Berkowitz, Joan Wasser, Vicky Jenson, Rufus Wainwright, Bathabile Mthombeni, Eric Church, Amanda Palmer, Regina Spektor u.a.
Verleih: Prokino Filmverleih GmbH
Im Vertrieb von Studiocanal
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 17.11.2022