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Kategorie: Film & Fernsehen

Deutscher Filmpreis 2014: "...und der Gewinner iiist daaas Kiiino!"

 

Hanswerner Kruse und Romana Reich

 

Berlin (Weltexpresso) - „Die andere Heimat“ von Edgar Reitz und „Das finstere Tal“ des Österreichers Andreas Prochaska haben nicht nur die Hauptpreise für die besten Filme, also die goldene und silberne Lola gewonnen, sondern auch zahlreiche Preise in anderen Kategorien. Der wahre Gewinner ist das Kino selbst, denn diese bildgewaltigen Filme sprengen jedes TV-Format und eignen sich nicht als „Kleines Fernsehspiel“.

 

Iris Berben, die Präsidentin der den Filmpreis vergebenden Akademie, hatte ja zuvor kritisch gemeint: „Tatsächlich werden zu viele Filme gemacht, die wie Fernsehen aussehen und nicht wie Kinofilme. Da sitze ich dann davor und denke: Wunderbares Fernsehspiel. Aber wo sind die Kinobilder, wo ist die Größe, wo ist das Wagnis?“

 

Gerade die beiden Gewinnerfilme erzählen mit herausragenden cineastischen Mitteln - wie Ton, Schnitt, Kostüme, Kamera usw. - ihre bemerkenswerten Geschichten. „Das finstere Tal“ sahnte dabei so richtig ab - und das ist besonders erfreulich, weil dieser spannende und ungewöhnliche Alpen-Western völlig im Rummel der letzten Berlinale unterging. Wie Django kommt ein Fremder in ein abgelegenes Tal, um Rache für das zu nehmen, was dort einst seiner Mutter angetan wurde. Dennoch endet der Film nicht blutrünstig, sondern das große Showdown wird eher augenzwinkernd erzählt.

 

Zum Glück für das Kino gingen sowohl das Sammelsurium von coolen Sprüchen in der unsäglichen Klamotte „Fack ju Göte“ (außer im undotierten Bereich „Besucherstärkster Film“) und die bewusst dilettantisch inszenierte Schmonzette „Love Staeks“ leer aus.

 

Ein kleiner Sieg für das Kino ist auch der Preis für den Besten Dokumentarfilm für Regisseur Arne Birkenstock für BELTRACCHI – DIE KUNST DER FÄLSCHUNG. Denn all zu viele zeigten sich empört, daß der Sohn des Strafverteidigers des Kunstfälschers, der ja zusammen mit seiner Frau eine wohlverdiente Gefängnisstrafe erhielt, dann auch noch einen Film darüber macht. Daß die Hauptpersonen sogar als nett und sogar sympathisch, wenngleich bauernschlau und naiv zugleich, dann im Film rüberkommen, hat die am meisten geärgert, deren eigentliche Ablehnung dem Thema selbst gibt: das der Kunsthandel sein Fett wegbekommt.

 

Daß ein Beltracchi überhaupt nur auf dem Boden einer übertriebenen Gewinnsucht mit Bildern, vor allem mit Gemälden von prominenten Malern möglich war, entlarvt der Film, ohne weiter groß darüber zu sprechen. Allein die unwidersprochene Aussage des Malers, daß er selbst nie persönlich die Riesenbeträge verlangt habe, sondern seine Fälschungen nur dem Kunsthandel anvertraute, der dann davon den größten Profit hatte, macht den Film auch zu einem gesellschaftlichen Ereignis. Wir hatten den Film sehr gelobt, weil wir ihn für frisch, informativ und witzig halten. Unsere Filmkritiken als Link weiter unten.  

 

Jördis Triebel, die Hauptdarstellerin aus „Westen“ weinte auf der Bühne, als sie die Lola für die beste schauspielerische Leistung erhielt. Im Publikum hatte Ihr Regisseur Christian Schwochow ebenfalls Tränen in den Augen, denn für ihn war die Auszeichnung eine späte Genugtuung: Sein großartiger Film, der die Ankunft einer aus der DDR ausgereisten Frau erzählt, wurde von der Berlinale abgelehnt. Unsere positive Filmkritik und das Interview mit Jördis Triebel weiter unten als Link.

 

Westen“ wird, wie viele der prämierten Filme, wohl spätabends im TV gezeigt werden, weil fast alle Filme von der Filmförderung oder den Sendern mitfinanziert wurden. Dazu forderte Iris Berben, dass diese Filme nicht „irgendwo in der Nachtschiene versteckt werden, sondern in der Prime Time laufen.“ Auch die Preisverleihung kam erst spät in der Nacht ins ARD-Programm und wohl nur wenige Zuschauer konnten den Schauspieler Jan Josef Liefers nach der Preisverleihung singen hören: „...Well, I almost fell for my Lola / Lo lo lo lo lola, lo lo lo lo Lola...“

 

 

Die Preisträger Deutscher Filmpreis 2014

 

Die Preisträger der I I I Preiskategorien des DEUTSCHEN FILMPREISES 2014 sind:

 

Bester Spielfilm in Gold

 

DIE ANDERE HEIMAT

 

 

Bester Spielfilm in Silber

 

DAS FINSTERE TAL

 

 

Bester Spielfilm in Bronze

 

ZWEI LEBEN

 

 

 

Bester Dokumentarfilm

 

BELTRACCHI – DIE KUNST DER FÄLSCHUNG

 

 

 

Bester Kinderfilm

 

OSTWIND

 

 

 

Bestes Drehbuch

 

Edgar Reitz, Gert Heidenreich

 

 

Beste Regie

 

Edgar Reitz

 

 

Beste darstellerische Leistung – weibliche Hauptrolle

 

Jördis Triebel WESTEN

 

 

Beste darstellerische Leistung – männliche Hauptrolle

 

Dieter Hallervorden SEIN LETZTES RENNEN

 

 

Beste darstellerische Leistung – weibliche Nebenrolle

 

Sandra Hüller FINSTERWORLD

 

 

Beste darstellerische Leistung – männliche Nebenrolle

 

Tobias Moretti DAS FINSTERE TAL

 

 

Beste Kamera / Bildgestaltung

Thomas W. Kiennast DAS FINSTERE TAL

 

 

Bester Schnitt

Hansjörg Weißbrich ZWEI LEBEN

 

 

Bestes Szenenbild

Claus Rudolf Amler DAS FINSTERE TAL

 

 

Bestes Kostümbild

Natascha Curtius-Noss DAS FINSTERE TAL

 

 

Bestes Maskenbild

Helene Lang, Roman Braunhofer DAS FINSTERE TAL

 

 

Beste Filmmusik

Matthias Weber DAS FINSTERE TAL

 

 

Beste Tongestaltung

Dietmar Zuson, Christof Ebhardt, Tschangis Chahrokh DAS FINSTERE TAL

 

 

Ehrenpreis

Helmut Dietl

 

 

Besucherstärkster Film

FACK JU GÖHTE

 

 

 

Entsprechende Artikel in Weltexpresso:

 

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http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kino/2739-westen

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kino/2740-im-gespraech-mit-joerdis-triebel-und-christian-schwochow