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Kategorie: Film & Fernsehen

Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 26. Januar 2012, Teil 1

Romana Reich


 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es passiert gar nicht so selten, daß das Kino sich selbst zum Thema macht in seinen Filmen. Das ist in diesen Wochen potenziert, wo zwei große Filme wie HUGO CABRET in der letzten Woche und nun THE ARTIST in Deutschland anlaufen, aber auch Regisseurbekenntnisse eine Rolle spielen und ein großer Regisseur einen blödsinnigen Tod stirbt. Der Ausspruch, daß etwas „wie im Kino sei“ gilt für THE ARTIST auf wunderbare Weise.


THE ARTIST

Dieser Film gehört zu denen, bei denen Sie für Ihr Leben etwas verpassen, wenn Sie ihn nicht im Kino schauen, denn die große Leinwand gehört dazu, wenn auf ihr die Geschichte vom Stummfilm und dem Aufstieg eines Stars und plötzlichen Fall durch das Ende der stummen Filme erzählt wird. Auf eine so unaufdringliche, sinnliche, die Tragik immer wieder überspielende und aushebelnde Weise, daß man ob dieser Filmleistung für Regie, Darsteller – wozu der kleine Hund namens Uggie gehört – und der Kamera einschließlich der Musik den Hut ziehen möchte.

Daß ein Franzose, Regisseur ist Michel Hazanavicius, dies überhaupt in Hollywood mit einem französischen Schauspieler, der George Valentin – stimmt: Stummfilmstar Valentino ist nicht weit, aber diese Verkörperung kann sich gleich auf mehrere bekannte Stummfilmstars beziehen – heißt und von Jean Dujardin mit Schwung, Noblesse und dezenter Sentimentalität derart gespielt wird, wie man es sich sinnvoller und schöner gar nicht vorstellen kann, daß also zwei Franzosen und die französische Schauspielerin Bérénice Bejo als Sternchen, das zum Star wird, dies in Hollywood finanziert bekamen, liegt schlicht daran, daß dieser Film nicht nur eine Hommage an die Stummfilme und ihre Stars, sondern auch eine an Hollywood ist.

Die Geschichte hier auszubreiten, lohnt nicht. Die ergibt sich von selbst, wenn einer auf der Höhe seiner Beliebtheit nicht zur Kenntnis nimmt, daß die Umstände sich ändern, er aber in der selben Manier des gemachten Mannes seine Rolle weiter spielt, die die Umwelt nicht mehr sehen will. Denn es ist nicht nur der Ton, der hinzutritt, sondern es sind auch neue Männer und Frauen, die nun den Tonfilm bestimmten. 1927 war das und wen das Kino nicht interessiert, aber die Geschichte oder die Mode, der müßte diesen Film auch anschauen, denn er ist ein wandelndes Lexikon über die Zeit, über das Damals.

Was der Film auch zeigt, ist, daß die Bezeichnung Schwarzweiß, die wir uns so angewöhnt haben, eigentlich unzulänglich ist. Keine bunten Farben sind zu sehen, das ist richtig, aber viel mehr als nur Schwarz oder Weiß. Die Schattierungen im Film, diese weichen Töne von Schnee bis zu mindestens 20 verschiedenen Grautönen, die sind so bildhaft, so eindringlich, so in die Tiefe von Gesichtern, Landschaften, Gebäuden dringend, daß man von dieser Welt erfüllt ist – und nichts vermißt.

Das war uns das eigentlich Überraschende, daß wir weder Ton vermißten, noch Farben. Sie hätten gestört. Die Filmmusik ist wunderschön und sicher als verbindendes Glied im Film wichtig, aber wir werden ohne Erklärungen durch das Geschehen begleitet, auch weil es sich auf dem Hintergrund unseres Wissens ereignet. Dies kann der Regisseur nutzen, um sehr elegant – der ganze Film ist so was von elegant, von den Darstellern, ihren Posen, ihren menschlichen Haltungen und dem Ambiente – auch die Rolle von Mann und Frau, von Schauspielern und ihren Bewunderinnen, von reichen Schauspielern und ihren geldsüchtigen Ehefrauen, von armen Schauspielern und den Frauen, die sie auch dann noch lieben, zu erzählen, daß es ein Rührstück hätte werden können, ein Schmachtfetzen, was dieser Film alles nicht ist.

Er ist im besten Sinne: Kino.

THE DESCENDATNS – FAMILIE UND ANDERE ANGELEGENHEITEN

Auch das ist Hollywood. Und auch hier haben wir eine veränderte Rolle, ein anderes Männerbild gegenüber denen, die er oft spielt: George Clooney. Er ist der Mann in Alexander Paynes neuem Film, der in Hawaihemd und unschönen Hosen den Ehemann gibt, dem die Welt abhanden kommt. Und das in Hawaii. Seine Ehefrau, die auch der Zuschauer soeben noch strahlend und schön auf Wasserskiern sah, liegt im Koma und es kommt heraus, daß diese einen Liebhaber hatte.

Schwer für den Familienvater, der nun nach dem Nebenbuhler fahndet, aber auch für seine halbwüchsigen Kinder zuständig sein muß. So was überfordert Männer. Der Film bekommt den Spagat zwischen Tragik und Komödie, zwischen dem Land der Freiheitssehnsucht Hawaii und dem Land des Todes in einer Schattenwelt gut hin, denn hinzu kommt eine Grundstücksspekulation, oder nein, eher eine reale Frage der Erhaltung der ursprünglichen Landschaft, wenigstens an einem Zipfel.

Schwer auch für einen reichen und gutaussehenden Mann, wen sich seine Frau als Liebhaber hielt. Aber dies und auch, wie das ausgeht, wenn Väter plötzlich Erziehung übernehmen müssen, sehen Sie im nächsten Kino.