Die Wettbewerbsfilme der 65. Berlinale vom 5. bis 15. Februar 2014, Teil 00
Claudia Schulmerich
Berlin (Weltexpresso) – Keiner spricht davon, daß man einst traditionell mit 65 Jahren in Rente ging. Das wäre bei der Berlinale auch noch schöner, die jedes Jahr vitaler und noch vielfältiger erscheint, wobei man immer erst nach der Sichtung der Hunderte von Filmen weiß, wie diese Berlinale war: sehr gut, mittelmäßig oder....
So oder so, die Jury waltet ihres Amtes, wobei mit der Vorstellung der Jury im Pressezentrum am ersten Festivaltag auch der Ernst der Veranstaltung beginnt, die von heute an allein im Wettbewerb 23 Filme aufbietet. Richtig lesen. Es geht hier nur um die Jury der Wettbewerbsfilme, denn die vielen anderen Programme haben je ihre eigenen Jurys. Unter dem Vorsitz von Darren Aronofsky entscheidet die Internationale Jury über die Vergabe des Goldenen und der Silbernen Bären im Wettbewerb der Berlinale 2015.
Die weiteren Jury-Mitglieder sind Daniel Brühl, Bong Joon-ho, Martha De Laurentiis, Claudia Llosa, Audrey Tautou und Matthew Weiner.
Die Fragen der Journalisten sind mal wichtig, mal belanglos und so fallen auch die Antworten der Befragten aus, die für manche im Rund noch nicht so bekannt sind. Das kann man sich eigentlich nicht vorstellen, ist aber so. Beispielsweise Claudia Llosa muß jeder kennen, der in den letzten Jahren hier anwesend war. Die Nichte des peruanischen Dichters Mario Vargas Llosa war im letzten Jahr mit ALOFT im Wettbewerb vertreten, einem dezent esoterischem Film, den wir mochten und sie gewann aus dem Stand mit LA TETA ASUSTADA 2009 den Goldenen Bären für den besten Film und damit auch erstmals einen internationalen Filmpreis für Peru. So wurde die Filmemacherin, die auch schreibt und als Produzentin arbeitet, nach dem Zustand des Kinos in Peru befragt, was sie dahingehend beantwortete, daß es unglaublich sei, was in ganz Lateinamerika sich filmisch in den letzten Jahren getan habe.
Das konnte Daniel Brühl auch ohne Frage gleich fortsetzen. Er kam spontan auf den in Deutschland schon angelaufenen Film aus Argentinien zu sprechen, RELATOS SALVAJES, auf Deutsch JEDER DREHT MAL DURCH, der in hinreißender Weise Lebenssituationen schildert, in denen Menschen außer sich geraten, was man bequem im Kinosessel sitzend besonders belachen kann. Ein wahrlich toller Film und nicht der erste richtig gute aus Argentinien. Daniel Brühl stand überhaupt im Mittelpunkt des fragenden Interesses und gab lakonisch zur Antwort, wie er die vielen Filme anzuschauen überstehen wolle: „weniger trinken“. Denn in der Tat ist die Berlinale für manchen der Feier nach den Premieren wegen gut, wer aber Filme anschauen, Filme besprechen muß, muß dann schreiben, wenn andere feiern.
Der Jury-Vorsitzende Darren Aronofsky bekam solch einfältige Fragen gestellt, wie die, wie die Diskussionsrunden in der Jury verliefen. Es gab noch gar keine, das Festival beginnt. Die Fragen nach den potentiellen Kriterien in der Jury bleiben lebendig, denn der Subjektive Faktor ist ausschlaggebend für das, was ein Jurymitglied als preiswürdig ansieht. Da spielte sich diese Jury auch nicht als angeblich objetiv auf, sondern betonte, sie wollten versuchen, völlig unvoreingenommen jedem der Wettbewerbsfilme volle Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Manche, wie Claudia Llosa, wollen vorher überhaupt nichts darüber lesen, sondern nur den jeweiligen Film auf sich wirken lassen. Andere wie Daniel Brühl haben sich durch Filme schauen auf die Jurytätigkeit vorbereitet, weil er auch einen Maßstab haben möchte, an dem er die Auswahl dieser Filme messen kann.
Darren Aronofsky wurde von einer chinesischen Journalistin auch befragt, ob er als Vorsitzender besonders viel zu sagen habe, die Entscheidungen also vorplane, was ihm Gelegenheit gab zu äußern, wir würden in Demokratien leben, wo jeder eine Stimme habe. Grundsätzlich allerdings ginge das gar nicht, überhaupt Filme miteinander zu vergleichen, genauso wenig wie man Äpfel mit Birnen vergleichen könne. Da die Welt über den Wettbewerb von Filmen aber mehr Filme anschaue und man um den eigenen subjektiven Faktor wisse, sei dann auch die Jurytätigkeit wieder möglich.
Klare Auftritte hatte Audrey Tautou, die unverblümt ihre Meinung sagte. Eben auch, daß sie nach ihren Anfängen, wo sie vernichtende Kritiken für ihr Spiel erhielt, überhaupt keine Kritiken mehr lese. Sie betonte am stärksten, daß sie hier keine negative Arbeit ausübten und andere niedermachten, sondern umgekehrt. Es geht nur um die Auswahl der Besten, was keine Herabwürdigung für die sie, die keinen Preis erhielten. Die Jury stimme nicht gegen einen Film, sondern am Schluß nach den Diskussionen für einen Film.
Verblüfft hörte man vom erfolgreichen Serienmann Matthew Weiner, er sei noch nie in Berlin gewesen, deshalb verblüfft, weil man denken könnte, die Film- und Fernsehamerikaner gäben sich in Berlin die Klinke in die Hand. So kommt es einem auch diesmal angesichts des Schauspielerregens, der täglich eintrifft vor. Fortsetzung folgt.