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Kategorie: Film & Fernsehen

Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. Mai 2015, Teil 3

 

Hanswerner Kruse

Berlin (Weltexpresso) – Die Menschen im Land Abchasien am Fluss unterhalb des Kaukasus reden nicht viel. Erst als nach 20 Filmminuten schwer bewaffnete, dumpf dreinblickende Soldaten an ihrer kleinen Insel vorbei schippern, fragt die Enkelin Asida (Mariam Buturishvili) ihren Opa Abga (Ilyas Salman): „Wer sind diese Männer?“

 

Nach einer Filmstunde reden sie zwei weitere Sätze über die Schule, in die das Mädchen morgens mit dem Boot fährt.

 

Die beiden versuchen in mühseliger Arbeit eine „schwimmende Insel“ fruchtbar zu machen, die sich im Frühjahr mitten im Strom aus angeschwemmter Erde gebildet hat. Der Fluss ist freies Gebiet, die Ufer werden von aggressiven Militärs aus Russland oder Georgien bewacht.

 

Der alte Mann pflanzt mit Hilfe des Mädchens Mais an und kämpft mit ihr gegen die Naturgewalten, denn die beiden wollen mit dem Verkaufserlös den Winter überleben. Eines Tages flüchtet sich ein angeschossener Soldat auf die Insel, der alte Mann liefert ihn nicht an die Verfolger aus. Das Mädchen ist sehr an diesem jungen Mann interessiert - einmal während des ganzen Films lacht sie, als sie ihm unvermittelt einen Eimer Wasser über den Kopf schüttet...

 

Mit sehr ruhigen Bildern und extrem langen Einstellungen erzählt der georgische Regisseur George Ovashvili diese kleine melancholische Geschichte, die ausschließlich auf der winzigen Insel spielt.

 

Von den persönlichen Hintergründen der Akteure oder den politischen Verhältnissen erfahren wir Zuschauer nichts. Der Filmemacher vertraut ganz auf die gewaltigen Bilder, mehr als ein Dutzend Sätze werden nicht gesprochen. Wir erleben lediglich die beiden Menschen mit ihrer differenzierten Körpersprache in den wechselnden Jahreszeiten auf ihrem Eiland, erst zum Schluss kommt der vermutlich desertierte Soldat dazu. Die mächtigen Naturbilder mit Wasserspiegelungen, Stürmen, wechselnden Wolken sowie viel Licht und Schatten machen den Film zu einem berührenden, archaischen Meisterwerk. Symbolisch und ganz ohne Pathos steht die Erzählung für Erwachen und Veränderung der Natur und der Menschen...

 

Viele der Filme, die sich derzeit in den Kinos drängeln, sind eher etwas für das TV-Format. „Die Maisinsel“ ist ein großartiger Film, der das Kino sehr ernst nimmt, und dessen exzellente Tableaus auf große Leinwände gehören.



INFO:

Die Maisinsel“ Georgien, Deutschland, Frankreich, Tschechien, Kasachstan 2014, 100 Minuten

Regie: George Ovashvili mit Mariam Buturishvili und Ilyas Salman