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Kategorie: Film & Fernsehen

Preise im Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele von Cannes, 16. bis 27. Mai 2012

 

Romana Reich

 

Berlin (Weltexpresso) – Zu den Besonderheiten der diesjährigen Festspiele gehören mindestens fünf Ereignisse: es sind die 65. Festspiele die als Jubiläum begangen werden, der Zeitpunkt wurde wegen der französischen Präsidentschaftswahlen um eine Woche nach hinten verschoben, das Wetter war naß und kalt wie zur Berlinale im Februar, es gab keine einzige Regisseurin bei den Wettbewerbsfilmen. und ein und dasselbe Thema wurde zum Mittelpunkt der meisten Filme: die Liebe.

 

Insofern paßt es ausgezeichnet, daß der Österreicher Michael Haneke – nach 2009 für den auch oscarnominierten Film DAS WEISSE BAND – erneut die Goldene Palme mit seinem Film LIEBE errang, zu dem man AMOUR sagen müßte, denn er ist auf Französisch gedreht und handelt vom Alter und Altern sowie Tod.. Dies führen Jean-Louis Trintignant, Emmanuelle Riva und Isabelle Huppert vor.Letztere spielte auch mit in dem südkoreanischen Beitrag DA-REUN NA-RA-E-SUH von Hong Sang-soo.

 

Haneke hatte Konkurrenz vom Landsmann Ulrich Seidel, dessen Paradiestrilogie mit PARADIES:LIEBE begann, wo vier ältere Damen auf gar nicht damenhafte Weise das tun, was Männer seit jeher versuchen: mit Geld Liebesdienste zu erkaufen. Und er hatte Konkurrenz von den 20 anderen Filmen, die im offiziellen Wettbewerb liefen, bei denen nicht immer ersichtlich war, weshalb sie ausgewählt waren und an denen auch deshalb Kritik geübt wurde, weil kein einziger Film einer Regisseurin dabei war – aus Deutschland oder der Schweiz übrigens auch keiner.

 

Den Großen Preis der Jury erhielt REALITY in der Regie von Matteo Garrone. Den Preis der Jury THE ANGEL'S SHARE von Ken Loach, der der absolute Lieblingsregisseur der Filmfestspiele von Cannes ist, denn er wurde schon elfmal mit einem Film eingeladen. Nächster ist Michael Haneke mit 6 Einladungen, Abbas Kiarostami und Alain Resnais mit 5 Einladungen und David Cronenberg mit vier. Diese Regisseure waren alle auch beim 65. Jubiläum dabei, wobei man Kiarostamis Beitrag LIKE SOMEONE IN LOVE eher dürftig fand und Cronenbergs COSMOPOLIS mit Robert Pattinson auf ein zwiespältiges Echo stieß.

 

Für die Beste Regie wurde der Mexikaner Carlos Reygadas für POST TENEBRAS LUX ausgezeichnet. Mads Mikkelsen wurde Bester Darsteller im Film JAGTEN von Thomas Vinterberg. Das ist deshalb erwähnenswert, weil man sich bei der diesjährigen Berlinale fragte, warum in dem dänischen Historienfilm, wo Mikkelsen den deutschen Arzt Struensee spielte, nicht dieser, sondern sein Kollege als Bester Schauspieler geehrt wurde. Im gewissen Sinn also Wiedergutmachung?

 

Als Bester Darstellerinnen wurden Cristina Flutur und Somina Stratan für den rumänischen Film DUPA DEALUN prämiert, dieser Film erhielt auch den Preis für das Beste Drehbuch. Sein Regisseur Christian Mungui ist wie Matteo Carrone, Ulrich Seidl, Thomas Vinterberg und Im Sang-soo zum zweiten Mal in Cannes eingeladen. Man muß in Cannes den gesamten Wettbewerb beachten, bei dem viele andere Preise für gesonderte Themen oder den Nachwuchs verteilt werden.

 

Insgesamt sind fast hundert Filme gezeigt worden und innerhalb des Wettbewerbes, aber außer Konkurrenz in Sondervorführungen auch HEMINGWAY & GELLHORN in der Regie von Philip Kaufman, wo Nicole Kidman eine mehr als kesse Sohle aufs Parkett legen soll, sowie IO E TE, wo Bernardo Berolucci Regie führt und THERES DESQUEYROUX mit Audrey Tautou, dem letzten Werk von Claude Miller, der 2012 verstarb. Dem Jubiläumsfestival wurde eine überdimensionierte Auswahl amerikanischer Filme vorgeworfen, die von den 22 Wettbewerbsfilmen tatsächlich aber 'nur' fünf ausmachen, dafür aber reihenweise in den anderen Programmen auftauchen. Was bis auf Korea völlig fehlt, sind die asiatischen Produktionen und afrikanische, so vorhanden.

 

Die Jury wurde vom Italiener Nanni Moretti angeführt, der gerade mit seinem Film HABEMUS PAPAM auch in Deutschland Triumphe feierte, obwohl nach den jüngsten Enthüllungen aus dem Vatikan, was Kammerdiener und Bankpräsidenten angeht, das Leben die filmischen Phantasien immer noch überflügelt. Die weiteren acht Jurymitglieder kommen aus den Bereichen Film und Mode. Es sind Hiam Abbass, eine israelisch-arabische Schauspielern, Raoul Peck, haitianischer Regisseur und Drehbuchautor, Alexander Peyne, US-amerikanischer Regisseur, der englische Darsteller Ewan McGregor und Andrea Arnold, englische Regisseurin, die französische Schauspielerin Emmanuelle Devos, der französische Modeschöpfer Jean-Paul Gaultier und Diane Kruger, deutsche internationale Schauspielern.