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Kategorie: Film & Fernsehen

Am Samstag, dem 7. 5. 2016, kommt um 22.30 Uhr auf Phoenix der Dokumentarfilm „Fritz Bauer – Tod auf Raten“ von Ilona Ziok

Alexander Martin Pfleger

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Demnächst ist es endlich so weit: Die Stadt Frankfurt am Main ehrt Fritz Bauer mit einer Gedenkplakette an seinem früheren Wohnhaus im Westend und mit einer Skulptur vor dem Gerichtsgebäude. Zuvor wird nun bereits zum zweiten und gewiß nicht zum letzten Mal in diesem Jahr Ilona Zioks preisgekrönter Dokumentarfilm „Fritz Bauer – Tod auf Raten“ von 2010 im Fernsehen gezeigt, der seine Weltpremiere auf der Berlinale im gleichen Jahr hatte.


Mit diesem Film wurde Fritz Bauer dem Vergessen entrissen, sozusagen wiedererweckt. Mehrere Bücher über ihn und vor allem zwei Spielfilme sowie ein millionenfach geschauter Fernsehfilm folgten ab 2014 - und es ist längst noch nicht Schluß. Und seine Schriften? Das Frankfurter Fritz-Bauer-Institut, das zwar nach wie vor Hervorragendes auf dem Gebiet der Holocaustforschung leistet, sich aber bezüglich seines Namensgebers seit einigen Jahren einer bizarren Boulevardisierungstendenz verpflichtet zu fühlen und insbesondere mit dessen politischem Vermächtnis nur wenig anfangen zu können scheint, hat es bislang versäumt, eine Gesamtausgabe der Schriften Fritz Bauers zuwege zu bringen – mit durchaus abenteuerlich zu nennenden Begründungen…

Aber gleichwohl ist man dort nicht untätig – man ist sogar übereifrig! Vor allem in der Beratung von Spielfilmprojekten sucht man offenbar neue Akzente zu setzen, um den Zuschauern den Menschen Fritz Bauer näher zu bringen – oder eben das, was man dafür hält: Fritz Bauer als gleichermaßen von Selbstzweifeln wie von Rachegelüsten getriebener Zwangsneurotiker und Homosexueller, dessen juristische Unternehmungen, insbesondere natürlich der Frankfurter Auschwitzprozess, weniger mit allgemeinen moralischen Erwägungen, als vielmehr mit persönlichem Geltungsdrang zu tun zu haben scheinen.

Aber auch darüber hinaus legt man im Fritz-Bauer-Institut einen wahrlich beachtlichen Fleiß an den Tag: Man ist bestrebt, in Rundschreiben an verschiedene Rundfunkanstalten die entsprechenden Verantwortlichen davon zu überzeugen, Ilona Zioks Dokumentarfilm „Fritz Bauer – Tod auf Raten“ besser nicht zu zeigen – zum Glück gibt es beim Fernsehen jedoch viel mehr Menschen, die ihr Gehirn zu benutzen wissen und sich und die Zuschauer lieber ihr eigenes Urteil bilden zu lassen bevorzugen, als man gemeinhin zu denken gewillt ist.

Wer sich also ein Urteil bilden möchte, der schalte am Samstagabend um 22.30 Uhr Phoenix ein!

Unser eigenes Urteil: Dieser Film stellt den politischen Fritz Bauer in den Mittelpunkt, ohne dabei den Menschen zu vernachlässigen – das aber ganz ohne zu „menscheln“! Auf diese Weise wird uns der Mensch Fritz Bauer hier auch wesentlich näher gebracht, als dies in den bisherigen fiktionalen Annäherungen an seine Biographie der Fall gewesen wäre.

 

Foto: ©  CV Films www.fritz-bauer-film.de


Info I:

Wer sich ernsthaft mit Fritz Bauer beschäftigen will, dem sei zudem insbesondere die Fritz-Bauer-Biographie von Irmtrud Wojak empfohlen, die gerade in einer Neuausgabe erschienen ist:

Irmtrud Wojak:
Fritz Bauer: 1903-1968. Eine Biographie
Broschierte Neuauflage
Verlag Buxus Edition, München 2016
615 Seiten, EUR 28.00 (DE), EUR 28.80 (AT)
ISBN: 978-3-9817614-0-5
EAN: 9783981761405

Gemeinsam mit Joachim Perels besorgte die Autorin im Jahre 1998 eine Auswahl der Schriften Fritz Bauers:

Fritz Bauer: Die Humanität der Rechtsordnung. Ausgewählte Schriften.
Herausgegeben von Joachim Perels und Irmtrud Wojak
Campus Verlag, Frankfurt am Main / New York 1998
Wissenschaftliche Reihe des Fritz-Bauer-Instituts, Band 5
440 Seiten, DM 48.00, sfr 46.00, S 350.00
ISBN: 3-593-35841-7

Angesichts der derzeitigen Politik des Fritz-Bauer-Instituts dürfte das auch für lange Zeit die umfangreichste Edition dieser Art bleiben.

Ein einzigartiger Zeitzeugenbericht liegt mit den gesammelten Artikeln Conrad Talers (Kurt Nelhiebels) über den Auschwitzprozess vor:

Conrad Taler: Asche auf vereisten Wegen. Berichte vom Auschwitz-Prozess.
Mit einem Beitrag von Irmtrud Wojak.
2., aktualisierte und erweiterte Auflage
PapyRossa Verlag, Köln 2015
Neue kleine Bibliothek Band 87
171 Seiten, 13.90 EUR
ISBN: 978-3-89438-263-6

Dieses Buch wäre insbesondere als Lektüre im Deutsch- und Geschichtsunterricht ideal dazu geeignet, jungen Menschen die Schrecken unserer Geschichte vor Augen zu führen – und Wege zu deren adäquater Aufarbeitung aufzuzeigen!

Schließlich sei auch die Dezemberausgabe 2015 des im Lucius Verlag erscheinenden Forschungsjournals „Soziale Bewegungen“ empfohlen, die einen umfangreichen Fritz-Bauer-Schwerpunkt mit zahlreichen wissenschaftlich hochstehenden und gewichtigen Beiträgen namhafter Autorinnen und Autoren beinhaltet.

Info II:

Am Samstag, dem 7. 5. 2016, um 22.30 Uhr auf Phoenix der Dokumentarfilm „Fritz Bauer – Tod auf Raten“ von Ilona Ziok