Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. April 2016, Teil 5

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Immer schaffen wir das nicht, aber wir möchten wenigstens eigentlich immer die Literatur, die Filmen zugrunde liegt, ebenfalls vorstellen, weil ein Film zwar von alleine wirken muß, aber seine literarische Herkunft interessant ist.


Sehr sehr selten gibt es bessere Verfilmungen, als die literarische Vorlage vermuten ließ. Leider ist es häufiger der Fall, daß man stöhnt und sagt, beim Lesen hatte ich mir das ganz anders vorgestellt und was auf jeden Fall zutrifft, das ist, daß die eigene Phantasie immer den Vorrang erhält vor dem, was einem auf der Leinwand vorgesetzt wird. Klar, in einem Roman kann ich viel mehr einzelne Fäden zu einem dicken Knoten zusammenschürzen. Das Lesen ist einfach einfallsreicher, weil viel differenzierter. Und so sehen wir auch bei EIN HOLOGRAMM FÜR DEN KÖNIG, das wir als Hörbuch von Hörbuch Hamburg, gelesen von Ulrich Pleitgen, sehr gerne hörten, wir sehen also ein, daß so viele Personen, die hier vorkommen. auf einer einzigen Leinwand nicht alle Platz haben.

Was uns aber grundsätzlich mißfällt, das ist das Gesamtpaket. Beim Lesen fanden wir daran etwas Bedeutendes, wie dieser Ami da nach Saudi-Arabien kommt, was seine Situation heilen soll und im Film wurde das dann für unser Empfinden nur noch seicht. Bleiben wir also beim Hörbuch. Dave Eggers ist durch Bücher bekanntgeworden, die sozusagen am Puls der Zeit spielen. Insbesondere seine Abrechnung mit der Großmacht der Internetriesen in THE CIRCLE zeigt ihn als jemanden, der über die Reportage ins Herz der Finsternis des Kapitalismus zielt, schließlich ist der nirgends so ausgeprägt wie in den USA.

Eggers spielt also literarisch mit den Schmuddelkindern. Eine davon ist Alan Clay, der es nun für seine Firma, nachdem er nur noch ein Versager war, richten soll. In der Wüste Saudi-Arabiens will die königliche Familie ein neues Dubai errichten, wo einerseits die Westleute ihr Geld lassen und andererseits die Einwohner ein bißchen westliche Luft schnappen dürfen: eine King Abdullah Economic City am roten Meer, was übrigens auch 'in echt' entstehen soll.

Und dieser alternde Verlierer soll nun den neuen Herren der Welt die modernste Technik der Kommunikation verkaufen. Schon das ist absurd, aber wie er es dann macht, wird immer absurder. Und am absurdesten sind die Pläne des amerikanischen Konzerns, die ihn nämlich ausgeguckt haben, weil er einst, jahrzehntelang ist es her, mit dem Neffen des Königs bekannt war. Für wie dumm hält eine amerikanische Firma eigentlich das saudi-arabische Königshaus, wo nicht Bekanntschaften eine Rolle spielen, sondern wo hocheffizient eingekauft wird. Und so wissen die dort auch, daß die Chinesen in der Regel woanders abkupfern und am billigsten sind.

Als Clay in Saudi-Arabien angekommen ist, erkennen wir erst wie gestrig er in allem ist. Das zeigt auch sein Körper. Der streikt einfach. Es ist ja auch verdammt heiß, was sich potenziert, wenn er dauernd in die Wüste fährt, wo das technologische Zentrum entstehen soll, wofür er dem König doch endlich seine Hologrammtechnologie vorstellen möchte. Die Passagen mit dem mitfühlenden Fahrer Yousef, der in aus dem Hilton in Dschidda abholt und bringt,  gefallen durchaus und auch die spätere Liebe zur schönen Ärztin Zahra gönnen wir dem alten Knaben, aber muß er denn gleich so  transusig und versoffen sein?

Dabei geht es Eggers um etwas anderes. Denn Clay ist der veraltete Träger eines ebenfalls veralteten Wirtschaftssystems, das der neue Kapitalismus schon sehr viel effizienter gemacht hat. Also zeigt uns Eggers das gleichzeitige Scheitern von Methode und Mensch.

Und dabei übertreibt Eggers schon im Buch, was im Film dann unerträglich wird. Er hat einfach zu viel auf dem Buckel. Kein Geld, auch keines für das Weiterstudium der Tochter, die Exfrau eine egoistische Zicke, der Vater auch sehr merkwürdig, dann hat er Auswüchse auf der Haut und was nicht alles, was die Frauen, sprich die eine Frau alles richten soll – und es tut. Bißchen dick aufgetragen alles, aber wir haben das Hörbuch gerne verfolgt und fühlten uns im Film dann sehr sicher, daß wir auf jeden Fall das Lesen und Hören dem Sehen des Films vorziehen.

Info:
Dave Eggers, Ein Hologramm für den König, gekürzte Lesung von Ulrich Pleitgen auf 5 CDs, 394 Minuten, Hörbuch Hamburg 2013