Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 29. September 2016, Teil 1

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) - Madame (Mélanie Bernier) ist eine etwas linkische Pianistin um die 30, die jahrelang bei ihrem dominanten Klavierlehrer Evguenie (Grégoire Ostermann) gelebt hat. Jetzt hat ihr ihre Schwester Charlotte (Lilou Fogli) eine eigene Wohnung besorgt, in die sie mit einem Koffer und einem Klavier einzieht. Dort möchte sie sich ungestört auf ihre Aufnahmeprüfung für das Konservatorium vorbereiten.


Doch sie muss recht bald feststellen, dass ihre neue Wohnung äußerst hellhörig ist. Monsieur (Clovis Cornillac), der Nachbar von nebenan ist ein ruhebedürftiger Erfinder für komplizierte Spiele für Erwachsene. Er hat seit 7 Jahren seine Wohnung nicht mehr verlassen und wird regelmäßig von seinem Freund Artus (Philippe Duquesne) besucht, der für ihn einkauft und mit ihm auf einem vierflächigen Würfel Schach spielt.

Leider sind die beiden Wohnungen nur durch eine dünne Wand getrennt, so dass man jedes Geräusch von der anderen Seite hören kann. Die Beiden fangen an, den jeweils Anderen mit Lärm aller Art zu ärgern. Madame spielt zu unmöglichen Zeiten Klavier, Monsieur antwortet mit der Bohrmaschine. Dann aber kommt Madame auf die Idee einen Zeitplan mit Lärm- und Ruhephasen anzulegen und damit einen Burgfrieden zu schließen.

Monsieur hört Madames Klavierspiel zu und meint eines Tages, dass ihre Chopin-Interpretationen zu technisch und zu wenig emotional seien. Nur widerwillig erkennt sie die Kritik an und plötzlich wird nicht nur ihr Spiel sondern sie selbst auch lockerer.

Danach unterhält man sich, lädt sogar Gäste zum gemeinsamen Essen ein, stellt die Betten nahe beieinander - aber immer mit der Wand dazwischen. Denn beide haben Angst davor, bei einem tatsächlichen Treffen ihre Illusionen voreinander zu zerstören. Erst als Charlotte in der Wohnung ihrer Schwester Sex mit einem ihrer Lover hat, wird Monsieur eifersüchtig. Nachdem man sich danach erst mal wieder zerstreitet, lässt sich eine Begegnung jetzt wohl doch nicht mehr vermeiden.


"Mit dem Herz durch die Wand" ist die erste Regiearbeit des französischen Schauspielers Clovis Cornillac, der auch die männliche Hauptrolle übernommen hat. Zusammen mit seiner Frau Lilou Fogli (Charlotte) hat er auch das Drehbuch des Films geschrieben.

Natürlich ist eine typisch französische Komödie entstanden, bei der man schon nach der ersten Minute weiß, dass die beiden Hauptakteure eigentlich zusammen gehören und man nur darauf wartet, wie sie es am Ende anstellen werden.

Das Konzept mit einer so schalldurchlässigen Wand, die die Kontrahenten trennt, ist eine sehr interessante Metapher für Beziehungsmuster der modernen technologisierten Welt, in der man zu vielen Tätigkeiten nicht mehr vor die Tür muss und sich auch übers Internet oder Smartphone kennenlernen kann, ohne zu wissen, wer der Gegenüber wirklich ist.

Die beiden Hauptdarsteller Clovis Cornillac und Melanie Bernier kommen im Film äußerst sympathisch rüber und brillieren als Nachbarn, die ihre Probleme haben, die sich erst im Laufe des Films auflösen und deren Anziehungskraft auch durch die Wand spürbar ist. Lilou Fogli als Madames sehr freizügige Schwester Charlotte und Philippe Duquesne als Monsieurs einzigem und treuen Freund Artus füllen ihre Nebenrollen sehr gut aus.

Insgesamt ist "Mit dem Herz durch die Wand" eine nette Komödie, die zwar in einigen Szenen etwas klamaukig daher kommt, aber in anderen auch eine nachdenkliche Stimmung über moderne Beziehungsmuster verbreitet und deshalb auch im Kino sehenswert ist.



Foto: Monsieur (Clovis Cornillac ) und Madame (Mélanie Bernier) unterhalten sich durch die Wand © Pandastorm Pictures

Info:
Mit dem Herz durch die Wand (Frankreich 2015)
Originaltitel: Un peu, beaucoup, aveuglément!
Genre: Komödie
Filmlänge: 91 Minuten
Regie: Clovis Cornillac
Drehbuch: Lilou Fogli, Clovis Cornillac, Tristan Schulmann, Mathieu Oullion
Darsteller: Mélanie Bernier, Clovis Cornillac, Lilou Fogli, Philippe Duquesne, Grégoire Oestermann u.a.
Verleih: Pandastorm Pictures
FSK: ab 6 Jahren
Kinostart: 29. September 2016