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Kategorie: Film & Fernsehen

Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 6. Oktober 2016, Teil 1

Romana Reich

Berlin (Weltexpresso) – Dies ist fürwahr das Jahr der Fortsetzungsfilme, die entweder auf die Stunde 0, den Vorgängerfilm aufbauen, weshalb man den entsprechenden Film kennen muß, oder die frei flottierend irgendetwas weitererzählen. BLAIR WITCH ist eine Mischung von beiden.


Den Vorgängerfilm, "Blair witch project"  gab es 1999. Ein echter Schocker, der das Genre aufwirbelte. Und wir müssen uns heute herumschlagen mit diesem "Film im Film", der auf der einen Seite aktuell die Suchmannschaft nach der vor fast 20 Jahren verschollenen Schwester – Ende von 1999 - zeigt, dann aber wieder aus dem alten Film zitiert und die  Zuschauer irritiert sind, ob  die Geschehnisse sich tatsächlich so ereignet hätten, daß nämlich die jungen Leute sozusagen alles dokumentarisch mitgefilmt hätten..

Was im Blair witch projekt von 1999 geschah

Damals wollten drei junge Leute, zwei Männer und eine Frau namens Heather,  dem Gerücht nachgehen, dass in dem Wald Black hills forest eine Hexe ihr Unwesen treibt. Sie filmten alles, was sie erlebt haben. Dieser Film wird später, nachdem sie allesamt spurlos verschwunden sind, gefunden.

Man sieht, wie die jungen Leute in heiterer Stimmung aufbrechen, das Gerücht, in den Wäldern lebe eine Hexe, nehmen sie sowieso nicht ernst. Erst werden noch Menschen, die in dem Ort bei den Wäldern leben, zu der Existenz der Hexe von ihnen befragt. So meint man als Zuschauer, die Dokumentation, die man zu sehen bekommt, sei echt. Sie übernachten im Wald in Zelten, und nachdem die erste Nacht unbeschadet vorüber gegangen ist, sind die jungen Leute total locker und voller Unternehmungsgeist.  Während
der zweiten Nacht jedoch ereignen sich die ersten unheimlichen Geschehnisse in Form von nicht erklärbaren Geräuschen rund um die Zelte. Am nächsten Morgen finden sie Hexensymbole an den Bäumen.

Sie lassen sich nicht entmutigen, laufen weiter, bekommen aber am Ende des langen Wandertages einen furchtbaren Schock, als sie merken,  dass sie den ganzen Tag im Kreis gelaufen sind, also genau dort wieder ankommen,  wo sie morgens gestartet sind. Sie machen sich gegenseitig Vorwürfe, die Wanderkarten nicht richtig gelesen zu haben , die Stimmung verschlechtert sich immer mehr. Dann verschwindet einer der jungen Leute, ein junger Mann,  über Nacht, die Anderen finden morgens vor dem Zelt ein paar menschliche Zähne und Finger, offensichtlich von dem Verschwundenen. Der jungen Frau, Heather, geht es immer schlechter, sie wird zusehends immer  hysterischer.  Der Film endet damit, dass sie nur noch zu zweit sind, ein junger Mann und Heather.

Am Ende treffen sie im Wald auf ein baufälliges, altes Haus.  Aus diesem kommen Rufe
von dem verschwundenen jungen Mann, irgendwie klingen sie aber komisch, weit entfernt aber doch wieder wie aus dem Haus.  Der junge Mann stürmt in das Haus, um den Verschwundenen zu suchen, Heather läuft ihm nach. Sie kommt in das Haus und findet den jungen Mann in der Ecke eines Zimmer stehend, mit dem Gesicht zur Wand. Bevor man sieht, was mit ihm los ist, wird die Kamera Heather aus der Hand geschlagen und der Film endet.

Das muß man so ausführlich schildern, da sich in dem neuen Film viele Elemente wiederfinden, die im ersten zu sehen waren: die Hexensymbole an den Bäumen, die jungen Leute laufen wieder im Kreis, sie streiten sich immer  heftiger und kommen zum Schluss auch wieder zu dem baufälligen Haus.

Insofern ist der neue Film inhaltlich und in der filmischen Umsetzung stringent.  Man versteht ihn zwar auch, wenn man den ersten Teil nicht gesehen hat, hat aber viel mehr von ihm, wenn man den ersten Teil kennt.  Und hier scheiden sich die Geister. Während aficiondos begeistert sagen werden: "Ach ja, so war das im ersten Film auch, ach ja, so hat das im ersten Teil geendet. " und gerne an das damalige Gruselerlebnis andocken, einfach, weil es in Horrorfilmen auch das Gemütliche des Vertraut-Fühlens gibt, ist das anderen langweilig. Aber diie echten Blair witch fans  wollen gar nicht, daß in die alte Geschichte eine neue Lesart käme.

Und die anderen? Die zucken mit den Schultern und sagen, alles schon da gewesen, da passiert ja gar nichts Neues. Darum ist dieser Film aber auch für Einsteiger geeignet, weil ihm das Vorherige vorbuchstabiert wird in Bildern, die das Amateurhafte und die wahre Wirklichkeit durch die wackelige Kamera, will sagen: die undeutliche flackernde Projektion auf der Leinwand suggerieren. Jeden Moment denkt man, der Film reißt jetzt…


Was im neuen Film zu sehen ist

Der Bruder der verschwundenen Heather, James,  möchte nach 20 Jahren dem Verschwinden seiner Schwester nachgehen, zumal er auf youtube einen Film gesehen hat, in dem er meint, seine Schwester erkannt zu haben. Es sind diesmal viel mehr junge Leute, die in den Wald aufbrechen, auch zwei Einheimische.  Und es findet sich eine aufsehend erregende Neuerung, die die technische Entwicklung der letzten 20 Jahre abbilden soll: Die jungen Leute führen eine Drohne mit sich. Zwei Umstände, die beim Zuschauer kurz das Gefühl hervor rufen können, die Gruppe sei dieses Mal sicherer im Wald.
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Im Prinzip läuft es wie oben weiter einschließlich des personalen Schwunds, der eintritt.  Die Schauspieler machen ihre Arbeit, aber fallen weiter nicht auf. Aber zum Schluß, es leben nur noch zwei Leute der Gruppe, James und dessen Freundin, kommen sie bei Gewitter und schwerem Unwetter wieder zu dem alten Haus.  James rennt in das Haus, um andere junge Leute der Gruppe zu suchen. Man sieht wieder, wie er mit der Kamera durch das furchtbar unheimliche alte Haus rennt, und man meint als Zuschauer auch, Umrisse eine Hexe zu sehen.

Die junge Frau folgt ihm und sie treffen sich, nach wirklich unheimlichen Bildern aus dem Haus, dort wieder. James sagt, dass ihm alles leid tut, die Geräusche im Haus sind furchtbar laut. Die junge Frau zittert am ganzen Körper, man kann kaum noch etwas erkennen. Dann fällt die Kamera zu Boden und es wird schwarz auf der Leinwand, wie im
ersten Film.

Warten wir also auf den dritten, der dann aus den beiden vorherigen zitiert?! Einerseits ist dieser Film durchaus logisch als Fortsetzung. Er baut auf dem Schrecken auf, der schon im ersten Film das Entsetzen symbolisierte: Die Licht- und Schatten- Vermutungen, die wir selber anstellen, sind unsere eigenen Ängste, mit denen hier gespielt wird und die verbunden mit den lauten Geräusche eine Atmosphäre von diffuser Angst und konkreter Furcht evozieren, so daß man, vom Kino nach Hause gekommen, erst einmal in allen Räumen die Lichter einschalten möchte – und auch tut!