67. BERLINALE vom 9. bis 19. Februar 2017, WETTBEWERB, Teil 24

Claudia Schulmerich

Berlin (Weltexpresso) – Wir nehmen ernst, was Regisseur James Mangold und Hauptdarsteller Jackman auf der Pressekonferenz nach der Vorstellung von LOGAN sagten: Sie hätten einen Film gedreht, der keinerlei Vorkenntnisse bräuchte, wobei sie sich auf die Filme WOLVERINE beziehen. Von diesen soll deshalb auch nicht die Rede sein, sondern nur, was in diesem Film passiert, der gleichwohl damit WOLVERINE für immer abschließt.


Auch wenn man als Harry Potter- oder auch Star Wars Geschädigter nie so sicher sein kann, ob da nicht doch noch aus finanziellem Gewinnstreben eine Fortsetzung folgt, wollen wir das definitive Ende hier dem Drehbuchschreiber glauben, denn es ist ja LOGAN ( Hugh Jackman) über sich selbst hinausgewachsen, mehr geht nicht, zumal er am Schluß tot ist,  und die Zukunft könnte nur einem elfjährigen Mädchen gelten, Laura (Dafne Keen). Die aber erfährt ja genau in diesem Film, daß es lebenswertere Ziele gibt, andere menschliche Verhältnisse, als mit Zähnen und Klauen die Bösewichter der Reihe nach umzubringen: Familie, Freunde, Miteinandersein, darum geht es auf einmal.

Warum das etwas Besonderes ist? Weil Wolverine ein Mutant ist und Laura sogar seine Tochter, die zusammen mit weiteren Kindern in der Zukunftswerkstatt des wissenschaftlich genialen, aber moralisch verkommenen Dr. Zander Rice (Richard E. Grant) entstanden sind. Frei von moralischen Skrupeln und ausgestattet mit den furchtbarsten technischen Vorrichtungen sollen sie wie sein Heer eine Weltherrschaft vorbereiten und stabilisieren. Damit sich der Leser darunter etwas vorstellen kann, sei gesagt, daß es sich dabei nicht nur um solche technischen Kleinigkeiten handelt, wie sie noch Logan auszeichneten, dem aus seinen Händen gebogene Zinken erwachsen, mit denen er die Körper anderer durchsticht und solche Scherze, die auch beinhalten, daß in den Körper eindringende Kugeln einfach herausgepult werden und abgeschnittene Gliedmaßen wieder nachwachsen.

Bis zum jugendlichen Alter haben diese Kinder übersinnliche Fähigkeiten. Die eine kann so intensiv schauen und den Himmel bewegen, daß quasi elektromagnetische Kräfte Lastwagen von der Straße heben, die sich dann in der Luft drehen und auf die Feinde niederstürzen, die allerdings nur dann tot sind, wenn sie normale Menschen sind, denn die Mutanten erholen sich auch davon, vor allem der Doppelgänger, also der Klon von Logan. Das gibt dem Film schon einen zusätzlichen Witz, wenn Hugh Jackman gegen Hugh Jackman kämpft und wir – zu wem? - natürlich zu Hugh Jackman halten, also dem echten, dem Logan.

Also gut, ein wenig muß man die Geschichte dann doch erzählen. Da lebt der gebrochene Professor X ( Patrick Stewart) völlig abgeschottet von der Umwelt, die nichts von ihm wissen darf, in einem Behälter nahe der mexikanischen Grenze. Offiziell ist er tot. Logan, selbst am Ende, schützt ihn und besorgt eine Medizin, ohne die der Professor schon tot wäre. Caliban, der das Licht scheuen muß, sorgt für den Professor und sorgt sich um ihn, wenn Logan unterwegs ist.

Der will von nichts und niemandem etwas wissen und glaubt der Mexikanerin nicht, die ihn dringlich um Hilfe bittet und auf Laura verweist, die schnell über die Grenze in Sicherheit gebracht werden muß. Erst als diese Mexikanerin scheußlich ermordet wird, erkennt er, daß an der Geschichte etwas dran ist und daß die Mutantenkloner die Herrschaft übernehmen wollen und schon so weit vorgedrungen sind, daß sie Caliban entführen, foltern und später umbringen. Zuvor hat dieser seinen Folterern noch Geheimnisse verraten.

Der Zweck des Films ist es, diese Geschichte zu erzählen, aber der Sinn liegt darin, mit diesem Abschluß die Mutanten zu einem guten Ende zu führen. Denn einem sich aufopfernden Logan gelingt es, sich durch Einsatz seiner geistigen und körperlichen Kräfte gegen eine gewaltige Mannschaft durchzusetzen. Zwar ist auch sein Leben endlich, aber das Leben seiner Tochter und der mit ihr fliehenden kindlichen und jugendlichen Mutanten hat jetzt zumindest eine Zukunft in einem normalen Diesseits.

Wie die kleine Dafne Keen es schafft, so böse Blicke zu schleudern und sich derart aufzupumpen, daß selbst der Zuschauer Angst bekommt, ist ein weiterer Reiz dieses Film, der einerseits absolut sinnfrei ist und gleichzeitig die bürgerlichen Werte auch bei Mutanten hoch halten läßt, was niemandem schadet. Daß dieser Film den Wettbewerb und damit die BERLINALE abschließt, verwundert dennoch. Aber das ist alles so herzig dargestellt und mit so vielen guten Vorsätzen gepflastert, daß man den Film auch dann ertragen kann, wenn man sich so was sonst nicht anschaut.


Foto: (c)berlinale.de


Info:
James Mangold
USA 2017
Englisch
135 Min · Farbe · Dolby Atmo


mit
Hugh Jackman (Logan / Wolverine)
Patrick Stewart (Professor X)
Richard E. Grant (Dr. Zander Rice)
Boyd Holbrook (Donald Pierce)
Stephen Merchant (Caliban)
Dafne Keen (Laura Kinney / X-23)