Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 13. April, Teil 2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Man kann über solche Filme wie über die Bibel, bzw. über christliches Personal, noch dazu ein Gott, nicht so urteilen, wie über eine Krimipersiflage oder ein Jugenddrama. Dennoch gilt für alle Filme, sie müssen die Zuschauer in Bann ziehen.

 

Und wenn der Begriff ‚in Bann ziehen‘ auch etwas zu dramatisch ist, gilt für uns, daß wir uns auf diesen seltsamen Film eingelassen haben, der manieriert und wortkarg und sehr langsam den durch die Wüste ziehendes Jesus Christus auf der Leinwand zeigt. Ja, Ewan McGregor stellt diesen dar und die Geschichte von den 40 Tagen in der Wüste ist nicht erfunden, sondern im Neuen Testament erwähnt. Gleich alle drei frühen Evangelisten Markus, Matthäus und Lukas berichten darüber, wobei die 40 Tage, Jesus Christus und seine Versuchungen in der Wüste das Gemeinsame sind. Im Detail ist dann alles Weitere unterschiedlich. Von daher kann der Film im Handlungsablauf durchaus Phantasie entfalten, die durch die Evangelien gedeckt sind. Im Kern geht es darum, daß sich der junge Jesus seiner Aufgabe als Gottessohn vergewissern will, das ja das schreckliche Ende bewußt miteinschließt.

 

Jesus (Ewan McGregor), auf Hebräisch Jeshua, sucht also Erleuchtung. Deshalb wandert er in der menschenleeren Wüste umher und fastet und betet. Das ist eine alte Übung von Heiligen Männern, die gerade angesichts der Kargheit der Landschaft, der unendlichen Weite hier in ihrer Einsamkeit ihre Gotteserfahrungen suchen und eben Zwiegespräche mit ihrem Gott. Lange ist Jesus alleine und derjenige, der sich ihm zugesellt, ist der Teufel. Dieser will das Gottvertrauen von Jesus in seinen Vater, Gottvater, erschüttern, ja zerstören. Seine Methode ist fies. Der Teufel erscheint in verschiedenen Gestalten. Er doppelt sich auch als Jeshua, womit Ewan McGregor eine Doppelrolle hat. Wir müssen aufpassen – solche Aufmerksamkeitsübungen mögen wir - und ganz genau hinschauen, um zu entdecken, wer der echte und wer der falsche Jesus ist, wobei der falsche den echten von Gott abbringen will. Doch in der letzten Sekunde entkommt Jesus den Versuchungen.

 

Das alles ist noch herkömmlich. Doch dann trifft Jesus auf einen jungen Mann, ein großer Junge noch, der zusammen mit seiner kranken Mutter und dem dominanten Vater in einer Behausung wohnt, die weder den Stürmen der Wüste, noch Hitze und Kälte trotzt. Deshalb baut der Vater untern den widrigsten Umständen ein Haus für die Familie. Er schafft von den umliegenden Felsen die Steine herbei, der Sohn hilft mit den Holzarbeiten, doch insgeheim sieht er hier nicht seine Zukunft. Er will nach Jerusalem, will in die Stadt, will ins Leben. Und will das Meer sehen.

 

Die Mutter, die darniederliegt, ist auf der Seite ihres Sohnes, will, daß er ein Handwerk erlernt und sich in der Welt umsieht. Es herrscht eine merkwürdige Stimmung um die drei, die meist schweigend ihre Arbeit tun und doch kein Miteinander zuwege bringen. In diese Situation kommt nun Jesus, der teil schweigend, teils anpackend auf die seltsame Atmosphäre reagiert. Im Film zieht sich das, denn Jesus wird eine je eigene Beziehung zu jedem der Drei aufbauen. Und als ein Stück Gemeinsamkeit da ist, wird die gemeinsame Basis durch den Vater gleich doppelt zerstört. Erst einmal will er den Jungen zwingen, hinunter in die Schlucht zu steigen, weil unten wertvolle Steine für den Hausbau warten. Der Abstieg ist allerdings sehr steil und der Sohn hat Höhenangst. Er weigert sich.

 

Da fängt der Vater an, herabzusteigen. Es ist ein senkrechter Abstieg, der Vater wird angeseilt. Schnell rutscht der Vater aus, hängt nur noch mit einer Hand am Felsen fest und ruft um Hilfe. Das Seil hilft nicht, der Vater rutscht. Während der Zuschauer noch darauf wartet, daß jetzt der Sohn Gottes mit überirdischer Kraft hilft, stürzt der Vater zu Tode. Jesus und der Sohn steigen an anderer, leichterer Stelle hinab, finden den Schwerverletzten, der gleich darauf stirbt.

 

Sie bergen den Toten, Jesus trägt ihn, der Sohn wäscht ihn und wir sind Zeuge der Einäscherung, für die die Mutter das Feuer bereitet. Nach der Totenzeremonie ermutigt, ja fordert sie ihren Jungen auf, nun in die Welt zu ziehen und sich um sie keine Sorgen zu machen. Auch Jesus weist sie zurück, als dieser sie durch Handauflegen heilen will. So geht auch er seines Weges, denn die 40 Tage gehen zu Ende. Auf dem Weg aus der Wüste gesellt sich wiederum der Teufel in Joshuas Gestalt zu ihm. Aber Jesus ist sich jetzt seiner Sache und seines Schicksals sicher und geht ernsten Schrittes diesem entgegen.

 

So formal, so karg, so seltsam wie der Film, wollten wir ihn auch nacherzählen. Mehr ist nicht. Es entsteht im Film kein Mehrwert, nichts, was man sich von einem meditierenden oder suchenden Gottessohn erwartet. Es beschäftigt einen im und nach dem Film, was es mit dieser Familie in der Wüste auf sich hat. Spiegelt sich hierin das irdische Leben Jesu? Ist er der Sohn, der in die Welt hinausgeht? Aber das ist viel zu intellektuell für einen Film, der Einsamkeit und Meditieren sucht. Der Film wirkt dann aber auch gerade wegen seiner Sprödigkeit und der Schweigsamkeit der handelnden Personen außerordentlich gewollt: pathetisch und schwulstig. Wir haben mindestens zwei Meinungen zu 40 TAGE IN DER WÜSTE.

 

P.S. Außerdem haben wir vergessen zu erwähnen, daß der Regisseur Rodrigo García ist, der Sohn von Gabriel García Marquez, dem wunderbaren kolumbianischen Schriftstellers, der immer wegen der korrupten Juntaherrschaft außerhalb seines Vaterlandes leben mußte und so etwas 

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