Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 20. April, Teil 8

Filmheft

Berlin (Weltexpresso) - 2013 kontaktierte Handfield den Autor Robert Siegel, der gerade das Drehbuch fu?r THE WRESTLER – RUHM, LIEBE, SCHMERZ geschrieben hatte. Der Produzent hatte sich schon mit einigen anderen Autoren u?ber das Projekt unterhalten: „Robs Ansatz war, die Geschichte der McDonald-Bru?der aus der Sicht von Ray Kroc zu erza?hlen. Das hielt ich fu?r eine besonders originelle und wirkungsvolle Herangehensweise.“

Siegel interessiert sich besonders für große amerikanische Themen: „Und die Geschichte von McDonald’s vereint gleich mehrere davon: die Autokultur, die 50er Jahre sowie den Aufstieg der Vorstädte, der Schnellrestaurants, des Kapitalismus und der Gier. Diese Geschichte wurde so noch nicht erzählt. Die Geburt des Schnellrestaurants wirkt bis heute nach. Es beeinflusst uns darin, wie wir essen, wo wir essen und mit wem wir essen.“

Siegel war vom ersten Augenblick an von der Persönlichkeit Ray Krocs fasziniert: „Kroc ist eine legendäre Figur, die polarisiert. Er ist kompliziert und unternimmt alles, um seinen Willen durchzusetzen. Gleichzeitig scheint er aus der Zeit gefallen zu sein. In der Welt von Elvis Presley wirkt Ray eher wie ein Bing Crosby.“ Obwohl er neben den McDonalds wie ein Fisch auf dem Trockenen wirkte, sieht Siegel in Ray Kroc einen Mann, der einer der großen Impulsgeber Amerikas bis weit in die 70er Jahre und darüber hinaus war.

Siegel erinnerte der Fall von Ray Kroc und McDonald’s an Mark Zuckerberg und die problematische Gründungsgeschichte des sozialen Netzwerks Facebook, die von David Fincher in THE SOCIAL NETWORK erzählt wird. „Ich mag düstere, komplizierte, verkorkste Typen. Don [Handfield] und mir schwebte das Porträt eines legendären Mannes vor, der Amerika und die Welt veränderte und dabei viele Menschen verletzt hat.“ Siegel ließ sich dabei auch inspirieren von den Porträts getriebener Industriemagnaten in Filmen wie THERE WILL BE BLOOD, CITIZEN KANE und TUCKER.

Ausgangspunkt des Films sollte ein gescheiterter Verkäufer kurz vor der Rente sein, dem bisher kein Erfolg beschieden war – bis er den McDonald-Brüdern begegnete. Siegel brauchte acht Wochen für die erste Drehbuchfassung. „Kroc hatte eine lange Wanderschaft in der Wüste hinter sich. Jahrzehntelang hatte er Mixgeräte in der amerikanischen Provinz verkauft, ohne großen Profit zu machen. Nichts deutet darauf hin, dass in dem Kerl etwas Besonderes schlummert. Und dann stößt er auf dieses florierende Restaurant mitten in der kleinen Wüstenstadt San Bernardino und sieht darin seine wahre Bestimmung.“

Ray Kroc war auf der Suche nach dem ganz großen Wurf. Als er die McDonald-Brüder traf, witterte er die Gelegenheit, Großes zu erreichen und all seine Zweifler eines Besseren zu belehren. „Obwohl er sich bis dahin mit nichts sonderlich hervorgetan hatte, wartete er beharrlich darauf, irgendwann seine wahre Bestimmung zu finden. Der Titel seiner Autobiographie ‚Grinding it Out‘ [etwa: „Mühsam erkämpft“] deutet an, wie mühselig er sich das erarbeitet hat.“

Der Filmtitel THE FOUNDER ist als ironische Stellungnahme zu verstehen, denn Ray Kroc wird fälschlicherweise oft als Gründer von McDonald’s aufgeführt. Handfield stellt klar: „Ray hat McDonald’s nicht gegründet. Er hat sich nicht das ‚Speedee-System‘ ausgedacht. Doch ohne ihn wäre McDonald’s nicht die weltweit verbreitete Schnellrestaurantkette, die sie heute ist. Ray plante in großem Stil. Und als er die Firma kaufte, machte er sich daran, die Firmengeschichte Stück für Stück so umzuschreiben, dass die McDonald-Brüder langsam daraus verschwanden.“


Als das Drehbuch so weit fortgeschritten war, dass es sich umsetzen ließ, fragten die Produzenten John Lee Hancock für die Regie an. Der mit Preisen ausgezeichnete Autor, Regisseur und Produzent ist ein vielseitiger Künstler, der schon bei einer Reihe erfolgreicher Filme Regie geführt hat: DIE ENTSCHEIDUNG – EINE WAHRE GESCHICHTE, BLIND SIDE – DIE GROSSE CHANCE und SAVING MR. BANKS, in dem Tom Hanks den einflussreichen Filmemacher und Geschäftsmann Walt Disney spielt. Handfield sieht in Hancock den modernen Frank Capra: „Er erzählt uramerikanische Geschichten auf eine Weise, die zeitlos ist. Wer wäre also besser für diese große amerikanische Gründergeschichte geeignet?“


Hancocks letzter Film SAVING MR. BANKS spielte in Australien Anfang des 20. Jahrhunderts und in den 60er Jahren in Los Angeles. Somit hat er Erfahrung, wie man frühere Epochen überzeugend zum Leben erweckt. THE FOUNDER spielt in der Zeit von 1954 bis 1961, als sich in Amerika die Massenproduktion rasant durchsetzte. Es war die optimistisch gestimmte Nachkriegsära eines Elvis Presley, in der Vorstädte, Motels und Schnellrestaurants Einzug hielten.

Handfield ist sich sicher, dass THE FOUNDER nicht nur eine unterhaltsame Geschichte mit faszinierenden Figuren bietet, sondern auch die menschliche Seite dieser weltweiten unternehmerischen Erfolgsgeschichte beleuchtet. „Ich sehe in der Geschichte vor allem zwei Brüder, die einander liebten und Familien Fastfood-Produkte bieten wollten, die gut und günstig waren.“

Ziel des Films ist es laut Handfield nicht, die McDonald-Brüder zu glorifizieren oder Ray Kroc zu diffamieren. „Die eine Hälfte wird wahrscheinlich aus dem Kino kommen und sagen, ‚Ray Kroc ist ein amerikanischer Held‘. Und die andere Hälfte wird urteilen: ‚Die McDonald-Brüder waren echte amerikanische Helden.‘ Und das ist gut so. Ray Kroc war ein von Verzweiflung und Angst Getriebener. Er wollte kein Loser sein. Er wollte Erfolg um jeden Preis. Und das ist mittlerweile zu unserem nationalen Kredo geworden.“


Foto: Joan Smith (Linda Cardellini) präsentiert Ray Kroc ihre Idee zur Kosteneinsparung
©splendid-film