Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 11. Mai, Teil 6

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Nein, wir sind nicht in Amerika, nicht in den Weiten der Einöden von Texas oder sonst wo, sondern in einem flachen Streifen nördlich von Paris, was in dieser belgisch-französischen Produktion das Ende der Welt suggeriert.

Und man glaubt es. Dort treffen wir auf Gilou (Bouli Lanners) und Cochise(Albert Dupontel), abgelebt wie langbärtige Penner, mit denen wir nun in deren Kleinlaster mitfahren. Hauptdarsteller Gilou ist auch der Regisseur des Films und gleichzeitig sein herausragender Protagonist, der die Lakonie, die über allem liegt, persönlich vermittelt. Wir sind im Nirgendwo, oder doch besser: an den Rändern der Gesellschaft. Dies vermitteln alle Personen, denen wir nun begegnen. Immer wieder Begegnungen der dritten Art. Ja, Übersinnliches ist auch dabei.

Unsere Zwei haben übrigens einen Auftrag. Sie sollen ein verlorenes Handy wiederfinden und es dem Verlierer, dem Auftraggeber wiederbringen. Klar, daß bei einem solchen aufwendigen Auftrag ohne richtige Ortsangabe auf diesem Handy nicht nur Telefonnummern sind, sondern sich irgendwas verbergen wird, was nicht koscher ist, so wichtig, wie der Auftraggeber das nimmt. Also sollen sie das Handy orten, was sie irgendwann auch tun. Aber erst einmal schert das die beiden nicht, deren sparsame Kommunikation auf eine lange Zusammenarbeit schließen läßt. Außerdem haben sie es nicht eilig. Sie nehmen sich die Zeit, auf die seltsamen Menschen, denen diese beiden seltsamen Figuren, begegnen, einzugehen, sie zumindest wahrzunehmen.

Die Landschaft ist genauso so häßlich wie die beiden Figuren sich schon allein in ihrem Äußeren geben. Da war mal Industrie, da waren verschiedene Tankstellen, da war mal was, was heute tot ist, aber eben seltsame Figuren übrig ließ, von denen die beiden Alten, dargestellt von Max von Sydow und Michael Lonsdale, auch schon wie Skulpturen auf Beinen wirken. Doch vorher trafen unsere beiden auf ein sehr seltsames Pärchen. Die jungen Leute sind vom drohenden Weltuntergang überzeugt und treiben seltsame Spielchen.

Diese beiden sind das Gegenzentrum zur abgewirtschafteten Welt und auch zum Gewinnstreben und sind das emotionale Zentrum des Films. Willy (David Murgia), der sich für schlau hält, will der zarten und geistig zurückgebliebenen Esther (Aurore Broutin) helfen, deren Tochter zu finden. Klar, denkt sich der Zuschauer, die wurde der Mutter weggenommen, damit sie 'normal' erzogen wird. Der kleine dünne Willy ist weltläufig und läßt Esther jeweils für seine Beutezüge zurück, von denen er mit Essen, aber auch – aha – mit einem Handy und einer Pistole zurückkommt. Wo dann die beiden Geschichten zu einer werden, ist im Film ganz zwangsläufig. Aber erst einmal sehen wir gerade durch Nichtverständnis interessiert, weil wir die Zusammenhänge ja nicht kennen, dem Geschehen auf der Leinwand zu.

Hat man sich erst einmal an die beiden, der eine mit Rauschebart, gewöhnt, schlägt man selber beim Zuschauen ein gemütlicheres Tempo ein, ohne daß es gemütlich würde. Und dann kommt auch noch Jesus (Philippe Rebbot). Der Gottessohn tritt in Gestalt eines Obdachlosen auf, redet aber immer wieder mal mit seinem Vater, dem Gottvater. Er wirft nämlich seinem Vater vor, zu wenig sozial zu denken und erbittet immer wieder mal die Hilfe von oben. So Gott will. Das ist besonders wichtig für Esther, die nicht für sich selber sorgen kann, aber auch für Gilou, der aus gutem Grund auf einmal im Krankenhaus liegt. Tja, denkt man sich zwischendrinnen, so einen Jesus könnte man auch gut gebrauchen. Erst recht, wenn die rechte Meute, die hier mit Messern und Pistolen auch haust, es auf einen abgesehen hat.

In diesem so leeren wie mit skurrilen Menschen vollgestopften Ende der Welt Gegend, haben wir mit dem Handy längst die Spur entdeckt, deretwegen wir einem richtigen Thriller zuschauen. Es wird echt spannend. Doch dies, das gehört sich einfach, darf hier nicht vorweggenommen werden. Auf jeden Fall ein echt schräger Film, der einem mehr über die Menschen sagt, als die allermeisten Steilvorlagen aus Hollywood.

Foto: (c) Verleih