FF rassismusErinnerung an die bekannteste Frankfurterin wird ab jetzt jährlich am 12. Juni wachgehalten, Teil 1

Hans Weißhaar

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - In der Tat, da fragt man sich überrascht, warum diese Idee nicht längst Wirklichkeit wurde. Denn daß Anne Frank in Frankfurt geboren wurde, das wissen wir, aber ansonsten wird Anne Frank allein in Amsterdam lokalisiert, wohin sie sich aus dem faschistischen Frankfurt und Deutschland zu retten hoffte.

Nein, natürlich nicht sie, sie war ein Kind, aber ihr Vater Otto, der als einziger der Familie die spätere Deportation nach Auschwitz überlebte, hatte es für sinvoller gehalten, seine Familie 1934 in den Niederlanden zu bringen, wo er eine feste Stelle hatte. Die Mutter war mit der übrigen Familie in die Schweiz nach Basel geflohen und zwar so früh, daß man noch von einer Übersiedlung sprechen kann, weil die Familie aus ihrem Frankfurter Haus gegenüber der Universität die meisten Gegenstände mitnehmen konnte. Noch heute ist dieses Haus in Basel auch das Zentrum des Anne-Frank-Fonds, einer Stiftung, die noch von Otto Frank eingerichtet wurde und für das Gedenken der im KZ Bergen-Belsen gestorbenen Anne Frank in der ganzen Welt zuständig ist.

Natürlich ist Anne Frank ein Symbol für all die anderen jungen Mädchen, die von den Nationalsozialisten aus ihrem Leben herausgerissen wurden; die einen konnten fliehen, die anderen wurden selbst nach der Flucht in den von Deutschen besetzten Ländern wie Frankreich oder den Niederlande verfolgt, die meisten wurden in die KZs im Osten deportiert, ermordet oder sind an den Folgen der Haft jämmerlich gestorben. Wenn also Anne Frank so eine Rolle spielt, dann deshalb, weil sie auf für eine Jugendliche unglaubliche Weise ihr Tagebuch im Versteck der Familie in Amsterdam führte, in dem wir nicht nur von den Lebensbedingungen der Eingeschlossenen lesen, sondern eben auch von der Entwicklung des jungen Mädchens und ihren Gefühlen erfahren, eine so persönliche wie die Situation reflektierende berührende Lektüre.

Dies Tagebuch hat sie am 12. Juni 1942 zu ihrem 13. Geburtstag geschenkt bekommen, was nun 75 Jahre her ist. Da lebte sie noch in Freiheit. Der erste Anne-Frank-Tag in Frankfurt ist also gleichzeitig der 75. Jahrestag des Tagebuchs. Wenig später im Juli 1942 mußten sie sich verstecken, weil die Schwester eine Einberufung in ein Arbeitslager erhalten hatte und alle wußten, was das bedeutet. Das heißt aber auch, daß Familie Frank von 1934 bis 1942 acht Jahre lang in Amsterdam leben konnte, als in Deutschland das Leben für die jüdische Bevölkerung nach und nach eingeschnürrt wurde und im Krieg dann die als Arbeitslager ausgewiesenen Konzentrationslager zur Mordmaschinerie  umfunktioniert wurden.

Wir kennen durch das Tagebuch nicht nur das Leben im Versteck, sondern durch die verschiedenen Verfilmungen, deren Grundlage das Tagebuch ist, können wir auch sinnlich die zwei Jahre mitbekommen, erst wie das Versteck hinter dem Bücherregal eingerichtet wird, die anwachsende Schar der Versteckten, das Eingesperrtsein mit den Zusammengehörigkeitsgefühlen genauso wie das Entstehen von Frustationen und Aggressionen.

Am 4. August 1944 ist es vorbei. Ob das Versteck verraten wurde, irgendetwas die Eingeschlossenen verriet, das weiß keiner genau. Die Gestapo verhaftet die Eingeschlossenen und deportiert alle in verschiedene Konzentrationslager. Anne ist 15 Jahre alt und stirbt mit ihrer Schwester nur wenige Monate vor der Kapitulation im Frühjahr 1945. 

Der Anne-Frank-Tag fing mit dem Vorabend und der Aufführung der Kammeroper DAS TAGEBUCH DER ANNE FRANK an, worüber Weltexpresso berichtet hat: https://weltexpresso.de/index.php/musik/10090-die-sopranstimme-die-einem-ringgewoelbe-die-stirn-bietet

Schule ohne Rassismus

Der Tag selbst fing am Montag, 12. Juni  um zehn Uhr an der IGS Eschersheim an, der der Titel SCHULE OHNE RASSISMUS verlieh wurde, dernach nun die IGS Eschersheim jetzt ‚Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage‘ist. Damit ist die IGS Eschersheim Teil einer größeren Bewegung, denn wer sich zu den Zielen einer „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ bekennt, gehört zu dem größten Schulnetzwerk, das sich gegen Gewalt und Rassismus wendet. Mehr als 2.300 Schulen mit über eine Millionen Schüler aus ganz Deutschland haben sich diesem Netzwerk mittlerweile angeschlossen. Am 12. Juni ist nun also eine weitere Schule hinzugekommen: die IGS Eschersheim.

Der Oberbürgermeister und Pate der Courage-Schule, Peter Feldmann, nahm an der Titelverleihung teil: „Über 85 Prozent aller Schüler, Lehrer sowie das technische Personal haben die Selbstverpflichtung von Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage unterzeichnet. Sie sagen damit, dass sie sich gegen Diskriminierung und Rassismus einsetzen. Dass sie sich einmischen, wenn sie diskriminierende Handlungen oder Äußerungen mitbekommen und besondere Projekte in den Schulalltag integrieren. Das ist eine beeindruckende Quote und ich bin sehr dankbar dafür.“

Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, erläuterte, wie die Arbeit als Courage-Schule aussieht: „Die Schüler der IGS Eschersheim haben sich auf ganz besondere Art und Weise gegen Rassismus und Diskriminierung an ihrer Schule engagiert und sich konkret im Rahmen eines Paten-Projekts um die Integration von jungen Geflüchteten an ihrer Schule bemüht. Dieses tolle Engagement werden wir auch in Zukunft als hessische Landeskoordination des Netzwerks begleiten. Wir arbeiten direkt mit Schülern, mit der Schülervertretung, mit Schulleitern und Verbindungslehrern zusammen. Für das kommende Jahr sind schon mehrere Veranstaltungen, Workshops und Projekte geplant, zum Beispiel im Rahmen des Frankfurter Schulpreises. Ich freue mich auf diese sehr gelungene Zusammenarbeit“.

„Um ein Umfeld zu schaffen, in dem man als aufgeklärter und offener junger Mensch aufwachsen kann, müssen alle anpacken: Eltern, Freunde, Trainer im Sportverein und vor allem auch der Schule. Schule ist der Ort, an dem man als junger Mensch viel Zeit verbringt. Gerade dort werden wichtige Weichen gestellt. Umso wichtiger ist ein Schulumfeld, das getragen wird von Grundsätzen wie Achtsamkeit, Anteilnahme, Respekt, Toleranz und Offenheit“, gab das Stadtoberhaupt zu bedenken und führte weiter aus: „Die IGS Eschersheim bekommt heute den Titel einer Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage verliehen. Dieser ist keine Auszeichnung für Geleistetes in der Vergangenheit. Er ist Selbstverpflichtung für die Gegenwart und Zukunft! Als Pate stehe ich immer zur Verfügung, die Schule bei der Erfüllung ihrer Ziele zu unterstützen.“

Foto: OB Peter Feldmann (M) bei seinem Besuch an der IGS Eschersheim anlässlich der Verleihung des Titels ‚Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage‘ neben Meron Mendel (l), Bernhard Becker (2.v.l.) und Irmgard Long (3.v.r.)
(©) Bernd Kammerer