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Kategorie: Kulturbetrieb
K roncalliZirkus Roncalli zu Gast in Hamburg

Helmut Marrat

Hamburg (Weltexpresso) - Was bedeutet eigentlich der Name Roncalli?

Laut Bernhard Paul, dem Gründer und Direktor, hieß so eine Figur aus einem Drehbuch des Österreichers Peter Hajek, das den Titel: „Sarah Roncalli, Tochter des Mondes“ trug. Außerdem war, vor allem in Süddeutschland, noch der Name des ehemals als besonders volksnah beliebten Papstes Roncalli (das war Papst Johannes XXIII.) in Erinnerung. So wurde es möglicherweise leichter, den Zirkusnamen bekannt zu machen. Das ist nun einundvierzig Jahre her.

K roncalli1Damals, Mitte der 1970er Jahre, gab es noch berühmte, große Zirkusnamen, die jeder kannte: wie Sarassani, Busch-Roland, Althoff oder Krone. Und während hier sozusagen klassischer Zirkus geboten wurde und wird, also auch mit Raubtieren und Elefanten, verzichtetete und verzichtet Roncalli fast vollständig auf Tier-Nummern. Einzige Ausnahme: Eine schöne Pferdedarbietung, geleitet durch den Hamburger Karl Trunk, und, als Debütantin, Vivi Paul, Tochter Bernhard Pauls. Damit soll aber ab dem nächsten Jahr ganz Schluss sein. - Schon in den Neunzigern bot man keine Wildtiere mehr im Programm. Bald wird man sich ausschließlich auf die Artisten verlassen.

Alles ist bei Roncalli etwas weniger gewaltig. Fast ein wenig wie ein Anti-Zirkus - und dennoch ein vollkommener Zirkus durch und durch!

Im Mai 1976 begann es in Bonn, aber im Juli des selben Jahres war auch schon wieder Schluss. Die beiden Gründer André Heller und Bernhard Paul sollen sich entzweit haben. Paul blieb alleiniger Inhaber. Vier Jahre später ging es weiter: “Die Reise zum Regenbogen“ hieß das Programm!

K roncalli0Alles ist darauf aus, die Zuschauer fröhlich zu stimmen.Es beginnt schon von Anfang an. Die zahlreichen Zuschauer an diesem Mittwochabend stehen in einer langen Schlange, auf einem roten Teppich, und werden von den Darstellern, den Clowns und Artisten freudig begrüßt. Die stehen rechts und links des Eingangs. Man erreicht eine Vorhalle. In der Mitte und an den Seiten werden Popcorn, Getränke, aber auch Souvenirs feilgeboten. Roncalli ist längst eine Marke. Und das Unternehmen veranstaltet nicht nur zum Beispiel seit Jahren den Hamburger Weihnachtsmarkt vor dem Rathaus, sondern auch einen Weihnachtszirkus in Berlin, ein Roncalli-Cafe, und so fort. Man setzt immer und erfolgreich auf Nostalgie. Man kann sogar Kettenkarussells für seine private Feier mieten.

In der Manege selbst drehen und schwenken sich vor Beginn der Schau Bildschirme, die uns einen vielseitigen Blick der Erinnerung darbieten. Und nun geht es los. Das komplette Ensemble marschiert auf!

In schnellem Wechsel folgt Darbietung auf Darbietung. Es beginnt mit einer Luftring-Artistik von Vivi Paul. Paolo Carillon, ein Clown aus dem Märchenbuch, ist der Nächste. Toll. Das Trio Czaszar mit dem Schleuderbrett. Dann eine menschliche Marionette. Später ein ganz neuer Eindruck: Ein Seiltanz-Duo auf dem Mond. Also ein Schwingrad wie eine Mondsichel, an dem oben ein Seil gespannt wurde. Zwei Dimensionen gegeneinander.

Der Abend geht von 20 Uhr bis etwa 22.45. Eine Pause. Und wenn wir finden, dass der erste Teil zwar erstklassige Akrobatik und Clowns-Nummern, großartige musikalische Begleitung, aber etwas zu wenig Poesie bot, so bringt der zweite Teil auch dies. Er ist alles in allem gelungen! Und es entsteht ein großer runder Gesamteindruck.

Zunächst zu der Musik: Seit 1983 leitet der Pianist Georg Pommer das Orchester, und da er vom Jazz und Artrock kommt, sorgt er für einen spannenden Gegensatz: Nostalgie trifft Moderne.

Ziemlich zum Schluss hat Robert Wicke eine gewitzte Clown-Artistik parat. Er holt sich aus dem Publikum mehrere 'Assistenten'. Und es entsteht ein großer Spaß für alle. Und kurz vor dem Finale folgt noch ein weiterer poetischer Glanzpunkt: Das ganze Zelt singt gemeinsam – mit Beziehung auf Hamburg - Brahms' „Guten Abend, Gute Nacht!“, das der Clown bereits in seiner allerersten Nummer angedeutet hatte. So schließt sich der Kreis. Und: Wir waren sehr gerne in dieser Zauberwelt! Und ahnen, dass viel Publikum kommen wird. Aber man muss sich beeilen! Denn die Hälfte der Hamburger Roncalli-Zeit ist bereits vorbei.

40 Jahre schon gibt es diesen Zirkus. Es ist kein Wunder.

Foto: ©

Info:

Roncalli gastiert noch bis zum 2.7.2017 auf der Hamburger Moorweide, direkt am Damtor-Bahnhof. Jeden Tag – außer Montags und Dienstags – finden 2 Vorstellungen statt: Mittwochs – Freitags um 15:30 und 20 Uhr; Sonnabends um 15 und 20 Uhr; Sonntags um 14 und 18 Uhr. Zusatztermin: Dienstag, 27.6., um 15:30 und 20 Uhr; und: Am 2.7. gibt es noch zusätzlich eine Vormittags-Abschieds-Vorstellung um 10:30 Uhr. - Karten-Bestellungen unter: TEL. +49 (0) 40 - 30 18 70 20 – oder: TEL. +49 (0) 221 - 96 494 260. - Hingehen!!!