F FFAnne Imhof Peter Feldmann 1 copyright Bernd KammererEintragung im Frankfurter Römer in das Goldene Buch der Stadt 

Hanswerner Kruse

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Am Mittwoch trug sich die in Gießen geborene, in Fulda aufgewachsene, in Offenbach ausgebildete, in Frankfurt lebende, mittlerweile weltweit agierende Künstlerin Anne Imhof (39) in das Goldene Buch der Stadt Frankfurt ein. Hier in der Mainstadt begann ihre „Blitzkarriere“, wie es Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) in seiner Laudatio formulierte.

Derzeit startet die Frau mächtig durch - 2015 erhielt sie den renommierten Preis der Berliner Nationalgalerie und konnte dadurch im folgenden Jahr ihre Performance-Trilogie „Angst“ in Basel, Berlin und Montreal mit ihrem Team inszenieren. In hwk imhof frankfurt 7504diesem Jahr erhielt sie dann den Auftrag, den Deutschen Pavillon auf der - bis zum 26. November stattfindenden - 57. Kunst-Biennale in Venedig zu gestalten. Obendrein bekam sie noch den Goldenen Löwen für den besten nationalen Beitrag zu dieser Kunstschau. Ganz überraschend erhielten ja sogar zwei Künstler mit Fuldaer Wurzeln das venezianische Gold, denn auch der wieder hier lebende Franz Erhardt Walther konnte sich über einen Löwen freuen (wir berichteten).

Das wuchtige, nationalsozialistisch wirkende Gebäude in den venezianischen Giardini ließ die Künstlerin völlig verglasen, drinnen trennten massive Glasböden und gläserne Wände die Besucher (meist) von Imhofs Akteuren. Die wurden in einem zeitgenössischen „Faust“, so der Titel, gleichsam zur Schau gestellt und von den Zuschauern isoliert - zu dröhnender Musik oder bedrohlicher Stille agierten die jungen Performer in ihrer eigenen bizarren Welt.

F FFStephan Siegler Ina Hartwig Anne Imhof Peter Feldmann copyright Bernd KammererFrankfurts Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) - auf dem Foto hinter der sitzenden Anne Imhof - meinte beim Empfang im Kaisersaal, in dieser venezianischer Inszenierung seien die Körper junger Menschen wie in einem Traum gefangen. Es sei ein Traum voller Grenzüberschreitungen, dann wieder von großer Schönheit, aber letztlich könnten wir die Sprache dieser Körper nicht verstehen. In Imhofs modernem „Faust“ bleibe jeder, gleichsam „post-faustisch“, für sich allein. Die Künstlerin selbst wies eindringlich darauf hin, dass sie den Goldenen Löwen als Auszeichnung für ihr gesamtes Team sehe. Alle diese, für ihre Arbeit wichtigen Menschen seien ihr in Frankfurt begegnet, nur zwei von ihnen seien Deutsche.

Diesen Aspekt griff auch Oberbürgermeister Feldmann auf, der darauf hinwies, dass die Hälfte aller in Frankfurt lebenden Menschen einen Migrationshintergrund hat. Dennoch gäbe es hier keine Ghettos, das wirke sich auf den sozialen Zusammenhalt aus, Konflikte würden als Chance gesehen. Imhofs Truppe sei also trotz der wenigen Deutschen ein „Frankfurter Team“, welches in seiner Kunst einen Spiegel der gesellschaftlichen Verhältnisse zeige - mal grausam, mal von verstörender Ästhetik. Mit Mut und Radikalität setzten die Künstlerin und ihre Gruppe Akzente in der Kulturlandschaft, er hoffe, dass sie der Stadt noch lange erhalten bleibt.

hwk imhof frankfurt 7512Imhof sagte im anschließenden Gespräch, sie lebe und arbeite gerne in Frankfurt, das sei so eine offene Stadt und man käme schnell überall hin. Ihre Fuldaer Kindheit und Jugend würde sie nicht verschweigen, in ihren Biografien käme die schon vor. Die Stadt mit ihren barocken Kirchen habe sie ja auch sehr geprägt, doch später wollte sie dann einfach nur noch weg. Bereits als Kind habe sie gerne gezeichnet und gemalt, Porträts von Freunden gemacht Schließlich wollte sie dann auch Künstlerin werden: „Um frei zu sein“, meinte sie lachend zum Abschied.




Fotos: Anne Imhof mit Oberbürgermeister Feldmann, einmal - oben drüber  - mit Mutter Dr. Annette Imhof-Kramer, hier mit Mutter und Vater Dr. Michael Imhof © Hanswerner Kruse
Titel und 3. Bild © Bernd Kammerer



hwk faust230990Zur Erinnerung: einmal „Faust“ in Venedig in glasklarer Härte




















hwk faust1 30957Einmal Angst II in Berlin im Dauer-Nebel, beide Fotos © Hanswerner Kruse