hwk herbst1Herbstausstellung in der Kunststation Kleinsassen, Teil 1

Hanswerner Kruse

Kleinsassen (Weltexpresso) - Gleich mit drei Ausstellungen begann am Wochenende die Kunststation Kleinsassen ihre große Herbstschau. Bereits von weitem grüßen die Besucher zwei haushohe Wandmalereien an den Fassaden, die das Kunsttrio „3steps“ neulich mit Jugendlichen gestaltete. Nun stellen die drei Gießener Künstler ihre Arbeiten auch im Inneren aus.

„Das gehört in die Großstadt“, kommentierte ein Besucher während der Kunstwoche die Wandmalereien, „hier auf dem Land will ich so etwas nicht sehen.“ Jedoch machen nun gerade sie das Anwesen als Ort der Kunst kenntlich und verbinden die mächtigen, abstrakten oder figurativen Skulpturen auf der Wiese mit den Ausstellungshallen. Extra für ihre Schau schufen die „3steps“ im letzten Moment noch drei riesige Wandbilder, die ihre Fassadengestaltung ins Innere der Kunststation verlängern. Die Farbe war noch feucht, als die Werke in der Nacht vor der Vernissage aufgehängt wurden.

hwk herbstMit vielen ähnlichen, von Pop und Street Art inspirierten Gestaltungen im öffentlichen Raum wurden die Künstler international bekannt. Und die große Ausstellungshalle in der Kunststation ist nun quasi ein zeitweiliger urbaner Begegnungsort geworden. Dort treten die mächtigen floralen Eisenskulpturen Herbert Mehlers und die stählernen Endlosschleifen Sonja Edle von Hoeßles diesen Riesenbildern ebenbürtig gegenüber.

Im Nachbarsaal hängen Mehlers große Bleistiftzeichnungen des heutigen Berliner Stadtlebens, die wie ein Verweis auf die Street Art der Gießener Künstler wirken. Doch die völlig unabhängig entstandenen Bilder enthalten seltsame Fremdkörper - nämlich hineingezeichnete Skulpturen Mehlers. Die Flugbahn eines dieser Objekte namens Belladonna endet im Garten des Museums und steht dort als „echte“ Plastik: Ein schönes kuratorisches Spiel der Ausstellungsgestalterin Dr. Elisabeth Heil, der es auch diesmal wieder gelang, extrem unterschiedliche Kunstwerke in spannende Beziehungen miteinander zu setzen. So wird diese Herbstausstellung gleichsam zu einem Gesamtkunstwerk.

Durch die Skulpturen des Künstlerpaares aus Franken sind die Besucher ständig angeregt, ihre Position zu wechseln und sowohl die Objekte selbst als auch den sie umgebenden Raum immer wieder anders wahrzunehmen, ja zu erleben. „Panta rhei - Welten im Fluss“ heißt wohl deshalb auch die Ausstellung der beiden: alles verändert sich. Von Hoeßle „zeichnet mit Stahlstäben im Raum“ (Dr. Heil), außerdem kreiert sie auch großformatige Gemälde mit ineinander fließenden Farbschichten. In diesen Bildern kann man fantastische, ebenfalls fließend wirkende Welten entdecken, die großartig mit den Skulpturen ihres Mannes korrespondieren.

Als Gruppe „3steps“ präsentieren die Gießener Künstler Joachim Pit sowie Kai und Uwe Krieger neben ihren Wandbildern ein erstaunlich vielfältiges Oeuvre. Ihre neueren Arbeiten sind, wie einst die Pop Art, zwar von Alltagskultur und Werbung inspiriert, doch sie entwickeln einen durchaus eigenständigen Stil. Die großformatigen schwarz-weißen Graffitis auf Holz sind noch recht triviale wenn auch dekorative Porträts, die sich, wie ihre ebenfalls gezeigten Leuchtkästen, gut für das moderne Zuhause eignen. Formal und inhaltlich komplexer sind dagegen ihre mit Sprühlack und Siebdruck zusätzlich bearbeiten Collagen, in deren Mittelpunkt längst vergessene Kommunikationsmittel wie Schreibmaschinen, Telefone oder Atari-Computer stehen. Sie wollen damit die heutige Welt reflektieren: „The Sense of Things“ (der Sinn der Dinge) ist der Titel ihrer Ausstellung.

Fotos: 
Die große Ausstellungshalle der Kunststation als urbaner Begegnungsort: Im Vordergrund „Endlosschleife“ von Sonja Edle von Hoeßle, hinten eine florale Skulptur Herbert Mehlers. Wandbild „3steps“Eine Wandmalerei von „3steps“ an der Fassade der Kunststation © Hanswerner Kruse

Info:

Im Studio zeigt Monika Trautwein bis zum 24. September ihre Arbeiten mit und in Paper zum Thema „Loslassen und finden“ (Bericht folgt).
Die Ausstellungen „Panta rhei“ und „The sense of things“ noch bis zum 26. November
Kunststation Kleinsassen, An der Milseburg 2
Geöffnet Di. bis Sa. 13 - 18 Uhr, sonn- und feiertags 13 - 18 Uhr (Winterzeit 13 - 17 Uhr)