F 1Richtfest Erweiterungsbau Juedisches Museum copyright Stadt Frankfurt Bernd KammererMeilenstein zur Erweiterung des Jüdischen Museums gefeiert, Teil 2/3

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Dieses Richtfest war - ausgelöst durch den großen Kranz aus Tannenzweigen mit blau-weißen Bändern - uns Anlaß, über die Einrichtung des Richtfestes Näheres zu erforschen, insbesondere, was es mit dem Kranz auf sich hat, der so überaus einem Adventskranz gleicht. Aber - das wissen wir genau - Weihnachten und Advent in der heutigen Form ist eine Erfindung des eben sehr bürgerlichen 19. Jahrhunderts, auch die Kindheit ist ja dere "Erfindung", die kurz zuvor als schützenswert konstituiert wurde, während früher die Kleinen eigentlich nur zukünftige Erwachsene waren.

Noch mal zurück zum Richtfest, zu dem wir im Internet auch weitere Begriffe fanden, wie: Bauheben, Weihefest, Hebefest, Hebfeier, Hebauf, Hebweih, Hebmahl, Firstbier, Aufschlagfest oder Hiebschmaus; in Österreich Gleichenfeier, Firstfeier/-fest oder Dachgleiche; in der Schweiz Aufrichte, niederdeutsch Fensterbeer. Egal, welcher Begriff verwandt wird, dieses Fest wird gefeiert, wenn der Rohbau eines Gebäudes fertiggestellt ist, wenn also auch der Dachstuhl errichtet bzw. das Dach erstellt ist. Und wenn wie in Frankfurt beim Neubau eines Anbaus des Jüdischen Museums, der übrigens rund 2800 Quadratmeter umfaßt,  gar kein Dachstuhl vorhanden ist, dann nennt man das auch DECKENFEST. Aber in Frankfurt wurde der seit dem 14. Jahrhundert Brauch des Richtfestes gefeiert. Verfolgt man das historisch, dann werden schnell die ökonomischen Ursachen des Brauchs klar. Denn der Einschnitt nach einer Etappe der Arbeit bedeutet, daß in diesem Fest symbolisch die bisherigen Arbeiten abgegolten sind, was voraussetzt, daß sie auch ausbezahlt wurden,  und daß nun alles von vorne losgeht. 

Und diese 600jährige Geschichte hat auch einen traditionellen Ablauf, der mit dem Richtkranz zu tun hat, den man auch Richtskrone nennt und sogar Richtbäume gibt es, die ebenso gechmückt werden wir die Kränze. Hier waren es blau-weiße Bänder, von denen die Direktorin des Jüdischen Museums, Mirjam Wenzel erzählte, im Altertum galten diese Farben als Glücksbringer, Blau-Weiß seien zudem die Farbe des Judentums,  was sich auch heute in der israelischen Flagge zeigt, aber auch in den vielen Sportvereinen Blau-Weiß, die es in Deutschland traditionell gibt, fügen wir hinzu. Es werden deshalb künftig diese Farben auch "das Corporate Design" des Museums bilden. Zum fünfeckige Rohbau, eigentlich ja zum zukünftig fertiggestellte Bau, sagte die Direktorin: "Es ist ein imposantes Gebäude, ein wunderbares Geschenk." Gewöhnungsbedürftig wird die sachliche Form, die Kahlheit des Baus sein, die mit Absicht in diametralem Gegensatz zum klassizistischen Rothschildpalais von 1821 steht, in dem seit über 25 Jahren das Jüdische Museum untergebracht ist, wobei das Gebäude selbst original aus zwei Häusern besteht, die eine einheitliche Fassade erhielten. Nun der Altbau des Museums.

In Zukunft werden beide Teile miteinander verbunden sein, das Gemeinsame soll außer der weißen Außenfarbe der Eingang sein. Die Eröffnung wird für den Sommer 2019 konzipiert, aber eine kleine vorläufige Eröffnung wird es im Herbst des Jahres geben, die zeigen soll, wie das Museum zukünftig bespielt wird. 

Zusammen mit dem Richtkranz, der an diesem Tage von einem riesighohen  Kran dirigiert wurde, spielt nun der Richtspruch eine Rolle, der sogenannte Zimmermannsspruch. Diesmal hat kein einfacher Handwerker, sondern sogar der Chef der Baufirma Anton Schick ein Gedicht verfaßt, das wir gleich weitertragen. Richtspruch oder Richtgedicht wird als Dank an Architekten und Bauherrn vorgetragen, aber das Ganze dient auch dazu, für die weitere Arbeit Gottes Segen zu erbitten. Es wird also die Vergangenheit genauso angesprochen wie die Zukunft. Und dann kommt der weitere Usus, nämlich der Schnaps, manchmal auch der Wein, der zum Richtspruch gehört und nach dem das leere Glas auf dem Boden zerschmettert wird. Da muß man nur an den deutschen Spruch denken "Scherben bringen Glück." Im Umkehrschluß, wenn das Glas heil bliebe, dann bedeutet das Unglück über dem Weiterbau. 
So weit wird der Sprecher es nicht kommen lassen.

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Foto: 
Richtfest Erweiterungsbau Juedisches Museum  © Stadt Frankfurt, Bernd Kammerer