KN führung 5098Ein Tanzwochende im LandArt-Projekt

Hanswerner Kruse

Hutten-Heiligenborn (Weltexpresso) - Langsam neigt sich das 7. Land-Art-Festival 2019, „Zwischenräume“, am Heiligenborn dem Ende zu. Zwei Wochen vor Schluss inszenierte die Choreografin Monica Opsahl einen Glanzpunkt mit einem Tanzwochenende in der Natur.

„Wenn ich sagen könnte was es bedeutet, müsste ich es nicht tanzen“, sagte einst Isadora Duncan, eine der Pionierinnen des modernen Tanzes. Das kann man auch umkehren - wenn der „unwägbare Rest“ eines Kunstwerks nicht zu verbalisieren ist, dann kann man ihn tanzen. Folglich lockte Opsahls Compagnie Artodance den nicht sagbaren, poetischen Kern vieler Werke auf dem Kunstpfad (wir berichteten) durch ihre Choreografien hervor. Im kleinen Wäldchen nahe dem Bergrestaurant bewegte sich konzentriert eine Tänzerin auf einem Felsen wie der „Flugsamen“. Vor den grellbunten abstrakten „Draußenbildern“ auf Metallplatten agierten andere wild und scheinbar orientierungslos zwischen diesen, im Wald so fremden Objekten.

Auf einer Wiese belebte Artodance die Skulptur „3 Falten im Rechteck“. Die leicht versetzten Spiegel im Objekt zeigten merkwürdige Reflektionen der Bewegungen. Das Werk erwachte zum Leben und die - hier eher schlichten - Tänze wurden durch ihre Widerscheine vervielfacht: So entstand eine völlig neue, geniale Synthese von Bildender und Tanzkunst in der Natur. Auch bei anderen Artefakten gelang diese Verschmelzung zu etwas Neuen.

Beim Mitwirken der Natur erscheinen die Tänze sowieso völlig anders als in geschlossenen Räumen: Durch das hohe Gras, die Töne der Vögel und des Windes, das Rauschen der Bäume und Büsche - aber auch durch das Gefühl der Unbegrenztheit und Weite der Landschaft.

Ein riesiges, auf der Wiese zwischen Bäumen schwebendes Tuch, wurde durch die Tänzerinnen zur Bühne. Sie zeigten einige Elemente aus ihrer später hier dargebotenen Choreografie „Soulmate“ (Seelenverwandte).

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Dieses Tanzstück eröffnete im letzten Jahr die Kulturwerk-Woche und wurde zum ersten Mal draußen in der Natur aufgeführt. Drei Tänzerinnen realisierten mit einem Gasttänzer den Mythos der Kugelmenschen des antiken Philosophen Platon: Einst waren die Menschen am Himmel Kugeln mit vier Armen und Beinen, wurden aber auf der Erde getrennt. Nun suchen sie Zeit ihres Lebens die andere Hälfte. In Opsahls Choreografie geht es um die Suche nach Seelenverwandten und ihr Wiederfinden in der heutigen Zeit. Immer wieder wurde die Frage gestellt, „sind sie unzertrennlich?“ und immer wieder begannen die Tanzenden einzeln oder gemeinsam aufs Neue die Suche.

Am Sonntag präsentierte die Gruppe nach einer weiteren Tanzführung noch einmal das Eröffnungsstück des diesjährigen Festivals „between“ (dazwischen). Wer einmal am Heiligenborn gewandert ist, kennt die Magie dieses Ortes zwischen scheinbar unberührter Wildnis und dem Übergang zur Zivilisation. In dem „Dazwischen“, entlang dieser Grenze, bewegte sich Artodance: Unter den Gästen im Biergarten, vor der Kinderwiese oder auf dem Weg zum Restaurant ertanzte und eroberte sich die Compagnie ihre „Zwischenräume“.

Alle Choreografien Opsahls, die an diesem Wochenende zu sehen waren - sind wie so oft bei ihr - Collagen aus assoziativen Ideen zu den Kunstobjekten oder Themen: Kontakt, Begegnung und Trennung. Kurz angetanzte diverse Geschichten. Vervielfachte und sich verändernde Bewegungen mit akrobatischen Figuren. Alltagsklischees scheinen auf und werden sogleich wieder gebrochen. Bedrohliches wird mit Zartheit konfrontiert. Auch die Tänze lassen sich kaum erklären, sie verwahren ebenfalls ihren poetischen Kern. Doch den können Besucherinnen oder Besucher erspüren - und er verführt immer wieder zu eigenen Interpretationen.

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Hanswerner Kruse

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