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Kategorie: Kulturbetrieb
Bildschirmfoto 2019 10 07 um 16.08.24DOMMUSEUM FRANKFURT AM MAIN,  Katholische Dom-Kirchengemeinde Sankt Bartholomäus im Oktober

Eric Fischling

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die unten ausführlicher vorgestellte Veranstaltungsreihe ist bereits die dritte Kooperation der beiden Häuser Goldstein Galerie und Dommuseum. Die Abhandlungen über Heilige und Idioten führen ins Zentrum dessen, was zwischen Realität und Interpretation möglich ist.


In seiner ursprünglichen Bedeutung gilt der Idiot als Individuum, das auf allgemein gelehrtes Wissen verzichtet und stattdessen die Kraft der Einfachheit und Unvollkommenheit sucht. Idioten irritieren die etablierte Ordnung und stellen herrschende Prinzipien in Frage. Allerdings stehen der pathologische Klang des Wortes Idiot und die damit verbundenen ausgrenzenden und abwertenden Attribute der Neuzeit im Widerspruch zur eigentlichen Bedeutung des Idioten.

Die Reihe „Heilige Idioten, idiotische Heilige“ geht mit ihren Vorträgen, Gesprächen und einer Ausstellung auch auf die öffentliche Wahrnehmung von Menschen mit einer sogenannten Beeinträchtigung in der Gegenwart ein, die zwischen Stigmatisierung und Vereinnahmung, zwischen Hass und Faszination oszilliert.

Eröffnet wird die Reihe am 9. Oktober mit dem Diavortrag „Melodrom“ des Frankfurter Künstlers Gerald Domenig um 20 Uhr in der Goldstein Galerie.

Einen Tag später (10. Oktober, 20 Uhr) stehen „Männer, die auf Säulen sitzen“ auf dem Programm. Der Rektor der Dom-Pfarrei St. Barhomomäus, Dr. Stefan Scholz, spricht mit Dr. Bettina Schmitt (Direktorin des Dommuseum Frankfurt) über Heiligkeit und Idiotie.

HEILIGE IDIOTEN, IDIOTISCHE HEILIGE

MI 9. Oktober – SO 3. November 2020
Eine Veranstaltungsreihe der Goldstein Galerie
in Kooperation mit dem Dommuseum Frankfurt
in der Goldstein Galerie, Schweizer Straße 34, Frankfurt am Main
 und abwertenden Attribute der Neuzeit im Widerspruch zur eigentlichen Bedeutung des Idioten.



Oktober

10.–19. Oktober

Oktober
Gerald Domenig
Melodrom
20 Uhr
Ein Diavortrag des Frankfurter Künstlers Gerald Domenig

10. Oktober
Blättertisch
Öffnungszeiten: Mittwoch–Samstag, 12–18 Uhr Gedanken, Bilder und Impulse zum Thema Heilige

Idioten, Idiotische Heilige. Stefan Scholz
Männer, die auf Säulen sitzen – ein Gespräch über Heiligkeit und Idiotie 20 Uhr
Dr. Stefan Scholz (Rektor der Dom-Pfarrei St. Bartholomäus) im Gespräch mit
Dr. Bettina Schmitt (Direktorin des Dommuseum Frankfurt).

23. Oktober
Kati Kroß
Freaks als Stars – Christoph Schlingensiefs Freakstars 3000
20 Uhr
‚Andauernd missbraucht und dazu gezwungen Behinderung darzustellen‘
Kati Kroß (Sozialpädagogin und Theaterwissen- schaftlerin) reflektiert das Dilemma der Repräsentanz von Behinderung in der Kunst und Schlingensiefs Umgang damit.

Ein Vortrag, Filmszenen und ein Gespräch mit Jakob Hoffmann.


26. Oktober – 3. November
Mikael Ross
Allüren – Der Umfall und andere Geschichten

Eröffnung: Samstag, 26. Oktober, 19 Uhr Öffnungszeiten: Mittwoch–Sonntag, 12–18 Uhr

Noel verliert seine Mutter und kommt nach Neuerkerode, einem Dorf, in dem Menschen mit Behinderung leben. Der Umfall erzählt wie Noel neue Freunde findet und lernt, den Verlust zu akzeptieren - traurig, überra- schend und immer wieder sehr komisch.

„Unglaublich ist das Mindeste, denn ich kenne keinen Comic der letzten zehn, ach: zwanzig Jahre, der un- günstigere Voraussetzungen hatte - und aus dem etwas ähnlich Großartiges geworden ist.“ (Timur Vermes, Der Spiegel)

Eine Ausstellung von Mikael Ross, mit Arbeiten von Thomas Hoops, Danny Gmerek, Holger Denecke und Christoph Stark. Kuratiert von Jakob Hoffmann.

31. Oktober
Novina Göhlsdorf

Von einer ‚tiefgreifenden Störung‘ zur ‚Superkraft‘? Autismus-Bilder im Wandel
20 Uhr

Seit einigen Jahrzehnten wird Autismus vermehrt zum Thema – in Forschung, Öffentlichkeit und Populärkultur. Aktuelle Autismus-Debatten sind oft geprägt von Äußerungen autistischer Menschen. Auch dadurch wird seine Pathologisierung vermehrt hinter- fragt. Viele halten Autismus nicht für eine Störung, sondern für eine zukunftsweisende Existenzform. Veränderungen im Blick auf den Autismus stehen im Mittelpunkt des Vortrags – auch weil diese Verände- rungen Auskunft geben über gegenwärtige Ideen des Menschen und der Gesellschaft.

Novina Göhlsdorf ist Kulturwissenschaftlerin am Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung, Berlin.

F
oto:
Symenon Stylites der Jüngere. Ikonenbild 1667
© (Detail. Abb. aus: Icônes arabes. Art chrétien du Levant. Éditions Grégoriennes, 2003), S. A42.