princess elizaEin starker Katalog durchleuchtet die deutsch-englischen Einflüsse durch Hochzeiten , Teil 2/2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Auf das englische Königshaus sind wir neben der Aktualität des Todes des Prinzen Philip eingegangen, weil der umfangreiche Katalog auf den vorderen und hinteren Umschlagseiten die Genealogien aufzeigen. Das geht mit George I. (1660-1727), Kurfürst von Hannover und König von Großbritannien und Irland los, der mit Sophie Dorothea (1666-1726), Herzogin von Braunschweig und Lüneburg verheiratet war.

In der Folge finden unglaublich viele Hin- und Herheiraten zwischen englischen und deutschen Adelshäusern statt, wobei die deutschen Anteile dominieren. Das muß man nicht alles wissen, aber wichtig ist die Heirat von Victoria, Königin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Irland, Kaiserin von Indien (1819-1901), nach der das kulturgeschichtliche Zeitalter Viktorianismus genannt ist, mit Albert, Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha (1819-1861), dessen Nachkommen das jetzige Königshaus sind und deren strukturelle Ähnlichkeit der Eheschließungen – Liebesheirat, Frau ist Königin, deutschstämmiger Ehemann - früher betont wurden, allerdings ist der Prinzgemahl Albert sehr früh gestorben. Eine Generation vorher heiratet Elizabeth, Prinzession von Großbritannien und Irland, Landgräfin von Hessen-Homburg (1770-1840) den Landgraf von Hessen-Homburg Friedrich VI. Joseph (1769-1829), um die es als Princess Eliza im Folgenden geht, zu deren 250sten Geburtstag diese Ausstellung ausgerichtet und dieser Katalog für die Ewigkeit verfaßt wurde, die, das sei noch angefügt, das siebte von insgesamt fünfzehn Kindern des englischen Königspaares war und das Haus ihrer Mutter mit ihren japanischen Malereien verzierte, die ganze Wandflächen in orientalisierenden Pflanzenstilleben ausmalte.

Man ist von der Genealogie des englischen Königshauses ganz schön erschlagen und fragt sich vor allem, warum bei den ganzen Namen manche in Grün erscheinen. Uns fiel einfach nichts ein. Es waren nicht Herrschende und Nebenlinien, nein, das Geheimnis entschlüsselt sich auf dem letzten Umschlagseite, wo das Landgrafenhaus Hessen-Homburg genealogisch dargestellt ist. Da steht ganz klein, daß die Namen in Grün diejenigen Personen sind, die Experten in Gartenkunst wurden. Aha. Doch dies Herrscherhaus nun auch noch in Personen darzustellen, wird zuviel. Der Landgraf hat die Engländerin geheiratet, als diese schon 43 Jahre war und keine Kinder mehr zu erwarten waren, aber der Landgraf hatte noch zehn Geschwister!, von denen übrigens sehr viele grün eingefärbt sind.

Der Band mit fast 400 Seiten und sehr vielen farbigen Abbildungen zeigt die Konzeption der Ausstellung auf, bringt dann die familiären Hintergründe Großbritannien und Deutschland, auch die künstlerisch orientierten Schwester Elizas, Königin Charlotte Auguste Mathilde von Württemberg und Ihr Bruder Adolphus Frederick in Hannover, wo sie Zuflucht fand. Ein weiteres Kapitel zeigt sie als Künstlerin, ihre Buchprojekte, ihre Zeichnungen und Malereien, die im Stil der Zeit japanisch inspiriert waren und allerliebste schwarze Lackmalereien zeigen. Denn in der Ausstellung waren die im Katalog dargestellten Gegenstände natürlich dreidimensional gezeigt. Dann – aha, sehr interessant – die Beziehung zum mir unbekannten Hofmaler Johann Friedrich Voigt (1792-1871). Und da wir dauernd bei den Beziehungen sind, schau‘n wir mal gleich und lesen, daß diese künstlerische Verbindung hier zum ersten Mal gemäß der Quellenlage untersucht wird. Er war Hofmaler und der künstlerische Lehrer der Landgräfin. Er war nicht dorthin berufen worden, wie es immer hieß, sondern zufällig vorbeigekommen und geblieben, weil er Aussicht auf Einkommen hatte und eine Zeichenschule eröffnen durfte. Seine Bilder des Landgrafen sind zahlreich und auch Eliza hat er oft abgebildet und Quintessenz ist, daß eine intensive Lehrer-Schülerin-Beziehung bestand, die der Landgraf unterstützte, in dem er viele Bilder beim Hofmaler bestellte.

Schauen wir weiter im Inhaltsverzeichnis. Da kommt als nächstes DIE SAMMLERIN, zuerst ihre Bibliothek, die englische, die auf der Sammlung ihrer Mutter aufbaut, die im Frogmore House lebte, das Herrenhaus liegt im Park von Schloß Windsor und war bis vor kurzem der Wohnort von Prinz Harry samt Familie. Einige, die edlen Stücke, sind durch Versteigerungen bekannt. Was ist Schabkunst? Denn so heißt ein Kapitel. Diese Kunst war der Verkaufsschlager in England und wurde als Tiefdruckverfahren erst 1642 in Holland entwickelt, Schwarzkunst genannt, das erste Porträt aus demselben Jahr zeigt die Landgräfin Amalie Elisabeth von Hessen. Solche Porträts sammelte Eliza, von denen viele, wirklich typisch englischer Landstil im Katalog verzeichnet sind. Diese Blätter haben was, sie sind dramatisch,mit ziehenden Wolken und in einem wirklich besonderem Schwarzweiß. Es macht Spaß, die Sammeleien, Porzellan, Möbel, Siegel, Silber, weiter anzuschauen, aber wir wollen endlich zum Grün, müssen aber bei ihren Behausungen doch noch einmal genau hinschauen, so allerliebst sind die Malereien in ihrem Residenzschloß Homburg Und sie hatte auch eine Wohnung in Frankfurt, wie fast alle Bad Homburger Schloßbewohner!

Ihr Einzug im Residenzschloß und was sie dort veränderte, ihr Denkmalinteresse und die Anfänge des Denkmalschutzes werden ausführlich dargestellt. Und erst auf Seite 345 kommt es zur Gartenkunst, dann aber heftig. Kew Gardens ist ihr Vorbild und sie läßt sich ganze Wagenladungen von dort nach Bad Homburg schicken. Wer einmal dort war, weiß, was englischer Gartenstil bedeutet, so auszusehen, als ob alles natürlich gewachsen sei, was höchst kunstvoll angelegt worden ist. Dieses Ideal hat sich in deutschen Gärten entwickelt, nachdem erst einmal die französische Gartenkunst, die durch starke Eingriffe in die Natur, also eine Gestaltung im Kopf, bzw. auf dem Papier, dernach die Natur dann gepflanzt, gestutzt, gestaltet wird. Das wird uns nie langweilig, die vielen Skizzen und botanischen Zeichnungen, die in hervorragender Druckqualität im Katalog seitenlang auftauchen, anzuschauen. Auch Schloß Windsor ist dabei. Wo bleibt Bad Homburg? Die landgräfliche Gartenlandschaft kommt dann ab Seite 359 und zeigt den dortigen Englischen Garten., mit Pavillon und See, Tempelchen, großen schattigen Bäumen, einfach zauberhaft. Sehr gewissenhaft werden dann alle 63 Pflanzen aufgeführt, von der Kamelie bis zur Magnolie, die aus Kew Gardens nach Bad Homburg geschickt wurden. Natürlich gab es auch eine Orangerie samt Garten, wo dann wieder ganz andere Pflanzen standen, wie ein eigener Tannenwald wiederum eine andere Landschaft darstellte.

Der ganze Band ist liebevoll gestaltet, etwas skurril und gerade deshalb hervorstechend aus dem, was sonst immer wieder doch sehr gleich ist.

Foto:
Cover

Info:
Hg. Katharina Bechler, Kirsten Worms, Princess Eliza. Englische Impulse für Hessen-Homburg, Michael Imhof, Staatliche Schlösser und Gärten Hessen, Michael Imhof Verlag 2020
ISBN 978 3 7319 1021 3