Oberbürgermeister Feldmann und Kulturdezernentin Hartwig: Wir schlagen Philipp Demandt als Schirn-Direktor vor

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Frankfurter verstehen das sofort, für andere noch einmal der Kontext. Der zum 1. Juli aus dem Amt geschiedene zehnjährige Kulturdezernent der Stadt (CDU) hatte einige Tage vor seinem Abtritt Philipp Demandt als Leitung für das Städel und das Liebieghaus ausgesucht, dem Magistrat vorgeschlagen, der dieses Votum bestätigt hatte.

"Und die Schirn?", haben da manche sofort gerufen. "Die Schirn kriegt der nicht?", und damit irgendwelche hintergründigen oder hinterfotzigen Gedanken verbunden. Gemach, gemach. Diese drei Institutionen waren in den letzen Jahren vom in die USA wechselnden Max Hollein geleitet worden. Der aber hatte vor 15 Jahren in der Schirn (Galerie, also nur Ausstellungen)  angefangen, später aufgrund seines Reüssierens mit der Schirn das ehrwürdige 200jährige Städel (Kunstmuseum) übernommen und dann das Liebieghaus (Skulpturen)  noch draufgesattelt. Ursprünglich waren alle drei Einrichtungen eigenständig. Was unter Hollein perfekt klappte, muß also erstens nicht so weitergehen und es muß sich erst noch herausstellen, inwieweit das museale Triumvirat auf die Person Holleins zugeschnitten war.

Daß die Schirn nicht gleich mitgenannt wurde, hat formale Gründe. Denn dort gibt es einen Aufsichtsrat, dessen Vorsitzender OB Feldmann (SPD) ist. Daß der nicht ohne seine am 12. Juli bestellte neue Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) von seinem Vorschlagsrecht Gebrauch machen würde, war klar. Weil eine bestimmte Klientel in Frankfurt diesem recht beliebten OB immer am kulturpolitischen Zeug flicken will, wurde gleich unterstellt, hier wolle man von sozialdemokratischer Seite den Vorschlag des geschiedenen CDU-Dezernenten unterlaufen...und was an Gerausche und Gemauschel noch dabei zu hören war.

Das gilt dem formalen Vorgang. Es gab aber auch inhaltliche Überlegungen. Die Schirn, mit einer sehr erfolgreichen Ausstellungsgeschichte, wurde ursprünglich als Ausstellungshalle für alle Frankfurter Museen gebaut, von denen einige über das Museumsangebot hinaus kaum Platz für Ausstellungen haben, wie besonders dringlich  das Weltkulturenmuseum. Aber in unmittelbarer Nachbarschaft der Schirn befindet sich auch das Museum für Moderne Kunst (MMK), das seit seiner Gründung 1981 eine Erfolgsgeschichte ist, was die jetzige Direktorin Susanne Gaensheimer noch einmal gesteigert hat, die inzwischen über zwei weitere Dependancen verfügt. Die Schrin wäre der Direktorin und dem MMK gerade recht gekommen, wirkliche Großausstellungen zu pröäsentieren, denn das Haus selbst, das berühmte Tortenstück von Hans Hollein, wäre mit der Sammlung schon völlig ausgelastet. Der Wunsch ist also verständlich, genauso aber die Entscheidung, daß der eigenständige Ausstellungsbetrieb der Schirn erhalten bleiben soll und somit ein attraktiver Platz im Zentrum weiterhin für große Ausstellungen zur Verfügung steht, die den Kulturtouristen nach Frankfurt ziehen.

In diesem Sinne ist die Entscheidung zu verstehen: Zum 1. Oktober 2016 soll Philipp Demandt zusätzlich zur Direktion von Städel Museum und Liebieghaus Skulpturensammlung die Leitung der Schirn Kunsthalle Frankfurt übernehmen. Die Bestellung von Philipp Demandt werden Oberbürgermeister Peter Feldmann und Kulturdezernentin Ina Hartwig dem Aufsichtsrat vorschlagen, die Berufung erfolgt vorbehaltlich der Beschlussfassung durch die Gesellschafterversammlung, den Magistrat der Stadt Frankfurt am Main. Und den Aufsichtsrat möchte ich sehen, der bei dieser Konstellation 'nein' sagt!

 

Zur Entscheidung, den auch für Städel und Liebieghaus verantwortlichen Demandt mit der Leitung der Schirn zu beauftragen, hat gleich zu drei Statements der Betroffenen geführt:

Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender der Schirn Peter Feldmann betonte: „Ich freue mich, dass es nach dem Amtsantritt der neuen Kulturdezernentin Ina Hartwig schnell zu einer Entscheidung im Einvernehmen mit Herrn Demandt und dem Städel gekommen ist. Die bewährte Zusammenarbeit unserer kreativen und experimentellen Schirn mit dem traditionsreichen Frankfurter Städel bietet auch für die Zukunft gute Perspektiven. Ein Erfolg für unsere Kulturstadt Frankfurt."

Kulturdezernentin Ina Hartwig sagt: „Ich bin sehr froh über diese Lösung, die eine bewährte Struktur fortsetzt. Philipp Demandt und ich haben uns bereits kennengelernt und sehen der Zusammenarbeit mit Freude entgegen. Die Schirn Kunsthalle mit ihren im Zeitgenössischen verankerten Ausstellungen hat in den vergangenen Jahren einen hochinteressanten, korrespondierenden Gegenpol zum Städel Museum dargestellt. Die Ausstellungshalle am Römer erfreut sich großen Zuspruches vor allem durch ein jüngeres Publikum. Mit Philipp Demandt als Direktor und dem Team der Schirn wird die Eigenständigkeit und das unverwechselbare Profil der Schirn Kunsthalle Frankfurt weiterhin gesichert sein.“

„Die Leitung der Schirn übernehmen zu können, ist für mich eine große Freude und eine Herausforderung zugleich. Ich sehe der Schirn mit ihrem engagierten Team umso freudiger entgegen, als auch meine bisherige Ausstellungstätigkeit oft von der Suche nach dem Außergewöhnlichen, Neuen, Unentdeckten geprägt gewesen ist − und das über die Grenzen der kunsthistorischen Kategorien hinaus", so Philipp Demandt.

Stellvertretende Direktorin wird die bisherige interimistische Geschäftsführerin Inka Drögemüller, die seit 2001 an zentraler Stelle für die Schirn arbeitet. Sie war zuletzt zuständig für die Bereiche Marketing/Kommunikation und internationale Ausstellungskooperation.