Bildschirmfoto 2020 08 13 um 23.54.17Die Sammlungen Braglia und Johenning verlängert bis zum 30.August im LEOPOLD Museum Wien

Anna von Stillmark

Wien (Weltexpresso) - Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Emotion zum Stilmittel: Beobachten hieß Empfinden. Triebgesteuert und jenseits von allen akademischen Kanons bannten junge Rebellen aus der Dresdner Künstlergemeinschaft „Brücke“ Seelenlandschaften auf die Leinwand. In Auflehnung gegen die industrialisierte Gesellschaft und ihre Konventionen strebten sie zudem eine naturbezogene Lebensreform an. 

Der Umkreis der Herausgeber des Münchner Almanachs „Der Blaue Reiter“ begab sich währenddessen auf die Suche nach einer neuen Innerlichkeit in der Kunst, die das rein Intuitive gleichermaßen gelten ließ wie die kultivierte Vernunft. Schon zuvor hatten Marianne von Werefkin und Alexej von Jawlensky als Vorläufer die "Neue Künstlervereinigung München" (NKM) gegründet, was in der Wiesbadener Ausstellung LEBENSMENSCHEN in einer Doppelretrospektive der beiden noch bis zum 23. August zu sehen ist. Das ist eine glückliche Fügung, daß beide Ausstellungen sich ergänzen und ohne Corona hätte man auch beide Ausstellungen zusammen ankündigen können. 

Zurück in Wien: Auch unabhängig von den beiden wichtigen Gruppierungen in München und Dresden wurde freilich der Schönheitsbegriff hinterfragt und erweitert. Den Farben kam dabei eine entscheidende Rolle zu: Ob grell leuchtend oder dämmrig und trüb, wirkten sie anstelle der Helldunkelkontraste als Hauptvehikel der Bilddramaturgie. Werke des deutschen Expressionismus haben an ihrer suggestiven Wirkung bis heute nichts eingebüßt.

In der Ausstellung werden rund 130 Exponate aus der Schweizer Sammlung Braglia und der deutschen Sammlung Johenning erstmals in Wien präsentiert, darunter Werke von Emil Nolde, Max Pechstein, Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Wassily Kandinsky, Alexej von Jawlensky, Marianne von Werefkin, August Macke, Franz Marc, Paula Modersohn-Becker, Paul Klee und Lionel Feininger.

Foto:
MAX PECHSTEIN, Junge Dame mit Federhut, 1910 © Renate und Friedrich Johenning Stiftung, Foto: Leopold Museum, Wien/Manfred Thumberger © Pechstein–Hamburg/Tökendorf/Bildrecht Wien, 2019