Kunstherbst in Osthessen, Teil 2/3


Hanswerner Kruse


Schlüchtern/Hessen (Weltexpresso) - „Geteilt“ heißt diesmal die alljährliche Themenausstellung, die der Kunstverein Fulda am Wochenende im Vonderau Museum eröffnete. Die Vernissage war wie immer ein gesellschaftliches Ereignis, zu dem viel Publikum erschien.


Lassen wir in einem Rundgang durch die Ausstellung die Kunst selbst sprechen - also zeigen, wie Künstlerinnen und Künstler eigentlich das Thema angegangen sind: Zu sehen sind einfache, formal geteilte und gespiegelte Gemälde oder zerschnittene Skulpturen. Daneben finden wir viele thematische Objekte mit Titeln wie „Geteilte Zuneigung“, „Geteilte Liebe“ oder „Kindschafts-Teilung“. Psychologische Auslegungen des Mottos zeigen mögliche „Gespaltene Aspekte“ unserer Persönlichkeit. Mit der geteilten Welt in arme und reiche Menschen setzen sich etliche Arbeiten auseinander, gerade die Grafiken „Barmherzigkeit“ versus „Todsünden“ verdeutlichen das besonders. Doch ein Tableau mit unterschiedlich geteilten Apfelstückchen macht fröhlich klar: „Es ist genug für alle da!“ Insgesamt zeigen 31 Künstlerinnen und Künstler 53 Malereien, Grafiken, Skulpturen, Fotografien oder Mischtechniken.


Manche Artefakte - in dieser übrigens hervorragend kuratierten Ausstellung - sind einfach zu verstehen, viele eher verrätselt. Als „offene Kunstwerke“ fordern letztere die Betrachter heraus, werfen ihn auf sich selbst zurück und verweigern eindeutige Interpretationen. Zwei kleine, parallel montierte Marmorobjekte wirken wie leicht gespreizte Frauenbeine, ein Hauch Obszönität schwebt über dem Objekt - doch diese Wirkung entsteht ausschließlich im Kopf des Betrachters.


Wir können hier unmöglich sämtliche Arbeiten vorstellen, aber einige springen ins Auge, etwa die eigenartigen Skulpturen von Martina Fuchs. Eine lebensgroße, grob gefertigte und bemalte Frauenfigur hält Köpfe in den Händen. Sind es zusätzliche, geteilte oder abgelegte Köpfe? „Geteilte Erinnerung“ heißt diese Plastik, neben der eine ebenso große, sehr poetische „Zeiteinteilung“ steht und die Betrachter zur eigenen Nachdenklichkeit über ihre Lebenszeit provoziert.


Britta Jakobi präsentiert mit düsteren aber auch fröhlichen Farben eine dreigeteilte Bilderwelt, in die man quasi hineingezogen wird. Die Tableaus changieren zwischen figürlicher und abstrakter Darstellung. Thematisch bewegt sich die Malerin zwischen Wasser und Luft, Elementen und Menschen, Zerrissenheit und Struktur. Die Bilder sind eine Untergruppe aus ihrem Zyklus „breathtaker“.


„Du armes Schwein, Du!“ Die geteilte Stoffsau Anne Härtel-Geises wird ziemlich kontrovers diskutiert. Einerseits ist das Tier einfach in zwei Hälften geteilt, sie selbst als Vegetarierin teilt damit Ernährungsweisen. Das Objekt scheint brutal und abschreckend, jedoch durch das verwendete textile Material wird das Ganze etwas kuschelig. Deshalb wirkt es besonders monströs - und letztlich überzeugend.


Alle eingereichten Werke wurden von einer Jury ausgewählt. Die Qualität der ausgestellten Exponate ist dementsprechend groß und wird dem Anspruch des Kunstvereins gerecht, Plattform und Experimentierfeld für zeitgenössische Kunst zu sein. Alle Kunstwerke gefallen nicht allen Besuchern, viele sind geteilter Meinung.


Doch in seiner munteren Laudatio machte Dr. Hartmut Krüpe-Silbersiepe auf der Vernissage deutlich, Kunst komme ja nicht nur von „können“ sondern auch von „künden“: „Darum geht es in der Kunst.“ Jedoch könne das Mitgeteilte nicht nur verborgen sein, sondern dem Produzenten selbst gar nicht bewusst. So könne man in der Auseinandersetzung mit Kunst „überraschende Erfahrungen“ machen: Bewunderung, Ablehnung, Missbilligung, „kurz, Kunst lebt von der Auseinandersetzung.“  

 

Foto: (c) Hanswerner Kruse


Info:
Kunstverein Fulda „Querschnitt 2016 Geteilt“ noch bis zum 24. Oktober 2016 im Vonderau Museum. Geöffnet Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr. Dazu werden zwei wichtige Begleitveranstaltungen angeboten:
Künstler bei der Arbeit (Porträtzeichnungen): Sonntag 9. Oktober ab 14 Uhr
Einige Künstler führen durch die Ausstellung: Sonntag 16. Oktober ab 15 Uhr
http://www.kunstverein-fulda.de