Mit dem Roman Tschick wurde Wolfgang Herrndorf (1965-2013) weltberühmt und für seine Bücher erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. Dass er jedoch vor seiner Schriftstellerkarriere ein Kunststudium abgeschlossen hatte und als Maler und Zeichner für verschiedene Verlage und Magazine arbeitete, wissen nur Wenige. Als „Geheim- und Allzweckwaffe“ der Titanic (Oliver Maria Schmitt), als Illustrator zahlreicher Bücher und als Zeichner für den Tagesspiegel sowie den Eulenspiegel arbeitete Herrndorf von 1994 bis in die frühen 2000er Jahre als gefragter Künstler und Karikaturist.

Als Wolfgang Herrndorf 1986 zum Studieren von Norderstedt nach Nürnberg zog, um an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg zu studieren, hatte er bereits viel gezeichnet: Porträts der Familienmitglieder, Selbstbildnisse, Studien von Stoffen und Räumen, verschiedene Landschaften. Seine Bildwelt war von Beginn an lebensnah und detailgenau. Die Kunst der Renaissance war ein frühes Vorbild, Herrndorfs Begeisterung für das Werk Albrecht Dürers ist den Schüler- und Studentenarbeiten deutlich abzulesen.

Nach dem Studium bewarb er sich 1994 als Zeichner bei der Titanic. Waren seine Arbeiten bislang von stilistischer Homogenität, so entwickelte Herrndorf mit seinen Auftragsarbeiten eine Vielfalt an Darstellungsweisen. Im Haffmans Verlag erschien 1997 ein Kalender mit 12 Blättern Herrndorfs, auf denen er Klassiker der Kunstgeschichte kopierte und Helmut Kohl darin in Szene setzte. Der Kalender wurde ein Bestseller und Herrndorf einem größeren Publikum als Maler bekannt. Verleger und Redakteure traten in den kommenden Jahren auf Herrndorf zu, um ihn für Buchillustrationen, Titelbilder oder Karikaturen zu engagieren. Die bestechend genaue Wiedergabe von Szenen, Personen und Stimmungen wurde bewundert. Herrndorfs zumeist kleine Blätter sind von überwältigendem Detailreichtum. Viele dieser Arbeiten enthalten Text, in aufwändig gestalteter, von Hand gemalter Druckserienschrift.

Als Karikaturist trifft Herrndorfs Spottlust die Politik, den Sport und die Religion – in Scherzblättern, Comics oder in der fein ausgearbeiteten Kulisse bedeutender Werke der Kunstgeschichte. In den Witzen darin spöttelt er über den menschlichen Kleingeist, hält der Gesellschaft den Spiegel vor.

Es war Herrndorfs unbestechlicher Blick, der die Schönheit der Natur, aber auch die Skurrilität des Lebens und die bizarren Facetten der menschlichen Gesellschaft aufdeckte. Er war als Autor und bildender Künstler ein Beobachter, Gestalter und Erzähler.

Ausstellung 24. Juni – 03. Oktober 2017

Die Ausstellung im Kunsthaus Stade basiert auf dem Nachlaß Herrndorfs, der aus mehr als 600 Zeichnungen und Malereien besteht. Über 140 Arbeiten sind in der Schau zusammengetragen, um den Bestsellerautor als bildenden Künstler zu präsentieren, darunter auch Leihgaben aus privaten Sammlungen. Zur Ausstellung erscheint ein umfangreich bebilderter Katalog mit Texten von Frank Schulz, Gerd Haffmans und Regina Wetjen sowie Interviews mit Norbert Thomma und Jürgen Roth.


Foto: Wolfgang Herrndorf, ohne Titel, undatiert © VG Bild-Kunst, Bonn 2017

Info:
24. Juni – 03. Oktober 2017
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