hwk hiller schwebezustand 8881Eine blaue Figur steht Kopf, daneben scheint eine rote Gestalt zu tanzen, drumherum ist viel in Bewegung, man spürt den „Schwebezustand“ - und so nennt Frank Hiller (57) auch diese großformatige Arbeit. „Blues“ heißt ein anderes großes Bild, auf dem eine, ebenfalls blaue Figur von hinten zu sehen ist. Sie geht wohl eine Treppe hoch und wirkt traurig, sie hat den Blues, vielleicht weil sie vom prall-bunten Leben daneben Abschied nehmen muss? Besucherinnen und Besucher können in dieser Ausstellung auf ihre eigene Spurensuche gehen. Denn zu den Bildern Hillers fallen einem spontan Geschichten ein, für die der Görlitzer Künstler mit seinen Titel Spuren legt.

Neben dem „Blues“ steht eine kleine Skulptur aus gebranntem Ton: die „Heimkehr“. Der Kopf ist aufgerissen, das Gesicht geteilt und im Inneren des Schädels glänzt goldfarbenes Metall. Die Plastik symbolisiert die Heimkehr von Hillers Großvater aus dem Krieg: „Sie ist froh und tieftraurig zugleich“, erklärt der Künstler während der Eröffnung, “beides klingt in uns allen.“

Obwohl Hillers Arbeiten immer auch fröhlich wirken, malt oder formt er sich die Welt nicht schön: Niedliches oder Gefälliges findet man bei ihm nicht! Die Bilder und Skulpturen sind in der Schwebe, sie changieren zwischen Spiel und Formgebung, Abstraktion und Figuration, Ernsthaftigkeit und Humor - dadurch bekommen sie eine innere Spannung, die sich auch auf die Betrachterinnen und Betrachter überträgt. Das macht die Werke buchstäblich spannend, auch wenn sie - wohl immer noch - traditionelle Sehgewohnheiten provozieren. Doch stets entdeckt man Neues beim Ansehen der Arbeiten, besonders der Bilder, sie lassen genügend Raum für eigene Gedanken und Assoziationen. Hillers Objekte sind offene Kunstwerke: „Was die Arbeiten ausdrücken wollen, darf jeder für sich beantworten, denn ich bin kein Schulmeister“, meinte er zum Publikum.

Manchmal spielt Hiller beim Malen spontan mit Farben und Formen bis sich Gegenständliches herausbildet, das er dann bewusst weiter gestaltet. Oft legt er angefangene Bilder eine Zeitlang zur Seite, bevor er erneut daran arbeitet. Manchmal widmet er sich aber auch einem Thema, einer Aufgabe, die er dann bewusst mit künstlerischen Mitteln entwickelt. Die Skulpturen entstehen aus den unzähligen alltäglichen oder naturhaften Fundstücken, die in seinem Atelier auf ihre Verwandlung warten.

Der Künstler ist bis zum Ende der vierwöchigen Ausstellung in Kleinsassen anwesend und arbeitet an einer großen Plastik aus zwei Baumteilen. Sie soll nach der - hoffentlich baldigen - Fertigstellung mit Drahtseilen zwischen seinen Malereien und Skulpturen im Studio frei schwebend aufgehängt werden. Gerne will der Künstler während der Ausstellung mit dem Publikum ins Gespräch kommen, diese Begegnungen machen ihm ganz offensichtlich Spaß.

Nach Kleinsassen kommt der Künstler als Stipendiat der Via Regia, der Kulturroute des Europarates, und wohnt in der Kunststation. Denn Görlitz liegt wie Kleinsassen an der Königlichen Straße (Via Regia) von Santiago de Compostela nach Kiew. Seit drei Jahren gibt es den wechselseitigen Austausch von Kunstschaffenden aus beiden Regionen.

Fotos: 
© Hanswerner Kruse

Info: 

„Spurensuche“ vom 8. Oktober bis 4. November, Kunststation Kleinsassen. Geöffnet Dienstag - Samstag 13 - 18 Uhr, Sonn- und Feiertag von 11 - 18 Uhr (Winterzeit 13 - 17 Uhr).

Weiterhin läuft noch die große Herbstausstellung siehe https://weltexpresso.de/index.php/kulturbetrieb/10779-hier-auf-dem-land-will-ich-so-etwas-nicht-sehen




In der Ausstellung: Das Bild „Blues“, daneben die Skulptur „Heimkehr“Großaufnahme „Schwebezustand“