zuerst waren sie machthungrig und gewalttätig, dann wurden sie faul und gefräßig, seien Weiberhelden und eben unmäßig und barbarisch, seien nutzlose Könige, die man besser durch sie, die bisherigen Hausmeier des Hofes ersetzen sollte: die Karolinger. Wie es geschah.

 

Welch beeindruckende Königinnen diese Merowinger besaßen, ausgestattet mit Ehrgeiz und Machtwillen einerseits, Intelligenz, Bildung und Tatkraft andererseits, davon sprechen auch schriftliche Quellen. Zeigen aber kann das nun das Archäologische Museum Frankfurt im schönen weiten Ratgeb-Saal. Purpurrot begrüßen einen die Stellwände, in deren geräumigen Nischen die Herrscherinnen und ihre Überbleibsel vorgestellt werden.

 

Woher diese Gegenstände kommen? Tatsächlich alle aus Gräbern. Da muß man erst einmal schlucken, muß sich dann aber der Tradition erinnern, daß alle großen Kulturen über ihre Grabfunde erschlossen wurden und erst das spätere christliche Mittelalter auch den König und Kaiser als Menschen vor Gott gleich dem Bettler sah und nach und nach die christlichen Gräber nur noch die Leichen enthielten.

 

Wisigarde (+ um 540), Arnegunde (+um 580) und Bathilde (+680)

 

Den schönsten Schmuck hat ohne Zweifel WISIGARDE, die als Lebensbild-Rekonstruktion hoch über uns steht, jung, denn sie starb mit ca. 28 Jahren, und brachte als Langobardenprinzessin sicher schon einen Teil des herrlichen hier ausgestellten Goldschmucks mit, der erst mitsamt ihrem Grab am 10. April 1959 unter dem Chor des Kölner Doms gefunden wurde. Sie trägt die golddurchwirkte Stirnbinde, Vitta genannt, wie in späteren Zeiten die Hippies und in früheren Alexander der Große. Ihr Collier, das wie eine heutige Oberbürgermeisterkette weit um die Brust liegt, funkelt und glitzert – und alles aus echtem Gold und echten Steinen. Die Kleidung, ein rotes langärmeliges Kleid mit auberginefarbener Kleidmantel und weißem Tuch um Kopf und Rücken, wurde aufgrund der Textilienfunde im Grab erschlossen.

 

ARNEGUNDES Sarkophag wurde erst 1959 in St. Denis, nördlich von Paris und Grablege der französischen Könige, entdeckt und die Geschichte dieser Königin ist aus zwei Gründen interessant. Sie war die Mutter von Chilperich I., damit die Stammutter aller weiteren Könige der Merowinger. Sie war aber nur die Drittfrau des Königs, die sich dieser auf Rat seiner Erstfrau aus deren Familie holte: die jüngere Schwester. Durch eine Kinderlähmung hinkend – das alles können osteologische Untersuchungen heute nachweisen - gewann sie dennoch sein Herz. Ihr Bildnis zeigt uns eine in Purpur gekleidete ehrwürdige Dame, ein rotes Tuch um den Kopf und Oberkörper geschlungen und mit einer Schmuckfibel gehalten, mit einem herrlichen Gürtel auf dem langen Kleid, dessen breite und aufwendige Schließe in der Vitrine vor uns liegt: Goldblechauflagen sowie Granat- und blaue Glaseinlagen. Sie trägt einen Siegelring mit ihrem Namen um den Daumen und höchst elegante spitze Schuhe, deren Rekonstruktion wir in der Vitrine ebenfalls bestaunen.

 

Sicher am ungewöhnlichsten ist BALTHILDE, die als Königinwitwe ins Kloster Chelles-sur-Marne ging und deren Grab immer bekannt, aber erst 1980mit heutigen Methoden untersucht wurde. Hier trägt sie einen weißen Überwurf überm Kleid, auf dem das aufgestickt ist, was sie als amtierende Königin als echten Königinnenornat trug: mehrteilige Colliers um den Hals, auf der Brust ein sehr großes Goldkreuz mit roten und grünen Steinen und weit herabhängend diese aufwendige medaillonsgeschmückte Brustkette. Bathilde kam aus angelsächsischer Oberschicht und trägt die Frisur, die einst naziverdächtig, heute als typisch deutsch-germanisch gilt: blonde Haarsträhnen mit gelbem Seidenband wie Zöpfe umwickelt zweifach um Stirn und Nacken gelegt. Übrigens: im Alter färbte sie die Haare rotblond!

 

Das Tollste allerdings ist dieser Ring, der hier vor einem liegt, wie aus dem Sexladen bestellt und doch aus dem Grab geholt. Das kennt man aus der römischen Bildsprache: ein kopulierendes Paar, hier aber mit christlichem Segen in Form des Kreuzes darüber, was die Annahme, es handele sich um ein Fruchtbarkeitssymbol, sehr wahrscheinlich sein läßt. Und die Prinzessin von Frankfurt, die als Doppelgrab unter dem Frankfurter Dom erst 1992 entdeckt wurde? Die bleibt in Frankfurt und bekommt einen eigenen Artikel, wo wir über sie und das 75 Jahr Jubiläum des Museums berichten, Den herrlichen Band über Griechen, Etrusker und Römer, der die Bestände der Sammlungen desMuseums als Geschichte der Kulturen spiegelt, nennen wir schon jetzt, denn er ist auf jeden Fall als Weihnachtsgeschenk zu empfehlen.

 

Ausstellung bis 24. Februar 2013

 

Kataloge:

Otto der Große und das Römische Reich. Kaisertum von der Antike zum Mittelalter, hrsg. von Matthias Puhle und Gabrielle Köster, Verlag Schnell+Steiner 2012

 

Königinnen der Merowinger. Adelsgräber und aus den Kirchen von Köln, Saint-Denis, Chelles und Frankfurt am Main, hrsg. von Egon Wamers und Patrick Périn, Verlag Schnell+Steiner 2012

 

Dagmar Stutzinger, Griechen, Etrusker und Römer. Eine Kulturgeschichte der antiken Welt im Spiegel der Sammlungen des Archäologischen Museums Frankfurt, Verlag Schnell+Steiner 2012

 

 

www.archaeologisches-museum.frankfurt.de