Nicht geflunkert. Am besten kann man das in London, in der National Gallery entdecken, wo unglaublich viele frühe Werke aus den damaligen deutschen Landen versammelt sind, die ihre Nachbarschaft, die frühen Italiener nicht scheuen müssen. Was dort auffällt, sind die überaus vielen Porträts. Das ist kein Wunder. Denn die aufstrebenden Kaufleute und Honoratioren, also die, die später die bürgerliche Schicht, die Oberschicht ausmachen, gerade diese lassen sich porträtieren von Malern, die sogar oft nach den Porträts oder sakralen Werken benannt wurden. Wir sind nämlich mit Rueland Frueauf - klingt, als ob er bei seiner Namenschreibung das Internet schon vorwegahnte - gerade in dem Jahrhundert, wo sich die Maler als eigenständige Künstler durchsetzen und ihre Werke signieren und nicht mehr anonym oder mit Kunstnamen gezeichnet wird. 

Im Zentrum dieser Ausstellung im Oberen Belvedere stehen die Werke des spätgotischen Malers Rueland Frueauf d. Ä. und seines Werkstattumfeldes. Anlass der Schau bilden die aufwendigen Restaurierungsarbeiten der Tafeln von Frueaufs Salzburger Altar, die im Belvedere durchgeführt wurden. Sie stellen das Herzstück der Ausstellung dar, die sich der selten in den Blick gerückten Künstlergeneration vor Albrecht Dürer widmet.

Rueland Frueauf der Ältere dürfte um 1440/50 geboren worden sein. Lebens- und Arbeitsmittelpunkt des Malers war anfangs Salzburg und ab den 1480er Jahren Passau, wo er vom dortigen Stadtmaler den Auftrag zur Bemalung des Rathauses übernahm. Rueland Frueauf d. Ä., der 1507 in Passau starb, zählt zu den bedeutendsten spätgotischen Malern des deutschsprachigen Raums.

Acht Altartafeln des Künstlers stehen im Mittelpunkt der Ausstellung. Die um 1490/91 vermutlich für die Kirche St. Peter in Salzburg entstandenen Darstellungen von Passions- und Marienszenen stellen den Ausgangspunkt für die zahlreichen mit dem Frueauf-Kreis im Zusammenhang stehenden Zuschreibungsfragen dar. Ein weiteres Hauptwerk von ihm ist das ebenfalls im Belvedere befindliche Portrait eines Mannes, der durch neue Archivfunde als der Passauer Maler Jobst Seyfrid identifiziert werden konnte. „Für diese Ausstellung konnten wir so viele Werke der Frueauf-Gruppe an einem Ort versammeln wie noch nie zuvor. Dadurch wird ein neuer Blick auf die überaus wertvollen Bilder möglich, die seit langem die kunsthistorische Forschung und das interessierte Museumspublikum beschäftigen“, so Björn Blauensteiner, Kurator der Ausstellung.

Neben dem Œuvre von Frueauf d. Ä. werden im Rahmen der Ausstellung auch ausgewählte Werke von Künstlern aus Frueaufs Umkreis präsentiert. Unter anderem sind einige Arbeiten des Meisters von Großgmain zu sehen, die sich durch eine besonders exquisite Maltechnik auszeichnen. Dank großzügiger Leihgaben der Kunstsammlungen des Stifts Klosterneuburg werden außerdem sämtliche Werke von Frueaufs Sohn Rueland Frueauf d. J. gezeigt, darunter auch die berühmte Leopoldlegende. Diese erstmalige Gegenüberstellung des Gesamtwerks des jüngeren Frueauf mit dem Schaffen seines Vaters ermöglicht einen eingehenden Vergleich der beiden Maler, der neue Denkanstöße für Fragen zum Frueauf-Kreis verspricht.

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Foto: 
Rueland Frueauf d. Ä., Porträt des Künstlers Jobst Seyfried, um 1495 © Belvedere, Wien

Info: 
Ausstellung vom 23. November 2017 bis 11. März 2018

Katalog, Abbildung