Erfährt man dann jedoch, daß mit dieser Neueröffnung der Schausammlung das Jubiläum von 150 Jahren Landesmuseum Württemberg begangen werden und sich dieses erst seit 1948 im Alten Schloß befindet, das 1944 zerstört, wiederaufgebaut wurde, liegt einem noch näher, die Geschichte der Sammlung weiterzugeben, die „Zur Anschauung des Publikums“ 1862 als „Sammlung vaterländischer Kunst- und Alterthums-Denkmale“ von König Wilhelm I von Württemberg genehmigt wurde. Darum hatte Ludwig von Golther, Staatsrat im Ministerium des Kirchen- und Schulwesens“ in einem Schreiben ersucht, was der König tags drauf schon positiv beantwortete.

 

Hintergrund waren die Abwanderungen von Kunst- und Kulturobjekten in die entstehenden Sammlungen nach Bayern und Baden, weshalb das Württembergische einen eigenen Sammlungsort erhalten sollte, wobei man ausgehend vom damaligen württembergischen Staatsgebiet, erforschen wollte, wie es in vergangenen Zeit hier zuging, wer hier siedelte und anhand welcher Gegenstände dies dokumentiert werden kann. Nach vorne hin war keine Grenze gesetzt, denn jeder neue 'jüngste' Fund weitete diese Zeit aus, nach hinten aber hat sich durch das Ende der Monarchie und die neue Staatsform als Demokratie und später Bundesland Baden-Württemberg eine Zäsur nach 1918 ergeben, da heute das benachbarte Haus der Geschichte diese Aufgabe für die Gegenwart fortsetzt.

 

Klein angefangen und mit einem Jahresetat von 6000 bis 8000 Gulden versehen, hat sich die Sammlung, die heute Landesmuseum Württemberg heißt und mit weiteren Sammlungen, auch den Beständen der ehemaligen Kunstkammer und Teilen des Krongutes vereinigt wurde, zu einer bedeutenden Institution entwickelt, die über rund 800 000 Objekte als zeitübergreifende Zeugnisse der Alltagskultur sowie Kunst und Kirche im Archiv versammelt, von denen über 1000 Gegenstände in der neuen Schausammlung zum 150 Jahre Jubiläum nun wieder gezeigt werden.

 

Und diese Neueröffnung war kein leichter Akt, sondern ist den Anstrengungen des Bauherrn – „Vermögen und Bau Baden-Württemberg Amt Stuttgart“ - mit einem Bauaufwand von insgesamt 4 Millionen Euro zu danken, die allein dem 2. Stock des Alten Schlosses gelten, für den im Juni 2009 die Genehmigung zum Umbau und der Sanierung erteilt wurde und über mehre Bauanträge und Genehmigungen der Beginn des Baus im Februar 2011 war, der termingerecht und im Finanzierungsrahmen im April 2012 fertiggestellt wurde. Weiß man, daß die Ausstellungsfläche auf diesem Stockwerk hier über 3000 Quadratmeter beträgt und daß die heutigen Vorgaben von Denkmalschutz, möglichst 'grünen' Baumaterialien und Barrierefreiheit berücksichtigt werden müssen, kann man sich diese Entkernung des Baus mit anschließendem Museumskonzept als schwierig und teuer vorstellen.

 

Allerdings auch als gelungen. Fortsetzung folgt.

 

Katalog zur neuen Dauerausstellung: LegendäreMeisterWerke. Kulturgeschichte(n) aus Württemberg, hrsg. Vom Landesmuseum Württemberg, Stuttgart 2012, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart, wobei dies eine limitierte Vorabausgabe zum Vorzugspreis ist, der im Juni 2012 die Originalausgabe folgt. In dieser Ausgabe werden dann die sieben Altarfalze mit den Panoramaabbildungen der neu konzipierten Ausstellungsräume enthalten sein. Schlägt man den gut 270 Seiten fassenden Begleitband auf, auf dessen Titel sich zehn der rund 1000 Ausstellungsexponate über die Jahrhunderte hinweg auf edlem Schwarz farbig zeigen, so fällt einem – ebenfalls auf Schwarz, wie fast alle fotografierten Objekte hinterfangen sind – die Württembergische Königskrone in die Augen. Schön sieht sie aus und im Kapitel: „Württemberg ist Königreich“ auf den Seiten 209-241 wird auch die Krone ausführlich gewürdigt.

 

Wirklich irritierend ist dann aber die nächste Seite, auf der ein Gegenstand abgebildet ist, der zur Sorte der Objekte gehört, wie sie seit dem Kultfilm von 1968 „2001: Odyssee im Weltall“ in ihrer Abstraktion und edlen Ästhetik von der tiefsten Vergangenheit bis in die fernste Zukunft zugehörig erscheinen. Keine Ahnung, was das ist. Beim Nachlesen entschlüsselt sich: „Goldgriff: Spatha aus Sindelfingen, Detail“ und auf den angegebenen Seiten 122 und 137 kann man nachlesen, daß solche doppelschneidigen Hiebschwerter, die es nur in der fränkisch-alamannischen Zeit ab dem 5. Jahrhundert n. Chr. gab, wohl nur der Repräsentation dienten und vor allem Grabbeigaben waren.

 

Machen Sie es mit diesem Kunst-Geschichts-Kulturband fürs Leben wie wir: Schlagen Sie ihn einfach auf und lassen Sie sich von den herrlich fotografierten Objekten motivieren, ihre Entstehung, ihre Funktion, ihre Verwandtschaften und historische Einordnung nachzulesen. Und dann, durchaus auch ein andermal, nehmen Sie sich diesen opulenten Band systematisch vor und fangen mit der Steinzeit an, dem die anderen sechs Stationen der Ausstellung adäquat folgen, wobei die drei Türme, in denen Macht, Glauben und Identitäten gesondert eine Rolle spielen, ebenfalls vorgestellt werden. Darüber hinaus werden Überlegungen zur Ausstellungsgestaltung, dem Einbezug von Kindern und Jugendlichen sowie die Restaurierungswerkstätten behandelt. Perfekt.

 

Audioguides gibt es auf Deutsch, Englisch – und auf Schwäbisch und sind im Eintrittspreis enthalten.

Das reichhaltige Programm von Führungen, Veranstaltungen etc. entnehmen Sie bitte der Webseite.

 

www.landesmuseum-stuttgart.de