Seine Auszeichnung, die er vor wenigen Stunden erhielt, kann er noch gar nicht recht fassen. Obwohl ihm der Löwe für seine aktuellen Arbeiten in der Schau „Viva Arte Viva“ verliehen wurde, meint er, das ehre ihn aber vor allem für sein gesamtes Lebenswerk.

So wie ihn, lud Christine Marcel, die Kuratorin der großen Hauptausstellung der Biennale, auch weitere ältere Kunst-Pioniere ein, welche die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts mitprägten. Zilia Sànchez ist mit 91 Jahren die älteste Künstlerin, die konstruktivistische und dennoch weiblich anmutende Objekte zeigt.

Maccel - auf dem Foto links außen -  ermunterte die Kunstschaffenden zur eigenen Präsentation ihrer Werke. Deshalb sind etliche von ihnen in den Hallen und Pavillons anwesend, machen Performances oder lassen sich bei der Arbeit zuschauen. Zu diesem Konzept gehört ebenfalls die Tavola Aperta, die offene Tafel, an der einzelne Künstler mit Besuchern über ihre Arbeit sprechen, so wie Walther am Samstag.

Erst als wir mittags zum Tavola kommen, erfahren wir von Walthers und Imhofs Goldlöwen. Ein wenig fällt von ihrem Glanz auch auf uns ab, als wir der Moderatorin erzählen, dass wir aus Ost-Hessen sind. Obwohl nur geladene Gäste am Tisch sitzen, rücken alle für uns ein wenig zusammen.

Bei Tintenfisch und Prosecco erinnert sich Walther an die „Kampfanfänge“ - wie schwer er es in den 1960er-Jahren mit seiner Kunst in Mitteleuropa hatte. Obwohl er die Wurzeln der Body Art (Körperkunst) mitentwickelte, wurde das Revolutionäre seiner kommunikativen Arbeiten überhaupt nicht wahrgenommen. „Ich bin dann für sieben Jahre nach New York gegangen“, sagt er, „da haben die Menschen begriffen, was ich wollte: Nicht mehr mit traditionellen künstlerischen Materialien und Techniken arbeiten, sondern mit dem Körper selbst. Sogar Marcel Duchamp hat mich damals angerufen und meine Arbeit gelobt, das war wirklich eine große Ehre für mich.“

Immer wieder fragen die Gäste am Tisch nach den künstlerischen Bezügen zwischen ihm und Anne Imhof. Die gäbe es schon, räumt Walther ein, aber Imhof mache performatives Theater (sie selbst nennt es Oper), während in seinen frühen Arbeiten die Menschen Akteure und Publikum zugleich gewesen seien.

Daran kann sich noch gut eine Frau am Tisch erinnern: „Ich habe ihre Aktionen vor vielen, vielen Jahren als Schülerin im Darmstädter Museum mitgemacht und weiß heute noch, das waren ganz tolle Erlebnisse.“

Später erzählt sie uns auf unsere Nachfrage: „Wir standen im Kreis in den Schlaufen einer Stoffbahn, verlagerten unser Gewicht nach hinten, so dass eine große Spannung entstand. Jede Veränderung von Einzelnen wurde für die ganze Gruppe spürbar.“

Wir sind von Walthers Bescheidenheit und seiner Freude sehr berührt, die Tavola war eine großartige Begegnung. Heute werden wir versuchen, Anne Imhof zu erwischen - aber die ist ja sehr pressescheu.


Fotos: Titel: Der Verfasser mit dem preisgekrönten Künstler (c) Hannah Wölfel
Am Tisch mit Preisträger Walther (c) hwk