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Kategorie: Lust und Leben
Florian Klampfer cBildschirmfoto 2020 06 29 um 00.34.48 Fotograf 6durch verbesserte Kommunikation

Barbara Weber

Bad Homburg  (Weltexpresso) - In der aktuellen Krisenzeit durch Corona werden viele Partnerschaften auf die Probe gestellt. Durch Ängste und Sorgen im Hinblick auf Gesundheit, drohende Arbeitslosigkeit, finanzielle Schwierigkeiten oder Überforderung mit Home Office und gleichzeitiger Kinderbetreuung kommen bereits existierende Probleme stärker ins Bewusstsein oder es entstehen neue. Das Wundermittel, das jetzt helfen kann, ist verbesserte Kommunikation.

„Wir können einfach nicht miteinander reden“, sagen viele Paare, die zur Beratung in die Praxis von Florian Klampfer kommen. Der systemische Coach hat jahrzehntelange Erfahrung in der Beratung und kann effektiv helfen. „Bei manchen war Kommunikation von Anfang an schwierig, nur vielleicht noch nicht so klar, da zu Beginn einer Beziehung Florian Klampfer c Tino Blazejewski Fotograf 2vieles noch gar nicht wahrgenommen wird. Dann kommen Kinder und der Fokus ist auf sie gerichtet. Spätestens jedoch, wenn sie älter werden und weniger Zeit und Energie in Anspruch nehmen, landen viele Paare mit ihrer Aufmerksamkeit wieder verstärkt bei sich und der Beziehung. Florian Klampfer (52) schildert ein typisches Szenarium: „Frauen fühlen sich häufig nicht verstanden und Männer oft überfordert. In dieser Phase verselbstständigen sich die Probleme und es entsteht ein Strudel, aus dem man oft allein nicht mehr herausfindet. Die Frau fordert immer mehr ein, der Mann zieht sich immer mehr zurück. Spätestens dann sinkt die Lust auf ein Gespräch miteinander nahezu auf null, da beide ja schon wissen, was am Ende dabei herauskommt.

Florian Klampfer ist Experte darin, in solchen verfahrenen Situationen Lösungen zu finden. „Es ist möglich, wieder freudvoll und ohne Anstrengung zu kommunizieren. Der Preis dafür ist jedoch, dass jeder seine Rechthaberei loslassen muss!“. Selbst die Vorstellung, ein Recht darauf zu haben, dass der Andere zuhört und Aufmerksamkeit schenkt, besteht nicht. Eine Liebesbeziehung ist kein Deal nach dem Motto: Ich gebe etwas in Form von Zuwendung, indem ich zum Beispiel das Geld heranschaffe oder mich um die Kinder kümmere, und im Gegenzug bekomme ich dafür etwas vom Partner. Eine Liebesbeziehung beruht darauf, dass ich freiwillig und aus Liebe heraus etwas teile.“

Konflikte entstehen oft daraus, wenn man den Partner nicht als eigenständiges Wesen mit eigenen Vorstellungen bezüglich dessen, was er oder sie braucht, wirklich ernst nimmt.

Florian Klampfer nennt ein Beispiel: „Nehmen wir einmal an, Sie möchten Zeit mit Ihrem Partner verbringen und haben schon eine Idee, was Sie gerne machen möchten. Sie erzählen ihm das, aber Ihr Partner ist nicht wirklich begeistert. Wie fühlen Sie sich jetzt? Möglicherweise sind Sie enttäuscht oder sogar ärgerlich. Sie haben sich doch Gedanken gemacht darüber, weil Sie etwas für die Beziehung tun möchten. Warum reagiert er jetzt so? Ganz einfach: Weil Sie aus der Vorstellung heraus, was Sie für wichtig empfinden, etwas vorgeschlagen haben, ohne sich die Frage zu stellen, was für Ihren Partner gerade wichtig ist. Jetzt werden Sie vielleicht sagen: Doch, ich frage ihn ganz oft, aber da kommt nichts. Kann es sein, dass er vielleicht manchmal etwas anderes möchte, sich aber nicht mehr wirklich traut, dies zu äußern, da er bereits die Erfahrung gemacht hat, dass es nicht das ist, was Sie hören möchten? Dass Sie vielleicht sogar gekränkt wären, wenn er zum Beispiel lieber an seinem Auto schrauben würde, als mit ihnen ins Theater zu gehen? Oder natürlich auch umgekehrt.“

Der wahrscheinlich heikelste Punkt des Rechthabens ist die Frage, wer für bestimmte Gefühle, die in der Partnerschaft vermeintlich durch den anderen ausgelöst werden, verantwortlich ist. „Wenn Du mir nicht zuhörst, verletzt Du mich“ oder „Weil Du wieder so viel von mir forderst, fühle ich mich überfordert“ oder „Du machst mich wütend“ - unsere Sprache suggeriert damit, dass der Andere für etwas verantwortlich ist, was ich jetzt fühlen muss.

Das ist allerdings ein großer Irrtum! Florian Klampfer illustriert das mit einem weiteren Beispiel: „Nehmen wir einmal an, Sie wollen Ihre Frau überraschen, Sie räumen die Wohnung auf und kochen für sie. Sie kommt nach Hause, alles ist bereit und Sie freuen sich auf das glückliche Gesicht ihrer Frau. Als sie reinkommt, stolpert sie über die Schuhe im Eingangsbereich, die Sie offensichtlich dort vergessen haben, und ruft verärgert, dass sie tausendmal gesagt habe, dass man seine Schuhe wegräumen solle. Wie würden Sie sich fühlen? Sie wären wahrscheinlich total sauer. Und Sie würden sogar denken, dass Sie das Recht darauf haben, wütend zu sein, denn die Partnerin hat gleich wieder gemeckert und nicht gesehen, was Sie alles Tolles gemacht haben. Und zu einem Teil haben Sie natürlich auch „Recht“ - aber eben nur zu einem Teil. Denn die Entscheidung, wie Sie auf diesen Spruch Ihrer Frau antworten, liegt bei Ihnen. Zum Stichwort Verantwortung: es lohnt sich, darüber nachzudenken, wie man auf etwas antwortet.“ Man könnte ja auch auf den Partner zugehen, ihm Verständnis signalisieren, dass er einen stressigen Tag hatte und ihn in den Arm nehmen. Das ist allerdings nicht einfach, wenn man verärgert ist. Wir machen oft den Partner für das verantwortlich, was durch ihn in uns selbst ausgelöst wird. Das haben wir meist schon als Kind gelernt durch Sprüche wie: „Wenn Du das nicht machst, wird Papa gleich ärgerlich“, oder „Mama ist schon ganz traurig, weil Du das und das nicht machst“.

Ein anderes Beispiel: Eine Frau ist immer wieder verletzt darüber, dass der Mann Ihr nicht zuhört. Dazu kann man sich einige Fragen stellen: Ist mein Mann verpflichtet, mir zuzuhören? „Muss ich denn dann verletzt sein oder könnte ich auch anders darauf reagieren? Kann es sein, dass ich mich selbst gerade nicht wirklich ernst nehme, mit dem, was ich sage? Es geht nicht darum, dem Partner einen „Freibrief“ zu geben nach dem Motto: „Egal was du machst oder sagst: Es ist meine Verantwortung, mit dem bei mir ausgelösten Gefühl umzugehen“. Nein, es geht nur darum, immer wieder einmal zu überprüfen, ob man sehr schnell in ein bestimmtes Gefühl rutscht, weil es einem einfach sehr vertraut ist. Ein Mann, der als Junge immer wieder Aufträge von Anderen erfüllen musste, zum Beispiel von den Eltern und Lehrern, und damals vielleicht oft damit überfordert war, wird dieses Gefühl auch als Erwachsener schnell wieder aktivierten. Da reicht es beispielsweise schon aus, wenn die Partnerin darum bittet, etwas Bestimmtes zu erledigen. „Oh nein“, spricht dann das altbekannte Gefühl der Überforderung „schon wieder muss ich hier zur Stelle sein!“ Oder für eine Frau, die als kleines Mädchen oft nicht ernst genommen wurde und sich dadurch immer wieder verletzt fühlte, ist dieses Gefühl einfach sehr aktiv, wenn wieder einmal Jemand ihr vermeintlich nicht zuhört oder sie nicht ernst nimmt.

Mit diesen Erkenntnissen kann man schnell zufriedener und glücklicher werden, wenn man sie spielerisch einübt. So kann man zum Beispiel einen Tag lang den Partner mit dem Blick betrachten: „Nichts ist heute selbstverständlich, was ich von Dir mitbekomme. Jedes Lächeln, jeder Handgriff, jedes nette Wort betrachte ich einmal so, als wenn Du mir damit ein Geschenk machst!“ Die Ausstrahlung von beiden ändert sich sofort zum Positiven.

Dann hilft es auch enorm, wenn man sich Folgendes klar macht: Mein Gefühl ist Teil meiner Welt. Bin ich immer mal wieder bereit, etwas von Deiner Welt zu erfahren? Fragen Sie Ihren Partner einfach aus ehrlichem Interesse – die Effekte sind für beide sehr erfreulich!

Wenn ihnen etwas wichtig ist, erklären Sie dem Partner, warum es Ihnen so wichtig ist. Das hilft ihm, es besser zu verstehen und lenkt den Fokus auf die eigentlichen Gründe.

Schaffen Sie sich Rituale! Das Lieblingsritual von Florian Klampfer ist „Reiner Tisch“. Dazu braucht man 20 Minuten Zeit und die Bereitschaft, sich wirklich zuzuhören und etwas von der Welt des Anderen zu erfahren. Dann gibt es drei Runden. In der ersten lässt man alles raus, was gerade an Ärger, Frust oder Traurigkeit da ist. Man spricht aus der Ich-Perspektive, zum Beispiel „Mich hat geärgert, dass Du...“ „Ich war verletzt, weil Du...“. Der Andere hört nur zu, steigt nicht ein, argumentiert nicht, versucht nicht etwas zu erklären, sondern lediglich zu verstehen, worum es dem Partner geht. In der zweiten Runde werden nur Wünsche ausgesprochen. Die muss der Andere weder erfüllen noch darauf eingehen - aber er sollte vollkommen ernst nehmen, was er hört. In der dritten Runde gibt es ausschließlich Komplimente – ohne jede Einschränkung.

Probieren Sie es einfach mal aus – das Ergebnis wird Sie überzeugen! Regelmäßig angewendet führt es dauerhaft zu einer besseren Kommunikation und mehr Verständnis in der Partnerschaft. Gerade in Krisenzeiten, wenn man dazu tendiert, mehr auf die eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu schauen, hilft dieser Perspektivwechsel enorm und kann die Partnerschaft auf ein neues Level heben, von dem sie dauerhaft profitiert.

Fotos:
© Tino_Blazejewski