Drucken
Kategorie: Lust und Leben
Bildschirmfoto 2021 02 20 um 01.06.52Aus dem Kundenservice der WELT zu Corona vom Vortag, 7. 1

WELT Corona-Update

Hamburg (Weltexpresso) - In Berlin ist man sich zum Ende der Woche vor allem darin einig, was man nicht möchte: einen „Jojo-Effekt" bei den Öffnungen riskieren, nannte es Regierungssprecher Steffen Seibert. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sprach davon, das „Erreichte nicht zu verspielen“ und der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, warnte vor dem Ausbruch einer möglichen dritten Welle, befeuert durch die Corona-Mutationen. Das klingt nach einem Weiter so im Lockdown.

Auf Länderebene sieht man dies mitunter anders. In Nordrhein-Westfalen sind ab Montag wieder mehr Freizeitaktivitäten erlaubt. Auf Sportanlagen im Freien darf beispielsweise wieder trainiert werden, wenn dort nur zwei Haushalte zusammenkommen oder der Abstand gewährleistet ist. Bau- und Gartenmärkte können – passend zum erwarteten Frühlingswetter – wieder Gemüsepflanzen und Saatgut verkaufen.

Für Bayern stellte CSU-Chef Markus Söder nach einer Schalte mit der Kanzlerin und den bayerischen Landräten weitere Lockerungen in Aussicht, vermutlich aber erst ab März. Dann entscheide sich auch, welche Regelungen für die Osterfeiertage gelten, so Söder. Welche Öffnungsstrategie Angela Merkel bei dem digitalen Treffen andeutete, das erfahren Sie auf welt.de.

Das RKI registrierte bundesweit am Freitag 9113 Corona-Neuinfektionen und 508 Todesfälle innerhalb von 24 Stunden.

Bildschirmfoto 2021 02 20 um 01.03.34


Die 7-Tage-Inzidenz lag am Freitag bei 56,8. Schon in den Tagen zuvor gab es keinen deutlichen Rückgang der Inzidenz mehr. In Thüringen ist das Infektionsgeschehen weiterhin stärker als in den anderen Bundesländern.




Bildschirmfoto 2021 02 20 um 01.03.50DAS GESPRÄCH DER WOCHE


Christine Beyer (im Foto) arbeitet beim „Traumdomizil Usedom" und vermietet rund 250 Ferienhäuser und Appartements auf der Insel. Im Interview mit WELT erzählt sie, warum eine Absage des Osterurlaubs verfrüht wäre.

WELT: Frau Beyer, wie hart würde es Sie in der Branche treffen, wenn an Ostern kein freies Reisen und keine Vermietung möglich wäre?

Beyer: Das wäre sehr schade, gerade auch wirtschaftlich gesehen. Der Zeitraum um Ostern ist der Abschluss der Nebensaison, wo der Tourismus eigentlich wieder losgehen müsste. Zu uns nach Usedom kommen die Menschen zur Erholung, weil sie an den Strand und ans Meer wollen. Gerade jetzt, wo die Menschen nach so langer Zeit raus wollen, wäre ein Osterurlaub umso wichtiger.


WELT: Nun hat der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) dem Osterurlaub bereits eine klare Absage erteilt. Wie haben Sie diese Äußerung aufgefasst?

Beyer: Die Politik schaut sehr kurzfristig auf die Entwicklung der Zahlen. Ohne Perspektive und Strategie solch eine Aussage zu treffen, ist für mich nicht nachvollziehbar. So etwas schürt Unsicherheit. Jede politische Aussage führt zu einer Reaktion bei den Gästen. Wir merken das als Vermittler darin, dass die Gäste am nächsten Tag anrufen oder eine Email schreiben. Sie sind unsicherer geworden und buchen nicht mehr um, sondern stornieren gleich. Das ist für alle wenig förderlich. In der Branche ist es außerdem schon schwierig genug, jetzt Fachpersonal zu finden, weil die Bewerber in dieser Lage natürlich zögern. Niemand weiß, wie es im Tourismus weitergeht, ob neues Personal eingestellt werden kann oder man die Mitarbeiter aus der Kurzarbeit holt. Dieses Zögern in der gesamten Branche macht es momentan sehr schwierig, anständig und auch wirtschaftlich zu planen.


WELT: Ein Perspektivplan für das Urlaubsgewerbe und die Gastronomie ist bisher ausgeblieben. Verärgert Sie das?

Beyer: Ja. Der Tourismus ist eine große Branche, von der viele Existenzen abhängen. Die Eigentümer der Ferienwohnungen sind als private Vermieter von den Wirtschaftshilfen meist ausgeschlossen, aber ihre Kosten laufen weiter. Neben den Vermittlern wie uns oder Hotels gibt es außerdem noch viele andere im Hintergrund: die Partner, die Dienstleister, die Zulieferer. Dort sind wirklich Existenzen bedroht. Von einigen Partnern – also den Eigentümern, Reinigungsfirmen oder dem Wäscheservice – hören wir, dass sie nicht mehr lange durchhalten. Wenn diese Partner wegbrechen, dann können auch wir den Urlaub nicht mehr so anbieten wie jetzt. Das wäre gar nicht gut.


WELT: Welche Perspektive brauchen Sie?

Beyer: Wir benötigen eine Strategie für die wirtschaftliche Wiederbelebung. Dafür muss geklärt werden, unter welchen Hygienemaßnahmen und mit welcher Planung wir öffnen können – und zwar schnell. Es liegen genug Ideen für Hygienekonzepte vor und wir müssen wissen, was wir machen können. Es wäre gut, wenn wir uns darauf konzentrieren würden, den Tourismus in Deutschland wieder zu öffnen, um den deutschen Gästen eine Perspektive zu geben. Sonst öffnet am Ende das Ausland schneller und die Reisen gehen ins Ausland. Die Monate, die wir bereits geschlossen waren, haben Kosten verursacht und die müssen wieder reinkommen.


WELT: Seit November gilt ein touristisches Beherbergungsverbot. Sollten Ferienhäuser Ihrer Meinung nach gesondert behandelt werden?

Beyer: Das wäre ein Punkt, über den wir nachdenken sollten. Es ist schwierig, Hotels, Gastronomie und Ferienhäuser komplett gleichzusetzen – weil es nicht das Gleiche ist, auch wenn am Ende alles die Tourismusbranche trifft. Ferienwohnungen sind zum Beispiel autark, ermöglichen eine Selbstversorgung. Dort gibt es auch weniger Durchmischung, weil eine Familie oder ein Pärchen zum Beispiel unter sich bleibt. Auch kommt dort nicht jeden Tag das Reinigungspersonal in die Unterkunft und das Frühstück in einem großen Saal fällt weg.


WELT: Usedom wird immer wieder abgeriegelt, weil zu viele Touristen kommen. Sollte zwischen Tagestouristen und anderen Urlaubern differenziert werden?

Beyer: Das ist schwer zu sagen, denn unsere Insel lebt auch vom Tagestourismus. Aber natürlich macht es von der Anzahl der Menschen einen Unterschied. Hygienemaßnahmen und auch die Nachverfolgung sind besser einzuhalten, wenn kein wechselnder Tagestourismus stattfindet. Wenn Gäste ein Hotel oder eine Ferienwohnung gemietet haben, sind ihre Kontaktdaten vorhanden. Das hat man beim Tagestourismus leider nicht.

FORTSETZUNG FOLGT

Fotos:
© Welt, Details im Text