Der "Schmetterlings-Effekt" oder ... 
... wer fischt das Haar aus der Suppe?

Klaus Jürgen Schmidt

Norddeutschland (Weltexpresso) - Worüber sollte man am letzten Tag des Jahres reden? Über etwas, das am ersten Tag des neuen Jahres schon wieder ein alter Hut sein wird? Weil ... dazwischen liegt eine dunkle Nacht!

Aber wie der Engländer als Neujahrswunsch formuliert: "Nights will be dark but days will be light, wishing your life to be always bright!" - In etwa: "Nachts wird es dunkel, aber tagsüber wird's hell. Ich wünsch Dir, Dein Leben sei immer nur grell!" ... Nein, nein, der Engländer meint dieses "bright" eher meteorologisch, also "heiter".

Um beim Wetter zu bleiben: Im Neuen Jahr wird es 50 Jahre her sein, dass ein gewisser Edward N. Lorenz während der Jahrestagung der American Association for the Advancement of Science die Frage stellte: "Does the flap of a butterfly's wings in Brazil set off a tornado in Texas?" Auf Deutsch: "Kann der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen?"
Die Antwort fand ich beim WDR in der "Sendung mit der Maus", dort im Juni 2020 für Kinder erklärt von Joachim Hecker, der ein Lineal über die Tischkante schob, das dann bei der leisesten Berührung klappernd zu Boden fiel. Wir alle kennen natürlich den sogenannten Schmetterlingseffekt. Diese Theorie ist Teil der Chaostheorie, einem Gesetz nach James Yorke, das uns an etwas Wesentliches erinnert: Die Welt folgt keinem vorhersehbaren Muster; ob wir wollen oder nicht, gibt es in unserem Leben auch Chaos, diesen Raum des Zufalls, in dem es unmöglich ist, die Wirkung bestimmter Ereignisse vorherzusagen.

Die Wirkung eines Ereignisses hatte in der "Sendung mit der Maus" Joachim Hecker noch am Beispiel seines Hustens erläutert, dessen Effekt vielleicht über viele Windungen in Mexico ein Fahrrad umfallen lassen könnte. Dabei hatte er nebenbei eingefügt, seine Tochter würde ihn bloß wegen der Art rügen, wie er gehustet habe.

"In die Armbeuge husten" - das hatte Heckers Tochter schon gelernt. Und weshalb in die Armbeuge?
Es war nicht der Flügelschlag eines Schmetterlings gewesen, der ein schon im Juni 2020 erkennbares weltweites Chaos ausgelöst hatte, es war so winzig und unfühlbar, dass wir Menschen uns davon überhaupt kein Bild machen konnten. Als das Chaos schließlich einen Nachrichten-Wert bekam, erfanden Fernseh-Grafiker bunte Kugeln mit vielen Fühlern drumherum.

An den Flügelschlag eines bunten Schmetterlings dachte niemand mehr. Und deshalb wohl auch nicht an das, was James Yorke selbst in einem einfachen Satz zur Bedeutung seiner Theorie zusammengefasst hatte: “Wir müssen jederzeit bereit sein, die Pläne zu ändern.”

Wir sind ja im Winter, und mancher mag sich jetzt an den Schneeballeffekt erinnern, bei dem kleinste Ereignisse sich über eine Kettenreaktion bis zur Katastrophe selbst verstärken.
Beim Schmetterlingseffekt geht es jedoch um die Unvorhersehbarkeit der langfristigen Auswirkungen, und bei dem winzigen Virus zusätzlich um dessen Fähigkeit, seine Wirkungsweise ständig zu verändern.

Bisher scheint noch niemand wirklich bemerkt zu haben, dass sich diese tödliche Gefahr ausschließlich gegen den homo sapiens richtet, der glaubte, sich die Erde untertan machen zu können.

Worauf warten wir?
Dass im Neuen Jahr jemand das Haar aus der Suppe fischt, die wir uns selber eingebrockt haben?


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