Heinrich Heine darf nicht fehlen

Heinrich Heine

Hamburg (Weltexpresso) - Das nun wiederum hätte Kurt Tucholsky gefreut, daß wir die ihm zugeschriebene Fähigkeit, das Menschliche in allen Facetten wiederzugeben, nach kurzem Nachdenken erst recht HH zusteht, der ihm das großes Vorbild war und fast so viele Vornamen hatte, wie Tucholsky Pseudonyme: Christian Johann Heinrich, genannt Harry Heine (1797-1856). Wenn das seine Feinde, die ihn zum Außenseiter machten, gewußt hätten: heute ist Heine der meist übersetzte Dichter deutscher Sprache. Gut so. Die Redaktion

 

Altes Kaminstück

 

Draußen ziehen weiße Flocken
Durch die Nacht, der Sturm ist laut;
Hier im Stübchen ist es trocken,
Warm und einsam, stillvertraut.

Sinnend sitz ich auf dem Sessel,
An dem knisternden Kamin,
Kochend summt der Wasserkessel
Längst verklungne Melodien.

Und ein Kätzchen sitzt daneben,
Wärmt die Pfötchen an der Glut;
Und die Flammen schweben, weben,
Wundersam wird mir zu Mut.

Dämmernd kommt heraufgestiegen
Manche längst vergeßne Zeit,
Wie mit bunten Maskenzügen
Und verblichner Herrlichkeit.

Schöne Fraun, mit kluger Miene,
Winken süßgeheimnisvoll,
Und dazwischen Harlekine
Springen, lachen, lustigtoll.

Ferne grüßen Marmorgötter,
Traumhaft neben ihnen stehn
Märchenblumen, deren Blätter
In dem Mondenlichte wehn.

Wackelnd kommt herbeigeschwommen
Manches alte Zauberschloß;
Hintendrein geritten kommen
Blanke Ritter, Knappentroß.

Und das alles zieht vorüber,
Schattenhastig übereilt.
Ach! da kocht der Kessel über,
Und das nasse Kätzchen heult.

 

Foto: Mit Vergnügen nehmen wir den Ausschnitt aus dem Halbkörperporträt Heines, das Moritz Daniel Oppenheim gemalt hat. c) wikipedia.de

 

Info:

Zu Moritz Daniel Oppenheim: Dieser bedeutende Künstler war im 19. Jahrhhundert der deutsche Künstler mit den größten Auflagen an Druckgraphik. Das vor allem, weil er den jüdischen Festtagskalender jährlich herstellte. Der in Hanau im Jahr 1800 geborene Künstler starb 1882 in Frankfurt und hat viele der uns heute bekannten Porträts von jüdischen Künstlern gemalt. Auch das hinreißende Bild von Ludwig Börne stammt von ihm. Einen guten Überblick bietet:

Ruth Dröse, Frank Eisermann, Monica Kingreen, Anton Merk: Der Zyklus „Bilder aus dem altjüdischen Familienleben“ und sein Maler Moritz Daniel Oppenheim. CoCon-Verlag, Hanau 1996, ISBN 3-928100-36-X.